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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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spürte, was er tat. Sie begriff nicht, wie ihr geschah, sie brannte, loderte, zitterte. Da war eine fieberhafte Spannung in ihr. Als baute sich eine ungeheure Woge der Gefühle in ihr auf, doch bevor sie brechen konnte, wurde der Finger zurückgezogen. Ysobel schwankte zwischen Erleichterung und Enttäuschung. Dann kam er zurück, aber seltsamerweise war er größer, heißer, sanft und hart zugleich. Er senkte sich quälend langsam in ihren Leib, und je tiefer er drang, um so unerträglicher wurde die Spannung.
    Ihr keuchender Schrei wurde von Jos’ Küssen erstickt. Sie fühlte ihn überall. Sie waren nicht mehr zu zweit, sondern eins. Ihre Welt löste sich in einem verwirrenden Regen aus fallenden Sternen auf. Tief in ihr zersprang etwas Gewaltiges, Unbekanntes und rauschte in weiten, wundervollen Wellen wie das Meer in die Unendlichkeit. Sie schwebte auf diesen Wellen davon, schwerelos, verzaubert und wie neu geboren.
    Als sie die Augen aufschlug, sah sie Jos neben sich kauern. Er befestigte die Schnüre seiner Hose und strich sich mit einer fahrigen Bewegung das Haar aus der Stirn. Es dauerte ein paar Herzschläge, bis er erkannte, dass sie ihn ansah und er reagierte.
    Seine Worte klangen seltsam gepresst und verwundert. »Es sollte nur ein Kuss sein, aber du treibst mich dazu, dass ich den Verstand verliere ...«
    Ysobel versuchte ihren Atem wiederzufinden. Machte er ihr etwa Vorwürfe? Es fiel ihr schwer, die Wirklichkeit zu begreifen.
    »Ihr wolltet unsere Übereinkunft besiegeln«, murmelte sie mit belegter Stimme. Sogar jetzt verzichtete sie auf das vertraute Du, das ihr bei Jos dem Fischer so selbstverständlich über die Lippen gekommen war. Sie hatte das deutliche Empfinden, dass er bereute, was zwischen ihnen geschehen war, wenngleich sie nicht begriff, weshalb. Es war wunderbar gewesen, und sie bereute nicht einen Augenblick davon. Sie hatte sich dem Paradies noch nie so nahe gefühlt.
    »Verzeih, ich bin ein Tölpel!« Jos de Comper schenkte ihr sein schiefes Grinsen und hielt ihr die Hand hin, damit sie aufstehen konnte. »Ich mache dir Vorwürfe, obwohl ich mich an die eigene Nase fassen sollte. Lass dir helfen, Mignonne. Ich hoffe, ich habe dir nicht weh getan?«
    Und ob er das getan hatte, dachte Ysobel, aber sie schwieg. Sie ahnte, dass er sich auf das Liebesspiel bezog, während sie sich von seinen Worten und seinem Verhalten danach verletzt fühlte. Sie hatte sich ohne Bedenken verschenkt und fand dieses für sie so bedeutsame Geschenk auf eine Art gewürdigt, wie Jos de Comper einen Becher frischen Wassers oder eine Scheibe knuspriges Brot hingenommen hätte.
    Sie senkte den Kopf und kämpfte mit den schäbigen Kleidern, die wie die Lumpen einer Vogelscheuche um sie herumflatterten. Sie wusste nicht genau, was sie von ihm erwartet hatte, aber das, was sie gehört hatte, kam ihr schal und billig vor. Unwillig zog sie an den Bändern des Mieders und schnalzte ärgerlich, als eine der Schnüre riss. Ihre Finger zitterten, als sie einen Knoten machte, aber Jos bemerkte es nicht einmal.
    »Lass uns einen Plan machen«, sagte er nun und kam in schnöder Selbstverständlichkeit auf sein Vorhaben zurück, als wäre nichts zwischen ihnen geschehen. »Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen wir uns genau absprechen.«
    Ysobel bewegte unbehaglich die Schultern unter dem groben Leinen. Das Gewebe rieb über ihre Brüste, die ihr plötzlich empfindsamer und anders vorkamen, schwerer, lebendiger. Sie erschauerte. Sie hatte nicht gewusst, welche eigensinnigen, lustvollen Wünsche ihr Körper entwickeln konnte. Aber es hatte den Anschein, als habe sie eine ganze Menge nicht gewusst.

7. Kapitel
    Ihr seid betrunken!«
    Dame Mathilda de Locronan betrachtete angewidert ihren Gemahl. Er lümmelte in einem Stuhl mit kostbar geschnitzter Lehne, und der leere venezianische Glaskelch hing bedrohlich schräg zwischen seinen weichen, dicklichen Fingern. Er hatte den weißen Spitzenkragen seines dunkelblauen Samtwamses beschmutzt, und die schütteren Haarsträhnen klebten schweißfeucht auf seiner Stirn. Was war nur aus dem muskulösen, gut aussehenden jungen Burschen geworden, der sie geheiratet hatte? Damals hatte sie nicht nur sein Reichtum, sondern auch seine Gestalt verlockt!
    Sie warf einen prüfenden Blick auf die Silberkaraffe, die noch vor einer Stunde randvoll mit schwerem, blutrotem Malvasier gewesen war. Nur lag sie umgekippt neben dem Kaminstein. Eine Rotweinpfütze rann wie eine Spur Blut über den hellen

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