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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Temperament.«
    »Wenn also jetzt eine Frau mittleren Alters mit tollem Temperament
    und eine blutjunge schwüle Blondine mit tollem Busen hier
    hereinkämen, würden Sie dann Alter oder Schönheit wählen?« »Keines von beiden, da ich bereits mit einer der attraktivsten Frauen von Chicago am Tisch sitze.«
    Wider Willen musste Mattie lächeln. »Ich würde sagen, dass Frauen
    wie die im Reisebüro, von der ich Ihnen erzählt habe, sich deshalb unters Messer legen, weil sie glauben, gar keine Wahl zu haben. Sie müssen auf einem ständig schrumpfenden Markt von Männern, die noch zu haben
    sind, mit Frauen konkurrieren , die halb so alt sind wie sie.«
    »Vielleicht konkurrieren sie gar nicht mit anderen Frauen« , entgegnete Roy Crawford. »Vielleicht tun sie es gar nicht für die Männer.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Vielleicht konkurrieren sie mit sich selbst , mit dem Bild der Frau , die sie einmal waren. Vielleicht wollen sie einfach nicht alt werden.«
    »Es gibt Schlimmeres als das Altwerden«, sagte Mattie.
    »Und das wäre?« Lachend schob sich Crawford ein Stück Steak in den
    Mund.
    »Jung sterben«, sagte Mattie. Sie legte ihre Gabel aus der Hand, der Appetit war ihr plötzlich vergangen.
    »Leb aus dem Vollen , stirb jung und werd eine schöne Leiche« , sagte Roy Crawford. »So ähnlich lautet doch der Spruch?«
    »Wollen Sie so sterben?«
    »Ich? Sterben? Kommt nicht in Frage. Ich habe das ewige Leben.«
    »Holen Sie sich deshalb immer jüngere Frauen? Wollen Sie damit den
    Tod abwehren?«
    Roy Crawford starrte sie über den kleinen Tisch hinweg an , während er mit einer Hand unsichtbare Krümel vom blütenweißen Tischtuch
    fegte. »Sie hören sich ein bisschen an wie meine Ex-Frauen« , flüsterte er.
    »Warum betrügen Männer ihre Frauen?« , wechselte Mattie
    unvermittelt das Thema.
    Crawford lehnte sich zurück. »Ist das so etwas wie ein Test?« »Ein
    Test?«
    »Bekomme ich einen Preis für die richtige Antwort?«
    »Wissen Siedenn die richtige Antwort?«
    »Ich habe auf alles eine Antwort.«
    »Darum habe ich Sie gefragt.«
    Crawford trank einen Schluck Wein und beugte sich über den Tisch.
    »Haben Sie unter dieser hübschen Seidenbluse vielleicht ein
    Tonbandgerät versteckt?«
    »Wollen Sie mich durchsuchen?« Mattie klang bewusst
    herausfordernd.
    »Das ist ein interessanter Gedanke.«
    »Zuerst müssen Sie meine Frage beantworten.«
    »Die habe ich vergessen« , sagte Crawford, und sie lachten beide.
    »Warum betrügen Männer ihre Frauen?«
    Crawford zuckte mit den Schultern, lachte und sagte: »Sie kennen
    doch den alten Witz: Warum leckt der Hund seine Genitalien?«
    »Nein, den kenn ich nicht.« Mattie fragte sich, wo da die Verbindung war.
    »Weil er kann«, Crawford lachte wieder.
    »Sie sagen, Männer betrügen ihre Frauen, weil sie können? Ist das
    alles?«
    »Männer sind im Grunde einfache Geschöpfe«, erklärte Crawford.
    »Sind Sie deswegen jetzt mit mir hier?«
    »Ich bin hier, weil Sie mich zum Mittagessen eingeladen haben , um den Ankauf neuer Kunstgegenstände für meine Wohnung zu
    besprechen« , erinnerte er sie.
    »Für die , die Sie mit Miss Teemeland teilen.«
    »Sie ist sehr reif«, sagte Crawford mit einem verschmitzten
    Augenzwinkern.
    Mattie lächelte. »Und hat bestimmt eine Menge Temperament.«
    Crawford warf den Kopf zurück und lachte mit blitzend weißen Zähnen.
    »Das auch.«
    »Dann frage ich Sie noch einmal: Was tun Sie hier mit mir?«
    »Vielleicht sollte die Frage besser lauten: Was tun Sie hier mit w i r?«
    »Mein Mann hat eine Affäre mit einer anderen Frau« , sagte
    Mattie ruhig.
    Crawford nickte , das also war des Rätsels Lösung. »Sie wollen Gleiches mit Gleichem vergelten?«
    »Das ist ein Aspekt.«
    »Und der andere Aspekt?«
    Mattie ließ ihren Blick ziellos durch den abgedunkelten Raum
    schweifen und bemühte sich , nicht hinter jedem Frauengesicht die Züge ihrer Freundin Lisa zu sehen , nicht in jeder gedämpften Frauenstimme die grausamen Worte zu hören.
    »Vielleicht gibt es keinen anderen Aspekt.«
    Wieder lachte Crawford. »Nun, wenigstens vielen Dank für Ihre
    Aufrichtigkeit.«
    »Sie sind verärgert«, sagte Mattie.
    »Im Gegenteil. Ich fühle mich geschmeichelt. Natürlich hätte ich mich noch mehr geschmeichelt gefühlt, wenn Sie mir gesagt hätten , was für ein attraktiver Mann ich bin und dass Sie mich unwiderstehlich finden.
    Aber Rache ist gut. Ich bin bereit , mich mit Rache zu begnügen. Und wann? Was schwebt Ihnen

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