Zaehme mich
sie nach Hause. Sie bat ihn – sie bettelte ihn an –, mit hinaufzukommen. Als er nein sagte, brach sie erneut in Tränen aus und fragte ihn, ob sie zu ihm gehen sollten.
Oder konnten sie nicht draußen bleiben? Konnten sie nicht bitte …?
»Ich muss jetzt allein sein, Sarah. Dieser Abend ist nicht gut verlaufen. Überhaupt nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte.«
»Daniel, bitte, bitte, geh nicht einfach so weg von mir.
Ich bin so durcheinander …«
Daniel stieg aus, ging zu ihr hinüber und zerrte sie am Arm aus dem Auto. Sarah klammerte sich an ihn und versuchte ihn zu küssen, sabberte aber dabei nur sein regloses Kinn voll. Er stieß sie von sich, so heftig, dass sie vier oder fünf Schritte nach hinten stolperte. Als sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte, glitt er bereits auf den Fahrersitz.
Dann fuhr er weg und ließ Sarah zitternd und blutend mitten auf der Straße stehen. Genauso, wie er es vor vielen Jahren gemacht hatte.
2
Jamie war sich darüber klar, dass er Sarah mit Samthandschuhen anfassen musste. Vor zwei Tagen hatte sie ihm praktisch ihre Liebe gestanden, und in seinem Hochgefühl hatte er sie zu stark bedrängt. Da war sie ausgerastet und hatte alles zurückgenommen. Er durfte nicht vergessen, dass Sarah nie eine Bindung eingegangen war, dass sie eine Riesenangst davor hatte, ihre schwer erkämpfte Unabhängigkeit zu verlieren, und dass Bessere als er es nicht geschafft hatten, sie für sich zu gewinnen.
Jamie wartete schon seit so vielen Jahren auf sie, und jetzt, so kurz vor dem Ziel, war es entscheidend, dass er seine Freude im Zaum hielt und ihr die Initiative überließ.
Er beschloss, sie einige Tage in Ruhe zu lassen, um ihr nicht den Eindruck zu vermitteln, dass er an ihr klebte. Die Klugheit dieser entspannten Vorgehensweise bestätigte sich, als sie ihn am zweiten Tag in der Arbeit anrief und ihn bat, zu ihr zu kommen. »Tut mir Leid, dass wir uns gestritten haben«, sagte sie, »ich brauch dich wirklich.«
Mit einiger Mühe gelang es ihm, sich sein Lächeln so lange zu verkneifen, bis er seinen Chef davon überzeugt hatte, dass er grausame Kopfschmerzen hatte und dringend nach Hause musste.
Sobald Sarah die Tür aufmachte, wusste er, dass irgendwas nicht mit ihr stimmte. Er wusste es, weil ihr Gesicht rot war, und Sarahs Gesicht war nie rot. Es sei eben ein heißer Tag, meinte sie.
»Es ist nicht heiß, Sarah.« Jamie legte ihr die Hand auf die Stirn. Sie glühte. »Du wirst anscheinend krank. Fühlst du dich nicht wohl?«
»Ich fühle mich gut. Warum hast du mich noch nicht geküsst?«
Als er sie küsste, wurde auch Jamie heiß. Er zog sein Hemd aus, dann ihres. Ihr Bauch und ihr Rücken waren genauso heiß wie ihre Stirn. »Warum bist du nicht in der Uni? Du bist krank, oder?« Die einzige Antwort, die er bekam, war ihre Zunge in seinem Ohr. Auf dem Weg ins Schlafzimmer knöpfte er sich die Jeans auf und nahm ihr den BH ab. Er schleuderte die Hose von sich, während er ihre Brüste küsste, legte sich mit ihr aufs Bett und zog am Bund ihrer Trainingshose.
»Warte.« Sie setzte sich auf. »Mach das Licht aus.«
»Was? Wieso?« Es fiel ihm ohnehin nicht leicht, mit Sarah zu schlafen. Erst einmal musste er vergessen, dass er sehr wahrscheinlich der schlechteste Liebhaber war, den sie je gehabt hatte, und dann musste er auch noch vergessen, dass er Frau und Tochter hatte. Diesen fortgeschrittenen Zustand der Verdrängung erreichte er nur, wenn er sich voll darauf konzentrierte, wie sie sich anfühlte, wie sie roch und wie sie aussah. Ganz in Sarahs körperlicher Gegenwart aufzugehen war für ihn so erregend, dass ihm selbst die Angst vor dem Versagen und heftige Gewissensbisse nichts mehr anhaben konnten. Da stand er nun, hart wie ein Hammer, und wollte loslegen, und sie durchbrach einfach die Mauer, mit der er seine Zweifel so mühsam ausgesperrt hatte.
»Ist doch gemütlicher, wenn das Licht aus ist«, sagte sie.
Sie klang schon fast wie Shelley. Das war nicht gut.
Wenn er an Shelley dachte, konnte er das nicht durchziehen. Er musste die Sache am Laufen halten, sonst überwältigten ihn seine Schuldgefühle, und es würde nicht klappen. Jamie machte die zwei Schritte zum Lichtschalter und sagte sich, dass er schon wieder in Stimmung kommen würde, sobald sie im Bett lagen. Außerdem fiel durch das Fenster über dem Bett genügend Licht herein, um sie zu sehen. Doch gerade als er das Licht ausschaltete, zog Sarah die Jalousie herunter. Im Zimmer war es
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