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You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

Titel: You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jermaine Jackson
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musste sich zehnmal mehr anstrengen, um alles richtig hinzubekommen, aber von uns war trotzdem niemand der Ansicht, dass er uns bei den Auftritten behinderte. Und dennoch, Joseph benutzte Marlon immer wieder als Sündenbock, um Extra-Proben anzusetzen oder uns noch länger im Haus zu halten. Die wahren Gründe dafür waren ganz andere, aber das dämmerte uns erst viel später.
    Als es Marlon einmal wieder nicht gelang, sich einen Tanzschritt richtig einzuprägen, riss Joseph der Geduldsfaden. Er befahl Marlon, rauszugehen und eine „Rute“, einen dünnen Ast, vom Baum draußen abzuschneiden. Wir sahen zu, wie Marlon den Stecken aussuchte, mit dem ihn Joseph, wie wir wussten, verprügeln würde – ausgerechnet von jenem Baum, der ihm zufolge unsere Familie und unsere Einheit symbolisieren sollte. „Wenn du etwas vergisst“, brüllte Joseph, „dann hängt Sieg oder Niederlage davon ab!“ Damit zog er Marlon die Rute hinten über die Oberschenkel. Michael rannte weinend davon; er konnte das nicht mit ansehen.
    Der Gedanke an die Rute ließ uns alle mit noch mehr Konzentration an die Proben herangehen, aber trotzdem patzte Marlon doch immer wieder einmal. „Junge! Geh raus und hol eine Rute!“ Marlon versuchte nun schlau zu sein, er ließ sich Zeit, um den dünnsten, schwächsten Zweig zu finden, damit es nicht so wehtat. „Nein! Du gehst wieder raus und holst einen dickeren!“, befahl Joseph. Bald lernte Marlon, lauter zu schreien, als die Schläge es eigentlich rechtfertigten, denn so war die Strafaktion schneller vorbei.
    Marlon bekam allerdings nicht mit, dass Joseph ernsthaft darüber nachdachte, aus den Jackson 5 die Jackson 4 zu machen.
    „Er schafft es nicht, er tanzt verkehrt und singt falsch, und er ruiniert unsere Chancen!“, versuchte er Mutter zu erklären. Aber sie wollte um keinen Preis zulassen, dass Marlon aus der Gruppe geworfen wurde und sein Leben lang unter dieser Demütigung litt. Sie wusste ihre Sache gut zu vertreten, und Marlon blieb Teil der Band.
    Eins muss ohnehin über Marlon gesagt werden: Er ist der Hartnäckigste von uns allen. Er kannte seine Grenzen, und trotzdem versuchte er immer wieder, sie zu überwinden. Wenn wir eine Pause machten, arbeitete er weiter. Er nutzte sogar den Schulweg zum Üben. Wir Brüder gingen gemeinsam zur Schule, und immer wieder löste sich Marlon von uns, tanzte auf dem Bürgersteig, ging seine Schritte durch, steppte zur Seite.
    Wenn wir schlafen gingen, hörten wir Michael, wie er Marlon immer wieder beruhigte: „Du machst das prima, du schaffst das schon, mach einfach nur weiter.“ In der Schule nutzte Michael die Pausen, um Marlon beizubringen, wie man sich auf der Stelle drehte oder bestimmte Bewegungen machte. Weil wir alle die Filme von Bruce Lee großartig fanden, hatte jeder von uns seinen eigenen Nunchaku, diese zwei mit einer Kette verbundenen Stöcke, die in einigen asiatischen Kampfsportarten verwendet werden. Michael nahm sie mit zur Schule (damals brachten Kinder noch keine Waffen mit zur Schule, um sich gegenseitig zu bedrohen, und daher war so etwas damals noch nicht verboten), und er und Marlon nutzten die Nunchaku-Techniken, um besonders geschmeidige, fließende, elegante Bewegungen zu trainieren. Ich denke, dass Marlon gerade deswegen später ein so herausragender Tänzer wurde, weil er so viel außer der Reihe übte. Für Michael war es allerdings besonders hart, dass es seine eigenen Fähigkeiten waren, die Joseph als Maßstab für das Können seines Bruders anlegte. Und vor allem hasste er es, dass dieser gnadenlose Blick unseres Zuchtmeisters stets Zweifel säte: „War das gut genug? War es das, was er wollte? Habe ich einen Fehler gemacht?“ Hier lag die Wurzel für die heftigen Selbstzweifel, die jeden von uns später quälten und uns dazu brachten, immer wieder genau zu hinterfragen, ob unser Bestes wirklich unser Bestes gewesen ist.
    Vielleicht war es die Verbitterung über diese Härte, die Michael schließlich rebellieren ließ. Wenn Joseph ihm bei den Proben sagte, er solle einen bestimmten Schritt machen oder eine neue Bewegung ausprobieren, dann weigerte sich mein Bruder, der inzwischen ohnehin einen Improvisationsstil entwickelt hatte und ohne Anleitung zurechtkam. Mit neun Jahren hatte er sich von einem gehorsamen Kind, das bereitwillig alles tat, was man ihm auftrug, zu einem störrischen Jungen mit erstaunlichem Selbstbewusstsein entwickelt. „Jetzt mach schon, Michael“, sagte Joseph mit hartem Blick,

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