Young Sherlock Holmes 1
seinerseits lächeln. »Ich dachte mir, ein etwas vertrauterer Name könnte deine Aufmerksamkeit erregen, solltest du in der Gegend sein und dich nach einer Rückkehrmöglichkeit nach England umsehen. Ich wollte sie eigentlich erst in
Mycroft Holmes
umtaufen, aber der Kapitän machte mir unmissverständlich klar, dass Schiffe und Boote nur weibliche Namen tragen.«
»Sie haben damit
gerechnet
, dass wir dem Baron entkommen?«
Crowe nickte. »Ich wäre enttäuscht gewesen, wenn ihr es nicht geschafft hättet. Schließlich bist du mein Schüler und Ginny mein Fleisch und Blut. Was wäre ich bloß für ein Lehrer, wenn ihr beide einfach dagesessen und nichts gegen eure Gefangenschaft unternommen hättet.« Seine Worte waren scherzhaft gemeint, und auf seinem Gesicht lag ein Lächeln. Dennoch meinte Sherlock in Crowe ein tiefes, unterschwelliges Gefühl des Unbehagens, ja vielleicht sogar der Angst zu verspüren, das sich durch ihr Auftauchen gerade erst zu verflüchtigen begonnen hatte.
Crowe streckte seine große Hand aus und drückte Sherlocks Schulter. »Du hast auf sie aufgepasst«, sagte er leise. »Dafür danke ich dir.«
»Ich weiß, dass alles, was Sie unternommen haben, um hierherzukommen, aus logischen Erwägungen erfolgte«, antwortete Sherlock ebenso leise, »und es hat alles funktioniert. Aber was, wenn es das nicht hätte? Was, wenn wir gar nicht entkommen wären oder einen anderen Weg eingeschlagen hätten oder wenn Sie sich an einem Hafenende befunden hätten, während wir am entgegengesetzten Ende ein anderes Schiff bestiegen hätten? Was dann?«
»Dann wären die Dinge anders gelaufen«, sagte Crowe. »Wir stehen hier zusammen, weil die Dinge so geschehen sind, wie sie es nun einmal sind. Mit Logik kannst du die Chancen zu deinen Gunsten verbessern, aber man muss immer auch mit dem Zufall rechnen. Dieses Mal hatten wir Glück. Das nächste Mal … Wer weiß?«
»Ich rechne nicht damit, dass es ein ›nächstes Mal‹ geben wird«, erwiderte Sherlock. »Aber wir müssen trotzdem die Pläne des Barons durchkreuzen.«
»Ach, und wie sehen die aus?«, fragte Crowe und verzog verwundert das Gesicht. »Einen Teil des Puzzles habe ich schon zusammengesetzt, aber nicht alles.«
Rasch berichteten Sherlock und Virginia von den Bienen, den vergifteten Uniformen und dem teuflischen Plan, einen beträchtlichen Teil der britischen Armee in ihren Garnisonen in England zu töten. Crowe war hinsichtlich der Effizienz des Planes ebenso skeptisch wie Sherlock, doch er stimmte darin überein, dass es zumindest einige Todesfälle geben würde und selbst ein einzelner Tod schon zu viel wäre. Die Bienen mussten aufgehalten werden.
»Aber wie finden die Bienen den Weg übers Meer nach England und dann weiter zu den Garnisonen?«, fragte Crowe.
»Ich habe in der Bibliothek meines Onkels einiges über Bienen gelesen«, antwortete Sherlock. »Bienen sind ganz erstaunliche Kreaturen. Sie können zwischen Hunderten verschiedener Düfte unterscheiden. Düfte von weitaus geringerer Konzentration, als sie ein Mensch wahrnehmen könnte. Auf der Suche nach diesen Düften können sie meilenweit fliegen. Ich wäre nicht überrascht, wenn es klappen würde.« Er hielt kurz inne, als ihm plötzlich etwas einfiel. »Er hat von einem Fort gesprochen. Als er seinem Gehilfen – diesem MrSurd – befohlen hat, die Bienen freizulassen. Das sollte von einem Fort aus passieren. Gibt es irgendwelche Befestigungen an dieser oder an der englischen Küste, die sie benutzen könnten?«
»Ist vielleicht nicht gerade die Art von Fort, an die du denkst«, meldete sich plötzlich Matty zu Wort.
»Was meinst du damit?«
»Rund um Southampton, Portsmouth und der Isle of Wight gibt’s Forts. Mitten im Englischen Kanal. Sind so was wie künstliche Inseln«, sagte er. »Sind für den Fall gebaut worden, dass Napoleon mal ’ne Invasion in England macht. Die meisten sind jetzt verlassen, weil die Invasion nie gekommen ist.«
»Woher weißt du das?«, fragte Virginia.
Mattys Gesicht nahm einen finsteren Ausdruck an. »Mein Dad war in einem stationiert. Als er in der Navy war. Hat mir alles davon erzählt.«
»Und wie kommst du darauf, dass Maupertuis eins davon benutzt?«, fragte Sherlock.
»Du hast erzählt, wie sehr er die Briten hasst. Für das, was mit ihm passiert ist. Macht doch irgendwie Sinn, wenn er dann eins von den Forts, die wir damals gebaut haben, um uns vor den Franzosen zu verteidigen, nun gegen uns benutzt, oder?«
Crowe
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