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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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entfloh. Unwillkürlich legte sie die Hand auf ihr fadenscheiniges Mieder, wo ihr Herz so schwer und überlaut dröhnte.
    »Sie haben mich zur Magd gemacht.« Sie kämpfte mit aller Kraft gegen den sinnverwirrenden Zauber an. »Dame Thilda sagt, dass ich arbeiten muss, wenn ich bleiben will, und Gratien ist nicht fähig mir zu helfen ...«
    »Also bist du wirklich so vertraut mit dem Seigneur? Wenn du seine Liebste bist, solltest du vorsichtig sein, diese Frau ist gefährlich ...« Jos bemühte sich heldenhaft, den mörderischen Anflug von Eifersucht unter Kontrolle zu bringen, den er selbst beim Gedanken an dieses unerwünschte Techtelmechtel empfand.
    »Aber nein!«, brauste Ysobel auf. »Was für ein närrischer Gedanke, Gratien ist ...«
    »Schscht!«, unterbrach er sie neuerlich und legte seine Fingerspitzen auf ihre Lippen. »Du hast ihm geglaubt, nicht wahr? Meine arme Kleine, Seigneurs wie Gratien de Locronan wollen von einem hübschen Mädchen nur ihr Vergnügen. Für ihn warst du nicht mehr als ein Spielzeug, aber du musst dich nicht grämen. Wenn es stimmt, was ich vermute, dann wird der Herzog persönlich dafür sorgen, dass er seine gerechte Strafe erhält. Dann retten ihn weder sein alter Name noch seine Lügen. Jean de Montfort ist ein redlicher Herr, das darfst du mir glauben!«
    Ysobel schwankte zwischen Lachen und Unglauben. Wie konnte Jos annehmen, dass sie mit ihrem eigenen Bruder ... aber nein, das wusste er ja gar nicht. Und was hatte er da vom Herzog gesagt?
    »Was hat der Herzog mit alledem zu tun?«, forschte sie wissbegierig.
    »Ich bin in seinem Auftrag unterwegs! Ich bin nicht mehr Fischer, als du die Herrin dieser Burg dort bist.« Jos hatte sich entschlossen, ihr die Wahrheit zu gestehen. »Die Gerüchte über die seltsamen Ereignisse an dieser Küste sind bis nach Rennes gedrungen. Ich zähle zu den Rittern unseres Herrn, und er hat mir den Auftrag erteilt, herauszufinden, was hier vor sich geht. Ein solcher Menschenhandel erfordert schließlich Helfer, Schiffe, Piraten. Diese Bucht war die Endstation für viele arme Teufel, die bei diesem verdammten Krieg zwischen die Fronten gerieten.«
    »Ihr seid ein Edelmann?« Unter all den verwirrenden Informationen suchte sich Ysobel seltsamerweise jene aus, die ausschließlich seine Person betrafen. »Ich dachte mir gleich, dass Ihr nicht wie ein Fischer aus dieser Gegend sprecht.«
    »Du bist die erste, die Verdacht geschöpft hat«, wunderte er sich. »Bisher hat niemand hinter Jos dem Fischer den Ritter Jos de Comper vermutet.«
    »Der Dialekt stimmt«, räumte sie großzügig ein. »Aber Ihr redet zu viel. Die Männer aus den Dörfern sind wortkarg und eher mürrisch. Sie schmeicheln niemandem ...«
    »Ich dachte, es hätte dir gefallen?«
    Ysobel gab keine Antwort darauf. »Außerdem habt Ihr nicht gelernt, den Blick zu senken. Der Stolz durchdringt jede Eurer Bewegungen ...«, setzte sie ihre Aufzählung fort.
    »Anscheinend muss ich dankbar sein, dass nicht alle deinen scharfen Blick besitzen!«, meinte Jos und zog eine Grimasse. »Trotzdem brauche ich endlich handfeste Beweise für die Untaten dieses schurkischen Paares! Ich bin beim Herzog im Wort und will ihn nicht enttäuschen. Es ist an der Zeit, dass in diesem Lande wieder ein normales Leben für ehrliche und aufrechte Menschen möglich ist.«
    Ysobel sah, wie sich der blaue Blick verdunkelte, und für den Bruchteil eines Augenblickes lang glaubte sie mehr zu erkennen als nur den Ehrgeiz eines Mannes, der seinem Herrn und Herzog zu Diensten ist. Jos de Comper besaß ein Gerechtigkeitsempfinden, das weit über das übliche Maß hinausging. Er diente nicht nur seinem Fürsten, sondern auch einem ritterlichen Ideal, das in diesem schrecklichen Krieg immer mehr in Vergessenheit geraten war.
    Dann war der Moment vorbei, und das leicht schiefe Lächeln, der angedeutete Spott und der unbesorgte Charme, die sie so über die Maßen anzogen, gewannen wieder die Oberhand. Was Ysobel blieb, war die vage, kaum fassbare Erkenntnis, dass sich unter der Maske des Fischers ein vielschichtiger, rätselhafter Mann verbarg, der nicht alles aussprach, was er dachte.
    »Und Ihr denkt, Jean de Montfort wird diesen Frieden bewahren?«, fragte sie nach und entdeckte dabei plötzlich die Lösung eines Problems, das sie bedrückte, seit sie das Kloster von Sainte Anne verlassen hatte.
    »Das ist sicher!« Jos de Comper nickte.
    Sie traf einen blitzschnellen Entschluss. »Ich werde Euch helfen. Ich kenne Wege

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