You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
schwarze Kind mit einem Traum. Das Kreischen und der Beifall war an diesem Abend für uns viel mehr als Jacksonmania: Es fühlte sich an, als hätten wir erhobenen Hauptes trotz starker Widerstände einen Sieg errungen. Wie hatte Sammy Davis Junior 1965 gesagt: „Ein Star zu sein, hat es mir ermöglicht, an Orten beleidigt zu werden, von denen es sich der durchschnittliche Neger nie erhoffen kann, sie zu betreten und dort beleidigt zu werden.“
Michaels Erinnerungen an Alabama waren auch deswegen nicht gerade die besten, weil unsere Boing 727 auf dem Rückweg in schweres Wetter geriet und wir heftige Turbulenzen hatten. Wir flogen alle nicht besonders gern und wären lieber in unserem alten VW-Tourbus von Ort zu Ort gezuckelt, aber weil sich die Konzerte so häuften, hatten wir keine andere Wahl, wir mussten fliegen. Auf diesem Flug war Michael – ebenso wie ich – starr vor Angst, als unsere Maschine plötzlich absackte und sich dann wild schüttelte. Wir saßen alle nebeneinander und klammerten uns an die Armlehnen. Als ich den Kopf nach links wandte, entdeckte ich, dass Michael weinte, die Augen fest zusammengekniffen. Vermutlich dachten wir beide an Armageddon, und es war wenig hilfreich, dass der Himmel draußen dunkel war und das Kabinenlicht flackerte. Als sich die Lage beruhigt hatte, kam eine Stewardess zu uns und kniete sich neben Michael, um uns zu versichern, dass so etwas völlig normal sei. Daraufhin beruhigten wir uns, und alles wäre gut gewesen, hätte der Pilot nicht später wieder alles ruiniert, indem er nach der Landung verkündete: „Das Flugzeug war zwar schwer zu kontrollieren, aber wir haben es ja geschafft, nicht wahr?“
Unsere Ängste verstärkten sich noch, als wir 1972 in den Nachrichten sahen, wie ein Passagierflugzeug von Eastern Airlines beim Landanflug auf Miami aus einer Höhe von 2.000 Fuß über den Everglades abstürzte.
Später einmal, in einer Stadt, an die ich mich nicht erinnere, hätten wir schon längst auf dem Weg vom Hotel zum Flughafen sein sollen, konnten Michael aber nirgendwo entdecken. Eben gerade war er noch bei uns gewesen, und plötzlich war er verschwunden. Bill und Joseph machten sich schon richtig Sorgen, bis wir uns daran erinnerten, was Michael immer zu tun pflegte, wenn er früher, in der Jackson Street 2300, Ärger hatte. Und tatsächlich fand Bill ihn unter dem Hotelbett. Er weinte und weigerte sich, herauszukommen. „Ich steige nicht wieder in ein Flugzeug! Das mache ich nicht! Das mache ich nicht!“ Draußen stürmte und regnete es stark.
Sie alle versuchten, sanft auf ihn einzuwirken – Bill, Suzanne und Jack Richardson –, aber als Nächstes erinnere ich mich dann daran, wie Bill von der Limo zur Gangway schritt, mit einem um sich schlagenden und schreienden Michael über der Schulter. Solche Auftritte gab es einige Male, wenn Michael Angst hatte. Meist schrie er dann nach Mutter. Joseph war natürlich da, aber vermittelte nicht die Liebe und den Trost, der dann gefordert war. Vielleicht konnte er es auch nicht. Stattdessen versuchten wir Brüder und manchmal auch die Stewardessen, Michael zur Seite zu stehen. Und Süßigkeiten halfen natürlich auch.
Der J5-Treck zog weiter durch Amerika, und auch im Rest der Welt wuchs das Interesse an uns. Fast jede größere Stadt fragte wegen eines Auftritts an, wobei es für uns schwer zu begreifen war, dass wir in Australien oder Japan so beliebt sein sollten. Diese Länder waren für uns so weit entfernt wie ein anderer Planet, aber Joseph sagte, wir würden die ganze Welt erobern. Unsere fünfte Single, „Mama’s Pearl“, war der erste Song, der keine Nummer 1 wurde. Und „Never Can Say Goodbye“ ging es ein paar Monate später genauso. Beide Male mussten wir uns mit der Nummer 2 zufriedengeben, aber weder Joseph noch Mr. Gordy beklagten sich deswegen.
Das, was wir begonnen hatten, entwickelte sich zu etwas viel Größerem, als sich irgendjemand hatte vorstellen können, und es war nicht mehr aufzuhalten. Das Leben kam mit enorm viel Schwung auf uns zu, und keiner von uns Brüdern wusste, wohin es uns führen würde, oder ob es überhaupt noch besser werden konnte. Aber eins war uns klar: Wenn die Fans eines Tages mit dem Kreischen aufhörten, würden auch wir aufhören zu spielen. Und so legten wir ein zweites und drittes Album nach, tourten noch intensiver und bauten unser Profil weiter aus, indem wir Interviews gaben und in Magazinen erschienen wie Teen , Soul, Time, Life, Ebony und dem
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