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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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noch einmal vorkommen wird.« Sollte er Frank die Wahrheit über den Zustand seiner Frau offenbaren? , fragte er sich schwankend. Mattie hatte es all ihren Freunden, den meisten Geschäftspartnern und einigen Kunden erzählt,
    während er bisher niemanden eingeweiht hatte. Er hatte monatelang eine ungeheure Last mit sich herumgetragen und geriet nun unter ihrem
    Gewicht ins Straucheln. Sie beeinträchtigte seine Urteilskraft, seine Arbeit und vielleicht sogar seine Karriere. Vielleicht würde es helfen, wenn er sich Frank anvertrauen und die Last von der Seele reden würde.
    »Jan Stephens hat mir erzählt , dass Sie ihr Angebot abgelehnt haben , im Ausschuss zur Förderung junger Anwälte mitzuarbeiten« , fuhr Frank Richardson fort , ohne Jakes inneren Monolog zu ahnen. »Dafür habe ich im Augenblick wirklich keine Zeit , Frank.«
    »Wirklich nicht? Nach meinen Informationen sollten Sie über
    reichlich Zeit verfügen , da Ihre berechenbaren Arbeitsstunden im letzten halben Jahr drastisch abgenommen haben. Sie sind nur selten vor neun Uhr morgens im Büro und um vier häufig schon wieder weg , ganz zu schweigen davon , dass man Sie seit Monaten nicht mehr am
    Wochenende in der Kanzlei gesehen hat. Oder irre ich mich?«
    »Ich arbeite in meinem Arbeitszimmer zu Hause.«
    »Soweit ich unterrichtet bin , planen Sie im April einen Urlaub« , fuhr Frank fort , nachdem er Jakes Erklärung mit leicht hoch gezogenen Brauen abgetan hatte. »Ich möchte, dass Sie ihn verschieben.«
    »Verschieben? Warum?«
    »Wie Sie zweifelsohne wissen, findet in der Stadt im April ein
    internationaler Juristenkongress statt, und Richardson, Buckley und Lang hat sich bereit erklärt, als einer der Gastgeber zu füngieren. Dabei wird von allen Partnern eine aktive Rolle erwartet.«
    »Aber ich hatte nie etwas damit –«
    »Höchste Zeit, damit anzufangen , meinen Sie nicht auch?«
    »Bei allem gebotenen Resp –« , begann Jake, brach ab und setzte neu an. »Ich fürchte , ich kann meine Pläne nicht ändern, Frank.«
    »Würden Sie mir vielleicht erklären, warum nicht?«
    »Ich habe seit meinem Eintritt in die Kanzlei keinen Urlaub
    genommen«, sagte Jake in der Hoffnung, dass das den hochrangigsten
    Partner der Kanzlei zufrieden stellen würde, obwohl er schon wusste, dass dem nicht so sein würde. »Ich habe ein Versprechen gegeben,
    Frank. Bitten Sie mich nicht, es zu brechen.«
    »Ich fürchte, genau das muss ich tun.«
    »Sie bringen mich in eine unmögliche Lage.«
    »In unmöglichen Lagen sind Sie besonders gut«, erinnerte Frank ihn,
    ging zur Tür und legte die Hand auf die Klinke. »Sie stehen kurz davor , zum gleichwertigen Partner ernannt zu werden . Jake. Ich bin sicher . Sie wollen diese Berufung nicht gefährden. Reden Sie noch einmal mit Tom Maclean. Ich weiß, dass ihm sehr daran gelegen ist. Sie an der Seite seines Sohnes zu wissen.«
    »Frank-«, begann Jake, als dieser die Tür öffnete. »Es gibt etwas , worüber ich mit Ihnen sprechen muss.«
    Frank Richardson schloss die Tür unverzüglich wieder und deutete
    mit sorgenvoll zur Seite gelegtem Kopf an, dass er ganz Ohr war.
    »Es geht um meine Frau.« Jake zögerte und atmete langsam aus. »Sie
    ist sehr krank.«
    »Ich habe entsprechende Gerüchte gehört«, räumte Frank ein, und ein
    Hauch von Verlegenheit huschte über sein Gesicht und nistete sich in den tiefen Falten unter seinen durchdringenden braunen Augen ein.
    »Alkoholismus ist eine ernste Krankheit. Ihre Frau verdient Ihr
    Mitgefühl und Ihre Unterstützung. Aber Sie dürfen nicht zulassen, dass sie Sie mit nach unten zieht. Es gibt zahlreiche Kliniken, an die sie sich wenden kann.«
    »Sie stirbt, Frank«, stieß Jake wütend hervor.
    »Ich verstehe nicht.«
    »Sie hat kein Problem mit dem Trinken. Sie hat eine Krankheit
    namens amyotrophe Lateralsklerose. Die Lou-GehrigKrankheit.«
    »Gütiger Gott.«
    »Wir wissen nicht, wie lange sie noch –« Jake spürte , wie seine Stimme brach wie ein Abzug , der entsichert wurde, hörte, wie die Worte explodierten und aus seinem Mund schössen wie Granatsplitter, während in ihm ein Damm brach und Tränen über seine Wangen strömten wie
    Blutstropfen. Was war mit ihm los, verdammt noch mal? »Verzeihen
    Sie«, schluchzte Jake und sah den Ausdruck des Entsetzens in Frank Richardsons Blick, während er versuchte den unangemessenen
    Tränenfluss zu dämmen. Doch die Tränen strömten weiter und wollten
    nicht abebben, wie heftig er auch dagegen ankämpfte. »Ich

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