Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman
vernebelten Burschen waren nicht zu verwechseln. Aber gefallene Engel? Die waren ein Mysterium.
Der Erzengel neigte den Kopf. »Was siehst du, wenn du mich anschaust?«
»Einen normalen Menschen. Mal abgesehen von dem strahlendweißen Rand um deinen goldfarbenen Kern.«
»Asasel muss ganz ähnlich aussehen, nur wird sein Rand wahrscheinlich nicht weiß sein. Eher schwarz oder dunkelviolett vielleicht.« Das Tor kreischte und begann, langsam aufzuschwingen. »Du kannst jede Seele auf der mittleren Ebene sehen, Emily. Halt die Augen offen, und wenn du ihn entdeckst, ruf mich. Nimm es bloß nicht allein mit ihm auf. Verstanden?«
»Kapiert.« Sich den Angriff auf einen sehr mächtigen gefallenen Engel verkneifen? Gar kein Problem. »Soll ich Lachlan und Brian warnen?«
Uriel nickte. »Das wäre klug.«
Der schwarze Audi bog um die Ecke und näherte sich dem Tor.
»Ich muss jetzt gehen«, sagte Uriel. »Bitte sei vorsichtig.«
Und mit einem blauen Blitz in der Nacht war er fort.
Der Wagen kam neben Emily zum Stehen, und das Fenster der Fahrertür glitt hinunter. Lachlan schaute stirnrunzelnd heraus. »Belästigt Michael dich etwa schon wieder?«
»Nein, das war Uriel.« Emily zog die Fondtür auf und stieg ein. Katies rotes, zerknautschtes Gesicht lugte aus einer Wolke aus pinkfarbenen Decken hervor. Ihre Mutter saß auf der anderen Seite. Sie wirkte müde, aber glücklich. »Ich erzähl’s euch später. Jetzt muss ich erst mal mein Schwesterchen küssen.«
Murdoch holte Watanabe ein, als er aus dem Wäldchen trat.
Der Dämon war den physischen Beschränkungen seiner menschlichen Gestalt unterworfen. Nicht so Murdoch. Ein Seelenwächter war ein spirituelles Wesen der mittleren Ebene, das eine ganze Reihe von Fähigkeiten besaß, magische und nicht magische. Übernatürliche Schnelligkeit, feinster Geruchsinn, enorme Kraft und exzellente Nachtsicht gehörten dazu, eben alles, was ihm half, Seelen zu finden und zu holen.
Oder Dämonen auf der Flucht.
Noch im Laufen hieb er nach Watanabe.
Und verfehlte ihn. Der Dämon ließ sich zu Boden fallen und rollte sich ab. Dabei entging er nur knapp Blutsuchers rasiermesserscharfer Klinge. Als er wieder auf die Füße kam, riss er seinen schwarzen Pullover mitten entzwei und breitete zwei gewaltige schwarze Schwingen aus. Zwei Hörner wuchsen ihm aus der Stirn, und die Haut von Oberkörper und Armen begann, dunkelviolett zu glühen, während zahlreiche Male auf seinem bleichen Fleisch erschienen.
Schwarze Federn.
Bedeutete das etwa …?
Ein schwarzer Blitz schoss aus dem Nachthimmel herab und durchbohrte Murdochs linke Wade. Heftiger Schmerz durchfuhr ihn, und sein Bein versagte ihm den Dienst, so dass er beinahe zu Boden ging. Aber in dem Sekundenbruchteil, als der Blitz ihn traf, zerriss der Berserker die Leine, die ihn zurückhielt, und flutete Murdochs Körper mit heißer, befriedigender Raserei. Seine Muskeln spannten sich an, seine Haut straffte sich, und durch sein Herz wälzte sich in schweren, stärkenden Stößen das Blut. Der Schmerz wurde ausgeblendet, war vollkommen vergessen. Die Bestie übernahm die Kontrolle und erkor sich die Vernichtung des Dämons zum einzigen Ziel.
Blutsucher zischte durch die Luft und fraß sich durch alles, was sich ihm in den Weg stellte, auch durch die Spitze einer glänzenden schwarzen Schwinge. Federn flogen, und der Dämon brüllte vor Empörung. Die Kreatur schleuderte einen zweiten Blitz, doch er verfehlte sein Ziel, zurückgeworfen von dem Schild, der zu dem Berserker gehörte wie seine Haut.
Der Berserker holte erneut aus und durchbohrte den Oberschenkel des Dämons.
Das Höllengeschöpf fauchte zornig und erhob sich mit einem mächtigen Schlag seiner riesigen dunklen Flügel in die Luft. Von dieser erhöhten Warte aus feuerte er Blitz auf Blitz ab, um Murdochs Schild zu zermürben, während er selbst außer Reichweite blieb.
Der Berserker war nicht in der Lage, dem geflügelten Dämon Schaden zuzufügen. Kein Sprung, keine Finte, keine plötzliche Richtungsänderung halfen ihm, einen Treffer zu landen. Sein Schwert hieb durch die Luft. Frustriertes Knurren stieg aus seiner Kehle auf, während er es wieder und wieder versuchte.
Er musste für Chancengleichheit sorgen.
Der Dämon musste wieder auf den Boden kommen.
Doch trotz Murdochs geflüsterter Ratschläge gelang es dem Berserker nicht, diese Ausgeburt der Hölle in die Reichweite seines Schwertes zu locken. Alles, was er tun konnte, war, den Blitzen
Weitere Kostenlose Bücher