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Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Titel: Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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in ihrem Leben lebendiger, entflammter gefühlt hatte? Wohl kaum. Darauf bedacht, Soras allwissendem Blick auszuweichen, wandte Kiyoko den Kopf ab und blickte aus dem Fenster. »Ja. Er hat mich ja kaum berührt.«
    Die Limousine verlangsamte die Fahrt.
    Die Kreuzung vor ihnen war von Hunderten Demonstranten blockiert. Sie trugen Schilder, deren Aufschriften Gier und Missmanagement für den Konkurs einer einheimischen Nahrungsmittelfirma verantwortlich machten. Dies waren schwarze Tage. Aus ähnlichen Gründen gingen Unternehmen in ganz Japan zugrunde – eine äußerst schmerzvolle Entwicklung für ein Land, in dem viele Menschen ihr gesamtes Arbeitsleben bei ein und demselben Arbeitgeber verbrachten.
    Der Fahrer ließ die Trennscheibe hinunterfahren und warf ihnen im Rückspiegel einen Blick zu. »Der direkte Weg zum Anwesen ist versperrt. Wir müssen einen Umweg nehmen.«
    Watanabe nickte. »Tun Sie, was Sie tun müssen.«
    Die gläserne Trennscheibe glitt wieder nach oben, und der Wagen bog nach rechts ab, um den Demonstranten auszuweichen.
    »Ich vermute, dass wir in diesem Restaurant in Zukunft nicht mehr so leicht eine Reservierung bekommen werden«, sagte Sora amüsiert. »Falls der Lärm Rückschlüsse auf den Schaden zulässt, den Mr Murdoch angerichtet hat, wird er eine beträchtliche Rechnung zu begleichen haben, wenn er fertig ist.«
    »Nicht weniger als das hat er verdient«, entgegnete Ryuji scharf und lehnte sich in seinem Sitz zurück. »Ich hoffe, die Polizei sperrt diesen Irren weg.«
    »Er schien doch zunächst recht vernünftig«, wandte Sora nachdenklich ein. »Ungeduldig, ja. Aber doch nicht wie ein tobendes Tier. Es sah fast so aus, als hätte ihn erst die Berührung von Kiyoko-san entfesselt.«
    Kiyoko schaute zu ihm hinüber und bereute es sofort.
    Sein Blick war ruhig.
Wissend.
    Sie errötete noch mehr. »Bestimmt nicht. Das war doch nur ein flüchtiger Moment.«
    In Wirklichkeit hegte sie keinerlei Zweifel daran, dass der Auslöser für den gewaltigen Ausbruch des Mannes die Berührung ihrer Hände gewesen war. Sie hatte wie eine Explosion gewirkt, auf einer sowohl sinnlichen als auch energetischen Ebene. Der Grund dafür war ihr jedoch ein Rätsel. Wenn dieser Mann besessen war, hatte es sich jedenfalls nicht in seiner Aura gezeigt. Es gab keine vergiftete Mischung aus Grau und Schwarz. Darüber hinaus hätte selbst die Anwesenheit eines Dämons ihre eigene Reaktion nicht erklären können. Sie hatte im Laufe ihrer Mission schon andere Besessene berührt, und keiner hatte ihr jemals einen Stromschlag wie diesen verpasst.
    »Es steht ja wohl außer Frage«, sagte Ryuji, »dass es keinerlei Kontakte mehr zu Mr Murdoch geben darf. Wenn er morgen wieder ins Büro kommt, lasse ich ihn vom Sicherheitsdienst aus dem Gebäude entfernen.«
    Kiyoko antwortete nicht.
    Ihr Blick blieb auf die vorüberziehende Landschaft gerichtet. Ein besänftigender Frieden kam über sie, während die Lichter Sapporos allmählich der Silhouette der Hügel vor den Toren der Stadt wichen.
    Murdoch abzuweisen, fiel ihr nicht so leicht wie dem Generaldirektor ihres Unternehmens. Der Nachhall seiner kurzen Berührung brauste noch immer durch ihre Adern. Zu ihrer nervösen Erregung kam der kräftige Rhythmus, in dem ihr Herz schlug. Ihre Aura war einmal mehr von einem hellen Königsblau, und sanfte Wellen einer Vorahnung plätscherten in ihrem Unterbewusstsein. Nach Monaten des Leidens konnte sie nun fast wieder daran glauben, dass sie geheilt war. Wenn ihr nur nicht die Kraft entströmt wäre, um still in der Nacht zu versickern wie die wunderbaren Wellen ihrer Lust.
    Doch schuld an ihrer Unruhe war nicht nur seine Berührung.
    Schon bevor er die Hand nach ihr ausgestreckt hatte, war ihr Puls gerast. Ihn per Videokamera zu beobachten, hatte sie nicht auf die wuchtige Wirkung seiner körperlichen Anwesenheit vorbereitet. Er hatte mit achtloser Ungezwungenheit den öffentlichen Teil des Restaurants beherrscht, und seine Größe wie auch der Widerstand, den er leistete, hatten dem Begriff »Alphamännchen« durchaus alle Ehre gemacht. Und sie war hilflos seinem Zauber erlegen. Überraschend, gelinde gesagt. Vor diesem Abend hätte sie, nach ihrem Traummann befragt, sein Aussehen eher mit Zügen beschrieben, die an Ryujis vornehmes Gesicht und seine intelligenten braunen Augen erinnerten. Muskelpakete, ein kantiger Kiefer und Augen von der rostigen Farbe des Herbstlaubs hatten sie noch nie gereizt.
    Und doch war das Ziehen

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