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Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Titel: Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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soll aus dem Wohnwagen geschlichen sein und das Paket an sich genommen haben, während du auf Leben und Tod mit einem Dämon gekämpft hast?«, fragte sie entrüstet.
    »So sieht’s aus.«
    »Was, zum Henker, ist nur in diesen Burschen gefahren?«, überlegte Webster mit Blick auf MacGregor. »Er lässt sich völlig gehen. Kannst du ihn nicht zur Vernunft bringen?«
    Lena und Kiyoko betraten das Haus. Beide trugen einen
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und hatten verschwitztes Haar. Kiyoko setzte eine Wasserflasche an die Lippen. Dann legte sie den Kopf zurück, so dass ihre Kehle bei jedem Schluck auf und ab hüpfte. Murdoch konnte den Blick nicht von ihr wenden.
    MacGregor stand auf. »Ich kann’s versuchen. Aber jetzt habe ich eine Verabredung mit einem undichten Säugling und einer Windel.«
    Lena schnaubte und griff nach einem Chickenwing. »Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der so begeistert war, sich mit Hausarbeit die Finger schmutzig zu machen.«
    »Gute Männer machen auch die Drecksarbeit gut.« Er lächelte sie an. »Ich führe euch Katie morgen früh vor.«
    Die normalerweise resolute Miene der Seelenwächterin wurde etwas weicher. »Ein Baby in einem Haus voller Krieger. Könnte interessant werden.«
    »Ich komme nach, sobald ich die Küche aufgeräumt habe«, sagte Emily zu ihrem Stiefvater.
    MacGregor nickte und ging.
    Lena hatte einen wehmütigen Ausdruck im Gesicht. Webster zog sie an seine Brust. Er sagte nichts, hielt sie nur fest – und zeigte damit mehr Anteilnahme, als Murdoch ihm zugetraut hätte.
    »Ich gehe ins Bett«, verkündete Kiyoko von der Tür her. »Es war ein langer Tag.«
    Murdoch kam auf die Füße. »Ich bringe dich nach oben.«
    »Das ist wohl kaum nötig«, sagte sie.
    »Doch, das ist nötig«, widersprach er trocken. »Ich muss dir nämlich etwas über Ryuji Watanabe erzählen.«
     
    Kiyoko verbrachte den größten Teil des Sonntags am Telefon. Sie besprach sich mit dem Firmenvorstand, um nach Ryujis Verschwinden geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die »offizielle« Version lautete, dass er zu einer Radtour aufgebrochen und nicht wieder zurückgekehrt war. Sie hatte sogar die Polizei angerufen, um die Geschichte zu stützen.
    Der Polizeibeamte hatte sie dafür gerügt, dass sie ihn hatten allein fahren lassen, aber er hatte ihnen ihre Schilderung geglaubt.
    Die Firma hatte zwar einen Nachfolgeplan in der Schublade, doch innerhalb weniger Monate zwei Führungspersönlichkeiten zu verlieren war ein schwerer Schlag. Die Alternativen für den Posten des Interimsdirektors waren nicht berauschend. Am Ende fiel die Wahl des Vorstands auf den Leiter der Fertigungsabteilung, einen zuverlässigen Mann mit gutem Ruf. Aber er war eben nicht Ryuji Watanabe. Die Aussichten wären besser gewesen, wenn der Vorstand einen dauerhaften Ersatz gesucht hätte. Angesichts der jüngsten Flut an Firmenpleiten gab es eine ganze Reihe von potenziellen Anwärtern, die man hätte anwerben können. Doch man hegte noch die Hoffnung, dass Ryuji wiederauftauchen würde, und im Vertrauen auf diese Möglichkeit handelte der Vorstand entsprechend.
    Als Kiyoko den Hörer endlich auflegte, wimmelte der Garten vor dem Ranchhaus vor geschäftigem Treiben. Neue Schüler mischten sich unter die alten, Taschen und Koffer lagen auf dem Rasen verstreut, und die Abgase von Busmotoren erfüllten die Luft. Murdoch schüttelte Quinn und den anderen die Hand, dann trommelte er die Neuankömmlinge mit einem autoritären Befehl zusammen. Die Gruppe war größer als die letzte. Sie bestand aus dreiundsechzig Männern und neun Frauen.
    »Hast du es ihm schon gesagt?«, fragte Sora, während sie dabei zuschauten, wie Quinns Van Richtung Flughafen davonfuhr. Der großspurige Ire winkte Kiyoko von der Rückbank aus zu.
    »Nein.«
    »Hast du es überhaupt vor?«
    Sie lehnte sich gegen den Stützbalken der Veranda und blickte in den dämmernden Himmel hinauf. »Er wird nicht begeistert sein.«
    »Vielleicht nicht. Aber wir brauchen seine Hilfe.«
    »Ja, die brauchen wir.« Der einzige Stern, den man zu dieser frühen Abendstunde schon sehen konnte, war Polaris. Ein einsames Blinken am Himmel. »Glauben Sie, dass Ryuji Watanabe von Anfang an Theater gespielt hat? Dass er meinen Vater vom ersten Tag an getäuscht hat?«
    Soras Blick folgte dem ihren. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Dämon genug Geduld haben könnte, ein Jahr lang eine Rolle zu spielen«, erwiderte er.
    Kiyoko war derselben Meinung. Das bedeutete, dass ein guter Mann ermordet

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