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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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beachten.
    »Solange es angenehm ist«, antwortete Lisa.
    »Gut«, sagte Mattie. »Ich brauche nämlich ein bisschen Sex.«
    »Mattie –«, rief Jake und brach ab. Seine Arme fielen wie leblos herab.
    »Nicht mit dir«, sagte Mattie zu ihrem Mann. »Na, ist das nicht eine Erleichterung? Deine Dienste auf diesem Gebiet werden nicht länger
    benötigt. Du bist gerade noch rechtzeitig ausgestiegen. Kein Mensch
    kann dir vorwerfen , du wärst ein gewissenloser Schuft , der seine Frau genau in dem Moment sitzen lässt , wo er erfährt, dass sie eine tödliche Krankheit hat. Dein Timing ist wieder einmal perfekt.«
    »Und was tun wir jetzt?«, fragte er hilflos.
    »Ganz einfach« , sagte Mattie. »Du lebst. Ich sterbe. Also, könntest du mich jetzt vielleicht nach Hause fahren? Ich habe wirklich eine
    Verabredung.«
    Jake sagte nichts. Er öffnete die Tür des kleinen Raums und holte tief Atem.
    »Ich rufe dich an, sobald ich einen Termin habe«, sagte Lisa.
    »Keine Eile«, erwiderte Mattie und ging hinaus.
    11

    Auf der Heimfahrt sprachen sie kein Wort. Mattie war zu fassungslos
    und zu wütend , Jake zu fassungslos über ihre Wut , um etwas zu sagen.
    Stattdessen hörten sie Radio , lauter als Jake es normalerweise einstellte, lauter als Mattie es mochte , aber an diesem Tag war die Lautstärke gerade richtig. Die Rockmusik füllte den BMW wie Wasser ein langsam
    untergehendes Auto , drang durch ihre Öffnung ein , füllte rasch alle leeren Räume , überschwemmte alles. Der Lärm stopfte ihnen die Ohren und verschloss ihnen die Münder. Mattie hatte keine Ahnung, was die Sänger grölten , aber das störte sie nicht. Sie brauchte nicht zu wissen, was sie grölten, es reichte , dass sie grölten.
    Jake fuhr von der Old Orchard Road , wo Lisa ihre Praxis hatte, in südlicher Richtung auf den Edens Expressway. Er hielt das Lenkrad so fest umklammert , als fürchtete er , wenn er locker ließe , würde er ganz die Kontrolle verlieren. Mattie sah , wie straff sich die Haut über seinen Handknöcheln spannte, so straff , dass die Narbe , die über drei Knöchel verlief – eine Erinnerung an einen Unfall in der Kindheit, über den zu sprechen er stets abgelehnt hatte –, rot und verzerrt hervortrat. War er wegen der bestürzenden Nachricht, die Mattie soeben erhalten hatte, so angespannt oder weil er glaubte, sie zu einem Stelldichein mit einem anderen Mann zu fahren? Berührte ihn das eine oder das andere
    überhaupt?
    Mattie hatte vom Auto aus ihren Anrufbeantworter abgehört und auf
    diesem Weg erfahren, dass Roy Crawford sich etwa eine Stunde
    verspäten würde. Er hatte vorgeschlagen, sich mit ihr in einem Steakhaus zu treffen, das in der Oakton Road in Des Plaines war. Kein Problem, dachte Mattie – bis auf Jake, der darauf bestand , sie zu fahren.
    »Du kannst mich da drüben absetzen«, sagte Mattie plötzlich und wies auf das Old Orchard Einkaufszentrum , nicht weit vom Expressway an der Gold Road.
    Jake schaltete abrupt das Radio aus. Die Stille war so ohrenbetäubend wie vorher das Gegröle. »Warum dort?«
    »Ich hab noch ein bisschen Zeit totzuschlagen.« Mattie hätte beinahe gelacht über ihre Wortwahl. »Ich werde einfach noch eine Weile
    bummeln.«
    »Und wie kommst du dann ins Restaurant?«
    Hätte er sich nur so sehr um sie gesorgt, bevor er gegangen war!
    Dann wären sie jetzt vielleicht noch zusammen, dachte Mattie.
    »Jake, ich bin völlig in Ordnung.«
    »Nein, bist du nicht«, widersprach er, deutlich unsicher und verwirrt.
    »Aber ich habe noch ein ganzes Jahr, da brauchst du dir wirklich keine Sorgen um mich zu machen.«
    »Mein Gott, Mattie, darum geht ’ s doch nicht.«
    »Genau. Es geht darum, dass ich eine erwachsene Frau bin. Du bist
    nicht für mich verantwortlich. Ich glaube nicht, dass ich deine Erlaubnis brauche, um im Einkaufszentrum bummeln zu gehen.«
    Jake seufzte gereizt, schüttelte den Kopf und bog in die Golf Road ab.
    »Gehen wir doch irgendwo zusammen einen Kaffee trinken«, meinte
    er, es mit einer anderen Taktik versuchend.
    »Ich bin in einer Stunde zum Mittagessen verabredet«, erinnerte sie
    ihn.
    »Wir müssen miteinander reden.«
    »Ich will aber nicht reden.«
    »Mattie!« Jake manövrierte den Wagen in die erstbeste Parklücke
    zwischen einem roten Dodge und einem silbernen Toyota und schaltete
    den Motor aus. »Du hast gerade einen furchtbaren Schock erlitten. Wir haben beide einen fürchterlichen Schock erlitten.«
    »Ich habe gesagt, ich will nicht darüber

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