You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
eine große Familie bot. Unser Clan bestand inzwischen aus 13 Personen, Jack Richardson und Johnny eingerechnet, und darum brauchten wir die 740 Quadratmeter Wohnfläche wirklich.
Hayvenhurst war durch die schmiedeeisernern Gitter eines elektrischen Tors geschützt. Damit begann unser Leben hinter Mauern und Zäunen. Das Haus selbst war klassisch im Stil der Siebziger eingerichtet, mit vielen Schiebetüren, Plastikstühlen, grellen Farben und holzvertäfelten Wänden. Besonders großartig kam uns die Wendeltreppe vor, die sich aus dem tiefer gelegenen Wohnzimmer erhob, das zudem noch mit einer großen, L-förmigen Sitzlandschaft ausgestattet war. Die Raumaufteilung sah vor, dass wir Kinder uns jeweils zu zweit ein Zimmer teilten: Tito und Johnny, Michael und Randy, La Toya und Janet, Jackie und Ronnie sowie Marlon und ich (auf Tour wohnten Michael und ich allerdings weiterhin zusammen). Ich habe einmal irgendwo gelesen, Hayvenhurst sei so groß gewesen, dass wir allmählich aneinander vorbeilebten und uns regelrecht verabreden mussten, wenn wir uns sehen wollten, aber das stimmt nicht: Es war ein Haus, kein Schloss, und so verschwenderisch kamen einem die 740 Quadratmeter auch gar nicht vor, wenn man sie mit zwölf anderen teilte.
Aber dennoch war das neue Haus ein sicheres Zeichen dafür, dass wir nun wirklich Geld verdienten; wir bekamen inzwischen alle ein Taschengeld von fünf Dollar die Woche. Michael gab sein Geld für Malutensilien aus. Auch hatte er großes Interesse an Zaubertricks entwickelt; er liebte das Vorgaukeln von Illusionen. Wenn Mutter einmal richtig überrascht guckte, nachdem er einen Regenschirm in eine Blume verwandelt oder eine Münze aus seiner Hand hatte verschwinden lassen, dann war er richtig glücklich. Mutter kaufte zum ersten Mal neue Möbel und gönnte sich eine neue Garderobe. Joseph leistete sich einen neuen Ford Kombi, und Jackies ganzer Stolz war ein orangefarbener Datsun 240Z – bis zu dem Tag, als er beim Fahren nach einem Kaugummi angelte und das Auto nördlich vom Ventura Boulevard zu Schrott fuhr.
Obwohl wir nun plötzlich in Geld schwammen, verwöhnten unsere Eltern uns nicht. Sie blieben ihrer alten Arbeitsmoral treu, und sie wollten nicht, dass wir den Eindruck bekamen, Geld spiele keine Rolle – Joseph ließ sogar ein Münztelefon einbauen. Die Hausarbeit wurde immer noch aufgeteilt. Wenn jemand zufällig am Wochenende vorbeigeschaut hätte, dann hätte er Tito und mich beim Staubsaugen und Wäschewaschen angetroffen, während Michael, Randy und Janet die Fenster putzten und Jackie und La Toya die Fußböden wischten und draußen Blätter zusammenkehrten.
Joseph war noch immer der uneingeschränkte Herrscher in unserem Haushalt. Die schlimmsten Zeiten waren zwar vorüber, aber ihm riss immer noch schnell der Geduldsfaden. Einmal hatte Michael sich gerade angezogen, um mit Mutter in den Königreichsaal zu gehen, obwohl Joseph eine Probe für eine große Amerika-Tournee angesetzt hatte. Allerdings war Sonntag, und Michael klammerte sich an Mutter. Joseph schlug in seiner Wut eine Fensterscheibe kaputt, während Mutter und Sohn loszogen, um zu Jehova zu beten. Im Laufe der Zeit erfuhren auch Randy und Janet, wie sich die Bestrafung mit dem Gürtel anfühlte, hauptsächlich wegen Ungehorsam, und unsere Proben für eine Tournee fanden immer noch unter Androhung von Schlägen statt. Aber wir waren jetzt auf der großen Bühne angekommen, es konnte nichts mehr schiefgehen. Wir hatten es geschafft, und die Medien verliehen Joseph den freundlichen Namen „Papa Joe“. Das bedeutete indes nicht, dass sich sein Wesen über Nacht geändert hätte.
Dann erhielt Michael eine Morddrohung. An genaue Einzelheiten kann ich mich nicht mehr erinnern, aber es reichte, damit wir von den öffentlichen Schulen genommen wurden und auf Privatschulen kamen. Niemand wollte ein Risiko eingehen, schon gar nicht, da Cindy Birdsong von den Supremes, die inzwischen Diana Ross ersetzt hatte, vor kurzem überfallen und gekidnappt worden war. Ihre Entführer fuhren mit ihr nach Long Beach; auf dem Highway gelang es ihr, die Autotür zu öffnen und bei voller Fahrt aus dem Auto zu springen. Vielleicht war das auch der Grund für zwei weitere Neuzugänge unseres Haushalts, die Schäferhunde Lobo und Heavy. Lobo knurrte so heftig, wenn ein Journalist das Haus betrat, dass er in fast jedem Interview erwähnt wurde. (Janet-Fans erinnern sich vielleicht daran, dass sie einen Schlüssel als Ohrring trug: Er
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