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You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

Titel: You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jermaine Jackson
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stellte in ihrem Wohnzimmer Staffeleien mit Leinwand auf und kaufte uns Farben, was bei fünf Jungen und einer pieksauberen, weißen Wohnung vielleicht nicht die allerschlaueste Idee war. Farben bedeuteten Spaß, und Spaß hieß, auszuflippen. Als sie einmal nicht zu Hause war, dauerte es nicht lange, und wir bespritzten uns mit unseren Pinseln. Nach ein paar Minuten wilden Tobens hielten wir inne und entdeckten, dass der ganze Teppich mit vielfarbigen Klecksen bedeckt war. Michael war entsetzt. „Sie wird uns umbringen! Was sollen wir nur tun!“ In Gary hätten wir für eine solche Sauerei den Gürtel oder die Rute zu spüren bekommen.
    Glücklicherweise war Diana wesentlich verständnisvoller. Wir hatten uns danebenbenommen und mussten alles wieder saubermachen, aber anschließend wurde die Sache nie wieder erwähnt.
    Diana gab ihre Begeisterung für Malerei an Michael weiter. Er besaß nicht nur eine außergewöhnliche Stimme, sagte sie, sondern auch das richtige Auge. Wir Brüder hatten früher natürlich immer zugeguckt, wenn Joseph zu Hause in Gary die Wände strich. Schon damals hätte Michael nur zu gern einen Pinsel in die Hand genommen, aber Joseph bot ihm das nie an, und er hatte zu viel Angst, um zu fragen. Mit Diana malte er Stillleben und Vögel. Manchmal bekamen wir ihn tagelang nicht zu Gesicht, weil er so mit seinem „Kunstunterricht“ beschäftigt war oder Bücher über Michelangelo, Picasso oder Degas las. Ich glaube, er lernte in Dianas Gesellschaft sehr viel. Sie verstand es, ihn aus seinem Schneckenhaus herauszulocken, denn er war der Schüchternste von uns, der aber als unser Frontmann das größte Ego brauchte.
    Die Künstler von heute könnten von Diana in puncto Klugheit, Stil und Klasse eine Menge lernen. Viele moderne Sänger kommen aus dem Nichts und gehen auf die Bühne, ohne je etwas über Haltung und Benehmen gelernt zu haben. Motown bereitete seine Künstler darauf vor, wie man sich als Star geben musste; die Musiker lernten, wie man sich im Rampenlicht verhielt. Größen wie Diana Ross And The Supremes oder The Temptations waren nicht mit dem silbernen Löffel im Mund geboren worden, aber wenn man sie im Fernsehen erlebte, hätte man sie für Könige oder Königinnen halten können. Sie machten nicht durch grelle Schlagzeilen von sich reden – es ging um Klasse, Eleganz und Haltung, und Diana verkörperte den wahren Superstar geradezu perfekt.
    Für Michael war sie die ideale Mentorin, weil er sie vom ersten Augenblick an vergötterte. Das sah man schon allein daran, wie er zu ihr aufblickte und dass er stets ihre Nähe suchte – aber bei ihr war es umgekehrt genauso. Wir mochten sie alle sehr, doch zwischen ihr und Michael bestand eine einzigartige Verbindung. Für ihn war sie Schwester, beste Freundin und Mentorin in einer Person, und sie verstanden sich auf diese seltene unausgesprochene Weise. Diana sagte immer, Michael strahle „großartige Schwingungen und eine Aura reiner Liebe“ aus.
    Auch in professioneller Hinsicht lernten wir jede Menge von ihr. Unter ihrem sanften Wesen schlummerten durchaus harte und entschlossene Züge, denn sie wusste genau, was sie wollte, und rückte auch keinen Zentimeter von ihren Zielen ab. Ich erinnere mich, dass sie uns einmal vor Hollywood warnte und erklärte, wir würden ein dickes Fell und viele kluge Menschen in unserer Nähe brauchen; aber wir waren noch Kinder und begriffen nicht, warum uns eine Stadt, die so viel Spaß und Unterhaltung bot, je wehtun sollte. Tatsächlich sagte Michael 1970 in einem Interview: „Diana Ross hat mir gesagt, dass man im Showbiz sehr leicht verletzt werden kann. Ehrlich gesagt, ich kann mir das nicht vorstellen. Vielleicht werde ich es eines Tages verstehen … aber ich glaube nicht.“
    Ende August hatte Motown dann ein Haus für uns gefunden, in der Queens Road 1601, an der Ecke einer dieser gewundenen Straßen, die sich durch die Hollywood Hills schlängelten. Als wir mit der Arbeit an unserem ersten Album für Motown begonnen, hatten wir endlich wieder ein eigenes Zuhause.
    Zwar kann wohl niemand behaupten, er habe geahnt, wie viel Erfolg und Ruhm auf uns warteten, aber immerhin hatte Mr. Gordy einen ganz genauen Plan. „Ich werde jeden von euch zum Star machen“, versprach er uns eines Nachmittags in seinem Wohnzimmer. Wir saßen auf dem Sofa, er in seinem Sessel, und außerdem waren noch einige Mitarbeiter seines Kreativ-Teams zugegen. Dann schilderte er uns seine Vision. Sie war, wie bei ihm

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