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You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

Titel: You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jermaine Jackson
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habe gesehen, was wirklich geschah, und das passt nicht zu der Darstellung meines Vaters als Monster.
    Die Leute zitieren mir gegenüber gern Michaels Fernsehinterview mit Oprah Winfrey von 1993 oder die Dokumentation des Journalisten Martin Bashir von 2003. Sie haben gehört, dass Michael übel wurde oder er in Ohnmacht fiel, wenn er an Joseph dachte, dass Joseph mich fertigmachte und Michael regelrecht prügelte oder schlug, dass unser Vater grausam war oder gemein und dass es Michael zufolge „schlimm war … richtig schlimm“. Das alles stimmt. Man kann nicht leugnen, dass Michael höllische Angst vor unserem Vater hatte und dass diese Angst irgendwann in Abneigung umschlug. Es war 1984, glaube ich, als er mich eines Tages einmal ansah und mich fragte: „Würdest du weinen, wenn Joseph tot wäre?“
    „Ja“, antwortete ich, und es schien ihn zu überraschen, wie sicher ich mir war.
    „Ich weiß nicht, ob ich es täte“, sagte er.
    Michael war der sensibelste von uns Brüdern, der zerbrechlichste, und ihm war Josephs Art am meisten fremd. Seinem jungen Verstand erschien Josephs Vorgehensweise nicht als streng, sondern als lieblos. Das verstärkte sich noch, als er nach dem Umzug nach Kalifornien seinen neuen Freunden (jungen wie alten) erzählte, was Joseph getan hatte, und die allesamt schockiert und entsetzt reagierten. „Das ist Kindesmisshandlung, Michael“, sagten sie. „Das darf er nicht mit dir machen. Du kannst ihn deswegen bei der Polizei anzeigen!“ Falls Michael es vorher nicht sowieso schon genauso gesehen hatte, dann tat er es spätestens ab jetzt. Joseph hatte ein enormes Problem damit, seinen Jähzorn in Schach zu halten, und niemand von uns würde seine Kinder heute noch auf diese Weise bestrafen. Aber wenn er uns wirklich misshandelt hätte, dann würde heute niemand von uns mehr mit ihm sprechen. Michael hatte über lange Jahre den Kontakt abgebrochen, aber das änderte sich während der Proben für das „This Is It“-Konzert 2009. Er hatte Joseph verziehen und hielt nicht mehr daran fest, dass wir von Joseph „misshandelt“ worden seien.
    2001 hielt Michael vor Studenten der Universität Oxford eine Rede über Eltern und Kinder. Die Worte, die er damals fand, haben bis heute ihre Gültigkeit: „Heute betrachte ich die Härte meines Vaters als Liebe, eine unperfekte Liebe zwar, aber eben trotzdem Liebe. Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, mich gesegnet zu fühlen. An die Stelle des Zorns ist bei mir nun Vergebung getreten … Versöhnung … und Vergebung. Vor fast zehn Jahren habe ich eine Stiftung namens Heal The World gegründet. Um die Welt zu heilen, müssen wir uns zuerst selbst heilen. Und um Kinder zu heilen, müssen wir zunächst das innere Kind in uns allen heilen. Deswegen möchte ich meinem Vater vergeben und aufhören, ihn zu verurteilen. Ich möchte frei sein, um für den Rest meines Lebens eine neue Beziehung zu meinem Vater aufzubauen, die nicht von den Kreaturen der Vergangenheit beherrscht wird …“
    Auch wenn Michael später oft erzählte, wie viel Angst er vor Joseph gehabt habe – er trieb die Dinge gern auf die Spitze. Zwischen seinem sechsten und zehnten Lebensjahr trieb ihn sein Verlangen nach Süßigkeiten zu Taten, die in seiner Welt dem Versuch gleichkamen, in die Höhle des großen bösen schlafenden Bären zu schleichen. Jeden Morgen vor der Schule, wenn Joseph nach einer Wechselschicht noch schlief, schickten wir Michael ins Schlafzimmer, damit er in den Taschen von Josephs Hosen, die auf dem Boden lagen, nach Münzen angelte.
    Jackie, Tito, Marlon und ich standen dicht an die Wand gedrückt da, ermahnten uns gegenseitig zum Stillsein und versuchten nicht zu lachen, wenn Michael langsam über den Boden durch die leicht geöffnete Tür in die Dunkelheit kroch. Ich hielt Wache und achtete darauf, ob sich der große Berg unter den Laken rührte. Und schnell war Michael wieder draußen, hielt triumphierend etwas Kleingeld hoch, und dann rannten wir aus dem Haus und kreischten vor Vergnügen, weil uns wieder einmal ein guter Coup geglückt war. Manchmal brachten unsere Raubzüge nur eine enttäuschende Sammlung von Cents zutage, aber manchmal war auch ein bisschen mehr zu holen, und es waren ein paar Vierteldollar dabei.
    Während unserer Kindheit hielten wir uns für die mutigsten Kinder überhaupt, bis Mutter uns später einmal verriet, dass sie und Joseph im Bett lagen, sich mit offenen Augen ansahen, die Augenbrauen hoben und lächelten, wenn sie

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