Zähl nicht die Stunden
weiß nicht, was mit mir los ist...« Hatte er gerade wirklich einen Zusammenbruch vor dem hochrangigsten Partner seiner Kanzlei?
Was war mit ihm los? Wo war seine Selbstkontrolle? Warum war er so
verdammt erschüttert?
Sicher, er und Mattie waren sich in den vergangenen Monaten näher
gekommen, seit er eingewilligt hatte, ihr den Liebhaber vorzuspielen.
Aber das war auch alles – reine Schauspielerei. Er versuchte lediglich, einer Sterbenden ihre letzten Monate so angenehm wie möglich zu
machen. Mein Gott, er liebte sie doch nicht wirklich. Was war mit ihm los? Was sollte dieser Zusammenbruch in der Öffentlichkeit? Warum
gefährdete er seine gesamte Karriere?
»Hören Sie, wegen der Konferenz im April –«, begann Jake.
»Ich bin sicher, wir werden eine Lösung finden, Jake, selbst wenn es bedeutet, die Partnerschaft um ein Jahr zu verschieben.«
»Ich bin sicher, dass ich meinen Terminplan umorganisieren kann.«
Jake räusperte sich und hüstelte in seine Hand. »Es gibt keinen Grund, warum Mattie und ich unsere Reise nicht auch im Mai oder Juni machen können.«
»Das wäre natürlich wunderbar«, stimmte Frank zu, und seine
Gesichtsmuskeln entspannten sich wieder , auch wenn sein Blick wachsam blieb , auf der Hut vor einem erneuten Ausbruch.
»Und ich setze mich mit Tom Maclean in Verbindung. Ich bin sicher , irgendwas lässt sich arrangieren.«
»Er erwartet Ihren Anruf« , sagte Frank , als hätte es nie einen Zweifel gegeben.
Jake atmete tief ein und zwang sich zu einem Lächeln. »Vielen Dank«, sagte er, obwohl er nicht genau wusste, wofür er sich bei dem älteren Mann bedankte. Wahrscheinlich dafür, dass er die Dinge wieder in die richtige Perspektive gerückt hatte, dachte er und trat auf den Flur.
»Vielen Dank, dass Sie Zeit für mich hatten«, sagte Frank. »Und bitte richten Sie Ihrer Frau meine herzlichsten Grüße
aus.«
»Scheiße , verdammter Mist , Scheiße!« , murmelte Jake vor sich hin, als er an seiner Sekretärin vorbei in sein Büro marschierte. Was zum Teufel sollte er jetzt machen? Wie sollte er Mattie erklären, dass die Reise abgesagt war, wenn auch nur vorübergehend. Gab es irgendetwas, was er vorbringen konnte, um diesen Schlag zu dämpfen? Was konnte er ihr
sagen? Dass er nichts dafür konnte? Dass es mildernde Umstände gab?
Dass nichts sie davon abhalten konnte , im Mai zu fliegen? Ein Monat würde doch bestimmt keinen so großen Unterschied machen. Mattie
würde die unmögliche Zwangslage, in die sie ihn brachte , gewiss verstehen. Sie hatte bestimmt nicht die Absicht gehabt, seine Karriere zu ruinieren. Aber genau das passierte. Und nur, weil er eingewilligt hatte, bei diesem andauernden Vortäuschen einer Ehe mitzuspielen, musste er doch nicht alles abschreiben , wofür er all die Jahre so hart gearbeitet hatte. Es wurde Zeit , die Dinge wieder in der richtigen Perspektive zu sehen und sein Leben wieder aufs Gleis zu setzen. So tun als ob ging eben nur so weit. Irgendwann musste man in die Realität zurückkehren.
Das würde Mattie einfach verstehen müssen.
»Cynthia Broome wartet –« , sagte seine Sekretärin und folgte Jake. »In Ihrem Büro«, fuhr sie fort, als die Frau, die auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch saß, aufblickte und ihn anlächelte.
Jake spürte, wie ihm der Atem stockte.
»Kann ich Ihnen noch eine Tasse Kaffee bringen, Miss Broome?«,
fragte die Sekretärin.
»Nein, vielen Dank.«
»Ich sitze im Vorzimmer, falls Sie Ihre Meinung ändern.« Jakes
Sekretärin trat eilig den Rückzug an und zog die Tür hinter sich zu.
Jake starrte die kleine Frau vor seinem großen Schreibtisch an,
während sie sich aus ihrem Stuhl erhob, das runde Gesicht von einem Wust roter Locken umrahmt, der Kragen ihrer weißen Seidenbluse halb
unter, halb über ihrer dunkelblauen Kostümjacke. Was machte sie hier?
»Planst du eine Reise?«, fragte Honey und wies auf die Prospekte auf Jakes Schreibtisch. »Vom Hotel Danielle habe ich schon gehört. Es soll überaus reizend sein.«
»Honey, was zum Teufel ist los? Was machst du hier?«
Honey errötete, ihr Gesicht strahlte gleichermaßen Verlegenheit,
Scham, Trotz und Hoffnung aus. »Ich wollte dich sehen. Das war die
einzige Möglichkeit, die mir eingefallen ist.«
»Und wer ist verdammt noch mal Cynthia Broome?«
»Sie ist die Heldin meines Romans.«
Jake lächelte und machte einen Schritt auf sie zu, zögerte jedoch , sie zu umarmen. »Entschuldige , dass ich die ganze Woche nicht
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