Young Sherlock Holmes 4
dreckig und schlammverschmutzt in einen glitzernden, klaren Fluss eingetaucht. Er konnte förmlich spüren, wie der entsetzliche Gestank der Gerberei aus seinen Lungen gespült wurde. Ihm war klar, dass die Luft hier draußen nicht besonders frisch war, aber verglichen mit dem üblen Geruch in der Gerberei wirkte sie wie reinste Bergluft.
Doch leider blieb das Gefühl, dass seine Kleidung den Gestank förmlich aufgesogen hatte, und er beschloss, sich so schnell wie möglich umzuziehen.
Er fand Matty neben dem Fenster der Gerberei stehend. Sein Freund stieß einen erleichterten Seufzer aus, als er Sherlock erblickte.
»War nicht sicher, was mit dir passiert ist«, sagte er. »Ich dachte, Harkness hat dich vielleicht erwischt.« Er runzelte die Stirn. »Was ist mit Harkness? Du hast ihn doch nicht etwa … umgebracht, oder?«
Sherlock schüttelte müde den Kopf. »Wir hatten eine kleine Unterhaltung«, erwiderte er. »Ich hab’ ihn dagelassen und der Polizei erzählt, wo er zu finden ist.«
Matty zuckte die Achseln. »Wird keine große Rolle spielen. Wenn der größte Fisch im Teich geschnappt wird, tritt der zweitgrößte an seine Stelle. So laufen die Dinge nun mal.«
»Ich weiß«, sagte Sherlock. »Aber daran kann ich nichts ändern. Jedenfalls nicht sofort. Zumindest haben wir Harkness aus dem Weg geräumt und sein Erpressungsmaterial vernichtet. Das wird eine Menge Leute glücklich machen.« Er runzelte die Stirn und betrachtete Matty, wie er gelassen mitten auf der Straße herumstand. »Was ist mit dem Mann passiert, den sie nach draußen geschickt haben, diesem Nicholson?«
»Der Kerl mit der Bierplautze? Der ist rausgekommen und stand da rum. Sah nicht allzu glücklich aus. Sondern eher so, als würde er jedem sofort den Kopf abreißen, der es wagt, ihn anzusprechen.«
»Und wo warst du?«
Matty zeigte auf einen Kistenstapel auf der anderen Seite der Straße. »Als ich ihn hab’ kommen hören, hab’ ich mich dahinter versteckt. Er hat sich nicht gerade still verhalten. Der hat Flüche vom Stapel gelassen, die selbst ich noch nie zuvor gehört habe.«
»Und was ist dann passiert?«
»Stand ein paar Minuten herum. Dann kam sein Freund raus.«
»Marky«, bestätigte Sherlock.
»Ja, der. Er hat den anderen Kerl am Arm gepackt und was zu ihm gesagt. Das Nächste, was ich dann mitgekriegt habe, ist, wie die beiden die Straße hinunter verschwunden sind.«
Sherlock nickte. »Ich hab’ Marky überzeugen können, dass nun, nachdem Harkness’ Belastungsmaterial futsch ist, es in der Stadt ziemlich ungemütlich für sie werden wird. Ich glaube, sie haben beschlossen, ihr Glück anderswo zu suchen.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Lass uns nach Hause gehen«, antwortete Sherlock.
»Ich hab’ kein Zuhause, abgesehen von meinem Kanalboot.«
»Ich meine Holmes Manor.«
Matty schüttelte energisch den Kopf. »Ich kann diese Hauswirtschafterin nicht ausstehen«, sagte er. »Und sie mich auch nicht. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich lieber hierbleiben.«
»Also, ich glaube«, erwiderte Sherlock, »du wirst feststellen, dass Mrs Eglantines Macht über den Holmes’schen Haushalt innerhalb der nächsten Stunde rapide im Schwinden begriffen sein wird. Ich bin sicher, dass du dich von nun an dort willkommen fühlen wirst.« Er beäugte seinen Freund mit skeptischem Blick. »Na ja, jedenfalls wenn du dir den Staub abklopfst und dir die Haare kämmst.«
Zusammen mit Matty, der hinter ihm auf Philadelphias Rücken saß, trabte Sherlock wenig später über die vertrauten Straßen auf Holmes Manor zu.
»Meinst du, dass ich was zu essen kriegen könnte, wenn wir da sind?«, rief Matty über Sherlocks Schulter.
»Ich denke, das lässt sich einrichten«, rief Sherlock zurück.
Sie brauchten eine halbe Stunde, um das Anwesen zu erreichen, und als sie in das Haupttor einbogen und sich über den Zufahrtsweg dem Haus näherten, spürte Sherlock, wie sich Matty hinter ihm anspannte. Sie kamen an der Eingangstür vorbei und trotteten um das Gebäude zu den Ställen herum, wo sie das Pferd der Obhut eines Stallburschen überließen.
»Los, komm schon«, forderte Sherlock seinen Freund auf. »Ich kann es gar nicht erwarten, die Sache zum Abschluss zu bringen.«
Mit Matty dicht auf seinen Fersen betrat er das Gebäude durch den Haupteingang. Die zum Großteil im Schatten liegende Eingangshalle schien einsam und verlassen zu sein, aber er wusste, dass der Schein trog.
»Mrs Eglantine!«, rief
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