You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
war diese Trennung an eine Bedingung gebunden: Er musste ein weiteres Album abliefern ( Invincible ), eine Greatest-Hits-Compilation (später unter dem Titel Michael Jackson Number Ones veröffentlicht) und ein Box-Set. Michael sträubte sich gegen die Auflagen, doch wenn er frei sein wollte, sah er sich gezwungen, das Material abzuliefern. Allerdings nahm er auch die 50 Prozent der Verlagsrechte von Sony/ATV Music Publishing mit. Es war ein Schachzug, den sich Sony in den Neunzigern nicht hätte träumen lassen.
Für Sony ergab das eine vollkommen neue und ungewöhnliche Situation: Michael war nun ein Partner bzw. Künstler, der sich in der Position befand, das Label ohne Verpflichtungen (bis auf die Alben) zu verlassen, aber sein Einfluss und seine Rechte erstreckten sich auf alle Belange rund um Sony/ATV (also Rechte, Lizenzen, Profite). Michaels Vertrauen in seine Strategie zeigte sich bei einem Auftritt in einem Londoner Club, wo er sich über die Tatsache beklagte, dass Plattenfirmen ihre Künstler ausbeuteten. Er erzählte den Fans das Gleiche, was er auch der Familie verraten hatte: „Ich habe für Sony einige Milliarden Dollar generiert … einige Milliarden … Und sie dachten sich wohl, dass ich nur ans Singen und Tanzen denke, was auch meist zutrifft, doch sie hatten nicht damit gerechnet, dass ein Künstler sie … intellektuell übertrumpfen kann. Ich verlasse die Firma als freier Künstler, aber trotzdem gehört mir die Hälfte … und sie sind verdammt sauer darüber.“ In einem Nachsatz konnte sich Michael eine Stichelei gegen Hollywood nicht verkneifen: „Ich habe ein gutes Geschäft gemacht, nicht wahr.“
Michael wollte beweisen, dass die Macht beim Künstler liegt, der sich seiner Fans sicher sein kann, und nicht beim Label mit den ach so schlauen Rechtsanwälten. Er verriet mir: „Von dem Moment an wollten sie meinen Untergang, um den ganzen Katalog kontrollieren zu können.“
Invincible wurde im Oktober 2001 auf den Markt gebracht. Michael hatte das Gefühl, dass die Mächtigen bei Sony sich nur so weit für das Album einsetzten, wie sie vertraglich dazu verpflichtet waren. Bei Budgets für Videos zeigten sie sich eher zurückhaltend. Darüber hinaus koppelten sie nicht die stärksten Songs der Platte aus wie zum Beispiel „Speechless“ und Michaels Lieblingsstück „Unbreakable“ – ein Titel über seinen freien Geist und seine Kampfesstimmung: „It’s saying nothing and no one will stop me“, scheint er auszurufen.
So kam es erneut zu Konfrontationen, da mein Bruder das Gefühl hatte, sie brächten die schwächsten Titel des Albums auf den Markt. Mich überraschte das überhaupt nicht, denn in der Musikindustrie gilt das Motto: „Warum den Frosch füttern, den man sowieso der Schlange zum Fraß vorwirft?“ Dieser Spruch wird meist hämisch geäußert, wenn der Plattenvertrag eines Künstlers kurz vor dem Auslaufen steht oder wenn er die Firma verlassen will. Kein Label der Welt wird die geballte Promotion-Power einem ungeliebten Musiker zur Verfügung stellen, um ihn auf dem Markt noch größer zu machen.
Michael erlebte dieses unerbittliche Verhalten bei Sony. Sogar Fans sprachen ihn an, weil das Album in bestimmten Läden einfach nicht vorrätig war. Er erhielt einen Telefonanruf von einer Vertrauensperson, die ihm die missliche Lage schilderte. Michael konnte sich des Gefühls nicht mehr erwehren, dass die ganze Vorgehensweise nur dazu diente, ihn finanziell in die Ecke zu drängen: Waren seine Platten nicht erfolgreich, erhielt er weniger Lizenzen. Und je weniger er verdiente, desto abhängiger wurde er von den Einkünften aus den Verwertungsrechten des Verlags Sony/ATV, den er schon mit einer Summe von 200 Millionen Dollar gestützt hatte – für die Sony bürgte! Ja, und je mehr Schulden mein Bruder schultern musste, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass er gezwungen war, die Anteile an dem Katalog zu verkaufen. Michael empfand das zumindest so. Doch zusätzlich fühlte er sich unter Druck gesetzt, da ihn jemand schon vor dem Jahr 2003 geraten hatte, den fünfzigprozentigen Anteil zu verkaufen, um seine finanziellen Probleme zu lösen. Doch für mich ergab die Rechnung keinen Sinn: Michael hatte 200 Millionen Dollar bei einem Katalogwert von 500 Millionen Dollar aufgenommen. Er war also insgesamt 300 Millionen im Plus. Darüber hinaus konnte er zu Beginn des Jahrtausends immer noch 80–100 Millionen Dollar pro Tour erwirtschaften. Diese mathematische
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