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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Lane
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dass er in Gedanken Dinge aus lange vergangener Zeit vor sich sah. »Ein Arzt, der ihn während einer seiner zwischenzeitlichen Aufenthalte zu Hause besuchte, war besonders gut belesen. Er hatte von einem Franzosen gehört, welcher eine Krankheit beschrieben hatte, die er als
folie à double forme
oder auch als bipolare Störung bezeichnete. Nun, dieser spezielle Arzt probierte verschiedene Heilmittel aus: eine Tinktur aus Schwarzem Nieswurz, um das Erbrechen herbeizuführen, einen Sud aus Fingerhut und schließlich Schierlingssaft. Sie hatten eine gewisse Wirkung, aber es war nicht genug. Das Einzige, was wirklich half, war Morphium.«
    Morphium!
Das Wort durchdrang Sherlocks Inneres wie ein Dolch aus Eis. Er hatte seine eigenen Erfahrungen mit Morphium gemacht. Baron Maupertuis’ Männer hatten ihn mit Laudanum, einer alkoholischen Morphiumlösung, narkotisiert; und die Paradol-Kammer hatte später seinem Bruder Mycroft die gleiche Droge verabreicht. War etwa die gesamte Familiengeschichte mit dieser schrecklichen Substanz verknüpft?
    »Was genau ist Morphium?«, wollte Matty wissen.
    »Es ist ein Stoff, der aus Opium gewonnen wird, wobei es sich wiederum um die getrocknete Saat der Schlafmohnpflanze handelt. Es ist eine an sich üble Substanz, über die ich jetzt jedoch nur so viel sagen möchte, dass sie tatsächlich Sigers extreme Stimmungsschwankungen stabilisiert hat.« Sherrinford gab ein humorloses Lachen von sich. »Sie ist nach Morpheus benannt, dem griechischen Gott des Schlafes.«
    Sherlock schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht sicher, ob ich das richtig verstehe. Mein Vater war krank, und diese Droge hat seinen Zustand verbessert. Worin besteht dann das Problem?«
    »Das Problem«, antwortete Sherrinford, »besteht darin, dass unsere Gesellschaft denjenigen gegenüber nicht tolerant ist, die … Probleme mit dem Geist haben. Mit der Morphiumbehandlung wuchs Siger zu einem großen und starken Mann heran, und niemand außerhalb der Familie wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Er heiratete in eine gute Familie ein und wurde Offizier. Würde bekannt werden, dass er krank im Kopf ist, würde er aus der Armee ausgestoßen werden. Seine Freunde und Nachbarn würden sich von ihm abwenden. Schande würde über die Familie gebracht werden. Nicht dass mich Letzteres groß kümmern würde, aber er und deine Mutter würden
alles
verlieren. Nicht nur das, vielmehr würde das Stigma an ihm, an ihr und auch an deinem Bruder und dir haften. Ihr wäret als Söhne eines Geisteskranken abgestempelt. Und die Leute würden denken, dass ihr irgendwann wahrscheinlich ebenfalls verrückt werdet.«
    »Wie ist Mrs Eglantine dahintergekommen?«, flüsterte Sherlock.
    »Sie war Dienstmädchen in der Anstalt«, antwortete Tante Anna mit leiser Stimme. »Das war, als sie noch jung war. Eines Tages muss sie Siger dann wohl aus Zufall gesehen haben, als er schon älter war und seine Armeeuniform trug. Sie erkannte, was für ein Skandal es für die Familie wäre, wenn bekannt werden würde, dass er eine Zeitlang in einer Anstalt verbracht hat und seine Gesundheit von der Einnahme von Drogen abhängt. Und da fing sie an, uns zu erpressen.«
    Sherlock runzelte die Stirn. »Und eben das verstehe ich nicht«, sagte er. »Warum euch erpressen? Warum nicht meinen Vater, meine Mutter oder Mycroft?«
    »Vielleicht hat sie das auch«, erwiderte Sherrinford schlicht. »Wir haben nie nachgefragt.«
    Da kam Sherlock ein Gedanke. Er hielt inne, bevor er etwas sagte, drehte und wendete ihn zunächst im Geist, betrachtete ihn von jedem Winkel aus, nur für den Fall, dass er etwas übersehen hatte. Es war ein großer Gedanke, und er wollte sichergehen, alles richtig verstanden zu haben, bevor er vielleicht etwas Peinliches von sich gab.
    »Dem nach zu schließen, was du uns erzählt hast«, begann er schließlich vorsichtig, »betraf das Geheimnis, das du bewahrt hast, meinen Vater und dessen Familienzweig. Käme alles heraus, würde, wie mir scheint, die Familienschande nicht auf euch abstrahlen.
    Es wären wir – und vor allem er die sich Problemen gegenübersähen.«
    Sherlocks Tante Anna bedachte ihn mit einem Lächeln und langte mit dem Arm über den Tisch, um seine Hand zu tätscheln. »Gott segne dich, Sherlock«, sagte sie. »Wir konnten nicht zulassen, dass Siger das widerfährt. Er gehört zur Familie. Er und Sherrinford sind zusammen aufgewachsen. Wir konnten nicht tatenlos zusehen, wie er auf diese Weise bloßgestellt wird. Ich

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