Young Sherlock Holmes 2
Kreaturen schienen wie eine Meute von Hunden zusammenzuarbeiten. Sie trieben Sherlock, Matty und Virginia in die Enge, ohne ihnen eine Fluchtmöglichkeit zu lassen.
Sherlocks Gedanken rasten. In Anbetracht ihrer Körpergröße und der riesigen scharfen Zähne mussten sie davon ausgehen, dass es Fleischfresser waren. Die Tiere bewegten sich mit einer Entschlossenheit voran, die darauf hindeutete, dass sie hungrig waren und sehr wohl wussten, dass nun Nahrung in Reichweite war. Sie schienen nicht im Geringsten zögerlich und vorsichtig zu agieren, so wie sich vielleicht Hunde verhalten hätten. Aus ihren Bewegungen sprach vielmehr eine wohlüberlegte Entschlossenheit. Sherlock beschlich das Gefühl, dass diese Reptilien überhaupt nicht in der Lage waren, so etwas wie Angst zu empfinden. Ihre Gehirne waren für solche Emotionen wahrscheinlich gar nicht ausgelegt. Sie würden sich ihnen einfach unverdrossen weiter nähern, egal was Sherlock und die anderen auch anstellen mochten. Weder irgendwelche Geräusche noch wilde Gesten würden sie aufhalten. Und mit Steinen auf sie zu werfen würde vermutlich auch nicht funktionieren. Im Grunde waren sie nichts anderes als mit tödlichen Zähnen ausgestattete Rechenmaschinen.
Die monströsen Kreaturen kamen immer näher. Sherlock, Matty und Virginia wichen langsam zum nächstgelegenen Mauerabschnitt zurück, wobei sie die Echsen nicht aus den Augen ließen. Ihre Fluchtoptionen wurden von diesen anscheinend außergewöhnlich intelligenten Reptilien zunehmend eingeschränkt.
»Was ist das für ein
Gestank
?«, fragte Matty und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Auch Sherlock konnte es jetzt riechen: Es stank irgendwie nach verfaultem Fleisch. Wenn diese Monster ihre Beute wirklich im Ganzen herunterschlangen und dann Wochen zur Verdauung brauchten, gehörte der Gestank vermutlich zu ihren natürlichen Körperausdünstungen.
»Sherlock«, stieß Virginia mit einer Stimme hervor, der anzuhören war, dass sie trotz aller Beherrschung kurz davor war, die Nerven zu verlieren. »Was sollen wir bloß machen?«
»Nachdenken«, antwortete Sherlock nur, was er in der Tat mit einer Geschwindigkeit und Anstrengung tat, wie er es wohl noch nie zuvor in seinem Leben gemacht hatte.
Die Kreatur zu ihrer Rechten machte ein paar weitere Schritte auf sie zu. Matty bückte sich, hob einen Stein vom Boden auf und schleuderte ihn in Richtung des Tieres. Doch es zuckte nicht einmal zusammen, als der Stein dicht neben ihm die Wand traf und davon abprallte: keine Furcht, kein Zögern – nichts. Es kümmerte sich einfach nicht darum. Nach ein paar Sekunden machte es noch zwei Schritte auf sie zu.
Die Echse zu ihrer Linken stieß ein Zischen aus. Sie hielt den Kopf hoch erhoben, als prüfe es die Luft. Die anderen beiden fingen ebenfalls an zu zischen. Sherlock fragte sich, ob sie miteinander kommunizierten oder einfach nur Laute ausstießen, die dazu gedacht waren, ihre Beute vor Entsetzen erstarren zu lassen.
Der Abstand zwischen den Reptilien und ihnen hatte sich mittlerweile fast halbiert. Mit den kleinen Schritten, die sie mit den vom Körper abgespreizten Beinen machen konnten, hatten sie die Strecke langsam, aber unaufhaltsam zurückgelegt. Ohne Eile. Ohne plötzliche Angriffe. Es war einfach nur ein fortlaufender, von Intelligenz gesteuerter Prozess, der darauf ausgelegt war, ihre Beute in eine Ecke zu treiben, wo sie dann mit Muße verschlungen werden konnte.
Und Sherlock wollte einfach nichts einfallen, wie er sie aufhalten konnte.
15
»Was ist mit dem Wasser?«, flüsterte Matty, als könnten die Reptilien seine Worte verstehen. »Können wir nicht in den Teich springen und einfach warten, bis sie die Lust verlieren?«
»Ich glaube, dass es Amphibien sind«, erwiderte Sherlock. »Guck dir mal ihre Füße an. Sie haben Schwimmhäute zwischen den Zehen. Die können vermutlich besser schwimmen als wir.«
»Ich kann so gut wie gar nicht schwimmen«, verkündete Virginia unvermittelt.
»Ich nehme die Aussage zurück«, sagte Sherlock. »Sie können
definitiv
besser schwimmen als wir.« Verzweifelt blickte er sich um, in der Hoffnung, es könnte irgendwo etwas herumliegen, das ihnen vielleicht weiterhalf. Aber außer Felsen und Sträuchern war nichts zu sehen.
Die Reptilien waren inzwischen noch näher gekommen, und der Gestank nach verfaultem Fleisch war jetzt fast unerträglich.
»Oh, keine Ahnung, ob das weiterhilft«, sagte Matty plötzlich. »Aber das hier hab ich aus der
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