Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
Vom Netzwerk:
hatte Mattie wiederholt,
    während sie sich im Ankleidespiegel bewunderte. Darüber, wie sie das Ding bezahlen sollte, würde sie sich später den Kopf zerbrechen.
    Sie sollte auch daran denken , sich einen neuen Wagen zu kaufen. Sie konnte schließlich nicht auf Dauer in einem gemieteten Oldsmobile
    herumkurven. Früher oder später würde sie sich einen eigenen Wagen
    kaufen müssen , warum also nicht früher. Sie hatte sich noch nie ein Auto gekauft, das würde also eine ganz neue Erfahrung werden. Wunderbar , dachte Mattie. Es war an der Zeit , Neues auszuprobieren. Vielleicht würde sie sich einen Sportwagen kaufen, so einen schnittigen kleinen Ausländer in leuchtendem Tomatenrot. Oder vielleicht was
    Amerikanisches, wie eine Corvette. Ja, eine Corvette hatte sie sich schon immer gewünscht. Jake hatte ihn ihr mit der Begründung ausgeredet , dass so ein Wagen total unpraktisch wäre, besonders wenn sie Kim und ihre Freunde herumkutschieren müsse. Aber Take hatte zu ihren
    Entscheidungsprozessen nichts mehr beizutragen, und die meisten von
    Kims Freunden fuhren mittlerweile ihre eigenen Autos. Wenn es also
    überhaupt den rechten Zeitpunkt für einen knalligen roten Sportwagen gab, dann war er jetzt, und zum Teufel mit den Finanzen. Morgen früh würde sie ihren pinkfarbenen Angorapulli anziehen , ihre schwarze Hose , die grünen Wildlederschuhe und ihre Calvin-Klein-Lederjacke und
    losziehen, um sich eine funkelnagelneue Corvette zu kaufen. Vielleicht würde sie Roy Crawford bitten mitzukommen.
    »Also, was kann ich für Sie tun?« Vicki Reynolds sah endlich von
    ihrem Computer auf und strahlte Mattie mit einem beunruhigend
    faltenfreien Gesicht an, die Haut so stramm und straff, als wäre das Gesicht aus Stein.
    »Ich möchte ein Erste-Klasse-Ticket nach Paris«, sagte Mattie und
    bemühte sich redlich, die Frau nicht anzustarren.
    »Klingt gut«, sagte Vicki Reynolds mit geschäftig flatternden Händen und verzog die steifen Lippen zu einer Grimasse, die einem Lächeln nur entfernt ähnelte. »Wann möchten Sie fliegen?«
    Mattie ging die verschiedenen Möglichkeiten durch. Es war bereits
    Oktober , keinesfalls wollte sie Paris bei ihrem ersten Besuch im Winter erleben, wo sich vermutlich alles Grau in Grau zeigen würde. Im
    Sommer war es zu voll, da wimmelte es dort von Studenten und
    Touristen, und außerdem, was würde sie mit Kim tun? So gern sie ihre Tochter hatte, Paris, die Stadt der Liebe, wollte sie ohne Kind genießen.
    Sie wünschte sich ihren ersten Aufenthalt dort romantisch und
    unbeschwert. Vielleicht würde sie sogar Roy Crawford überreden, mit ihr zu fliegen.
    »Im April«, sagte sie mit Entschiedenheit. »April in Paris. Das ist doch perfekt.«
    »Gut, April in Paris«, stimmte Vicky Reynolds zu, ihr Lächeln eine starre gerade Linie, die nur an den Enden leicht zuckte, während Mattie sich auf ihrem Stuhl zurücklehnte und über das ganze Gesicht strahlte.
    »Und warum tun Frauen ihren Gesichtern solche grässliche Dinge an?« , fragte Roy Crawford bei seinem zweiten Glas teuren roten Burgunders.
    Sie saßen in einer intimen Ecke des kleinen Restaurants, dessen
    Dekor dem der meisten Steakhäuser glich: holzgetäfelte Wände, robustes Mobiliar , dunkel selbst mitten am Tag. Sie aßen saftige Steaks und gebackene Kartoffeln mit Sauerrahm , ein Genuss , den Mattie sich seit Jahren nicht mehr erlaubt hatte.
    »Warum Frauen solche Dinge tun?«, wiederholte Mattie ungläubig.
    »Das fragen ausgerechnet Sie?«
    »Was soll das heißen , ausgerechnet ich‹?« Roy Crawford strich sich über das üppige graue Haar und glättete ein nicht vorhandenes Fältchen in seiner blassblauen Seidenkrawatte.
    »Sie gehören doch zu denen , die ihre Frauen ständig gegen jüngere Modelle eintauschen. Sie leben mit einem Girlie zusammen.«
    »Das hat weniger mit ihrem Aussehen zu tun als mit ihrem
    Temperament. Sie sehen übrigens sehr schön aus , wenn ich das hinzufügen darf«, fuhr er ohne Pause fort.
    »Danke, aber –«
    »Wenn Sie mir nicht von dem Unfall erzählt hätten, hätte ich nichts
    davon gemerkt.«
    »Danke«, sagte Mattie ein zweites Mal und fragte sich, warum sie Roy Crawford dafür dankte, dass er so wenig aufmerksam war. »Aber Sie
    wollen doch nicht im Ernst behaupten, das Aussehen hätte nicht damit zu tun, dass Männer auf jüngere Frauen fliegen.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass das Aussehen nichts damit zu tun hat. Ich sagte, dass Aussehen weniger wichtig ist als

Weitere Kostenlose Bücher