Young Sherlock Holmes 4
kräftige Schippe nach. »Erstens werden sie herkommen und sichergehen wollen, dass es auch wahr ist. Und zweitens werden sie sich bei Harkness für jedes kleine Bisschen rächen, das er ihnen angetan hat. Sobald er seine Macht verloren hat, unterscheidet ihn nichts von jedem x-beliebigen Farmer oder Brauer in Farnham – mit Ausnahme, dass sie ihn hassen. Er wird von Glück sagen können, wenn er es in einem Stück in die Gefängniszelle schafft.«
An der Art, wie sich Markys Schultern senkten, erkannte Sherlock, dass seine Argumente gesessen hatten.
»Wie wird er Sie bezahlen?«, fragte er. »All die Sachen, mit denen er die Leute erpresst hat, sind futsch, einer seiner Gerberbottiche ist kontaminiert und ein anderer undicht. Eines von seinen Geschäftsfeldern kann er endgültig vergessen, das andere steckt in Schwierigkeiten. Wenn ich Sie wäre, würde ich mich nach einem anderen Job umsehen.« Er hielt einen Augenblick lang inne. »Es sei denn, er hat auch etwas gegen Sie in der Hand. Aber falls das so ist, sind die Beweise dafür mitsamt den ganzen anderen Sachen im Bottich. Alles, was Josh Harkness bleibt, sind Gerüchte. Aber damit wird er nicht sehr weit kommen. Ohne Beweise wird ihm niemand seine Geschichten abkaufen.«
»Du bist ein cleverer Junge«, räumte Marky ein. Er nickte nachdenklich. »Du hast recht – Harkness ist am Arsch. Wenn die Bullen ihn nicht schnappen, dann wird bestimmt einer der Landbesitzer hier in der Gegend, die er erpresst hat, das Gesetz in eigene Hände nehmen. Über kurz oder lang wird er als Kompost auf irgendeinem Feld enden.« Er entspannte sich und ließ die Stange fallen. »Wenn was passiert, wenn ich geschnappt werde, musst du ein gutes Wort für mich einlegen. Sag den Bullen, dass ich dich habe laufen lassen.« Er nickte entschlossen. »Zeit für einen Karrierewechsel«, sagte er, und damit drehte er sich um und verschwand in der Türöffnung.
Sherlock konnte nicht fassen, was geschehen war. Er hatte damit gerechnet, sich den Weg freikämpfen zu müssen. Er hatte einfach drauf losgeplappert, um Marky abzulenken und sich etwas Zeit zu verschaffen, damit er Atem schöpfen und einen Angriffsplan entwickeln konnte. Aber wie es aussah, hatte er sich diesmal tatsächlich aus den Schwierigkeiten herausgequasselt.
Er starrte zum Fenster. Es war verlockend, aber der andere Mann – dieser Nicholson – wartete mittlerweile bestimmt längst auf der anderen Seite; und nach dem, was zuvor geschehen war, glaubte Sherlock nicht daran, dass der Mann sehr empfänglich gegenüber seinen Argumenten sein würde.
Widerstrebend steuerte er auf die Tür zu, die in die Gerberei führte.
Auf äußerster Hut vor Josh Harkness schaute er sich um. Aber er konnte den Erpresser nirgends entdecken. Nur ein eingesunkener Haufen durchtränkten, fleckigen Papiers und Kartonage, der sich neben dem nächsten Bottich aus einer Pfütze brauner Brühe erhob, kündete davon, dass er eben noch hier gewesen war. Der Gestank war noch übler als zuvor – vermutlich weil Harkness bei dem Versuch, sein Erpressungsmaterial zu retten, verzweifelt im Bottich herumgerührt hatte.
Ein Blick auf das Papier genügte, um Sherlock zu verraten, dass das Material zu nichts mehr zu gebrauchen war. Das bisschen, was an Buchstaben durch die Flecken und Verfärbungen hindurch noch zu erkennen war, verlief gerade zur Unkenntlichkeit.
Er wandte sich auf dem hölzernen Laufsteg der Stelle zu, wo sich der Haupteingang befinden musste, in der Hoffnung, dass Harkness bereits verschwunden war.
Was sich als Irrtum erwies.
Der Erpresser trat hinter einem der Bottiche hervor. Seine Haare standen wirr nach allen Seiten ab, und die Augen waren so weit aufgerissen, dass sie ihm fast aus dem Schädel zu springen schienen. In jeder Hand hielt er ein Messer. Bedrohlich funkelte das Licht auf den böse gekrümmten, scharfen Klingen.
»Flensmesser«, erklärte er beiläufig, obwohl sein Gesichtsausdruck alles andere als gelassen war. »Damit schabt man Haut und Fleischfetzen von Rinderhäuten ab. Sehr scharf. Äußerst scharf, wie du gleich feststellen wirst.«
»Es bringt nichts mehr, mich umzubringen«, stellte Sherlock ungeachtet seines plötzlich schneller pochenden Herzens mit ruhiger Stimme klar.
»Nein, überhaupt nichts«, stimmte Harkness zu. »Abgesehen von der Tatsache, dass ich dadurch heute Nacht etwas besser schlafe. Du hast mich um meinen Broterwerb gebracht und mir das Dach über dem Kopf genommen.«
»Ich habe
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