Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman
des Babys vorbei, hörte sie, wie ihre Mutter im Takt mit dem rhythmischen Geräusch des Schaukelstuhls Katie etwas vorsummte.
Mann, dieses Baby hatte vielleicht einen Zug.
Alle zwei Stunden. Durchgehend.
Emily umklammerte das Geländer, um die knarrende Stelle auf der siebten Stufe zu vermeiden, und gelangte lautlos bis zur Haustür. Warum die anderen stören? Sie griff nach dem Messingknauf und zog daran.
Doch die Tür öffnete sich nicht.
Sie blickte auf. Eine große Männerhand hielt sie zu. Lachlan. Er war verdammt gut im Anpirschen. Sie hätte ihre Antennen ausfahren sollen.
»Wohin gehst du?«, fragte er ruhig.
»Zu den Tennisplätzen. Ich muss mit Uriel sprechen.«
Er runzelte die Stirn und blickte dann die Treppe hinauf. »Gibt es ein Problem?«
»Ich bin mir nicht sicher. Die gruseligen Stimmen aus der Zwischenwelt sind wieder da.«
»Die, die dir von Asasel erzählt haben?«
Sie nickte.
»Du solltest nicht allein gehen. Ich komme mit.«
Emily löste seine Hand von der Tür. »Äh, ich bin doch ein unsterbliches Mädchen, schon vergessen? Ich finde, du solltest hier bei Mom und der Kleinen bleiben.«
Er erstarrte.
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, fügte sie hastig hinzu. Ihr Blick wanderte rasch über das Gelände vor dem Haus. »Kein Alarm, ehrlich. Ich will nur herausfinden, was die Stimmen zu bedeuten haben.«
»Okay.« Sein Blick bohrte sich im Dunkeln in den ihren. »Aber wenn du in einer halben Stunde nicht wieder zurück bist, komme ich nach.«
»Abgemacht.« Sie öffnete die Tür, trat auf die Veranda und blieb dann stehen. »Sag Mom nichts. Sie sieht immer gleich schwarz und wird aufbleiben wollen, anstatt sich ein bisschen Schlaf zu gönnen.«
»Einverstanden.« Er schloss die Tür hinter ihr.
Die Nachtluft war ziemlich kalt, und Emily wünschte, sie hätte einen Pullover übergezogen. Ihr Baumwollpyjama schützte sie kaum gegen die Kälte. Sie lief, so schnell die Pantoffeln es erlaubten, und ignorierte ihre Gänsehaut. In Stefans Wohnwagen brannte noch Licht, und sie wurde neugierig. Aber nicht neugierig genug, um stehen zu bleiben.
Als sie den Krater oben auf dem Hügel erreichte, wartete Uriel bereits auf sie. So lässig-abgeklärt wie immer.
»Bist du etwa nicht auf der Jagd nach bösen Jungs?«, wollte sie schnaufend wissen. Es hatte keinen Zweck zu fragen, woher er wusste, dass sie ihn sprechen wollte. Engel hatten die unangenehme Angewohnheit zu lauschen.
»Bin ich nicht deshalb hier?«
»Doch«, gab sie immer noch atemlos zu. Mensch, war sie außer Form. Höchste Zeit, wieder etwas Sport zu treiben. »Aber du bist glücklicherweise immer dann da, wenn ich dich brauche.«
Er lächelte. »Michael hat mich zu deinem Schutzengel bestellt.«
»Zu meinem was?«
»Ich habe die Aufgabe, auf dich aufzupassen.«
»Na toll!«, sagte sie. »Du bist mein Kindermädchen. Wie kuschelig.«
Er schickte ihr einen schelmischen Blick.
»Ja, ja, ich weiß. Ich bin zu sensibel. Das ist meine Schwäche.« Sie rieb sich die nackten Arme. »Apropos sensibel. Ich höre wieder diese Stimmen. Die aus der Zwischenwelt. Und ich muss sagen, sie klingen hysterischer denn je.«
Uriel zog seine Kapuzenjacke aus und reichte sie ihr. »Was sagen sie denn?«
Emily hüllte sich in den weichen, warmen Stoff und atmete den leichten Zitronengeruch ein. »Immer dasselbe. Asasel.«
Da Uriel schwieg, spähte Emily aus den Tiefen der flauschigen Baumwolle hervor. Ein Stirnrunzeln verzerrte sein schönes Gesicht.
»Ist das schlecht?«
»Vielleicht.«
»Warum?«
Er schaute sie an. »Wirken die Stimmen immer noch ängstlich?«
»Ja. Sie scheinen sich fast in die Hosen zu machen.«
»Was hätten sie noch zu fürchten, wenn Murdoch Asasel wirklich getötet hat?«
Emily starrte ihn an. »Willst du damit sagen, dass er noch am Leben ist? Dass er einen Schwerthieb mitten ins Herz überlebt hat?«
Mit einer Grimasse schob Uriel die Hände in die Hosentaschen. »Ich hätte es überlebt. Jeder Erzengel hätte es überlebt. Asasel ist ein gefallener Engel. Deshalb hat er es möglicherweise auch überlebt.«
»Aber wie?«
»Ich habe keine richtige körperliche Gestalt. Das Bild, das ich dir von mir zeige, ist nur eine Illusion, die die Kommunikation erleichtert.«
Sie rieb sich über das Gesicht. »Du kannst also nicht sterben?«
»O doch, ich kann schon sterben«, erwiderte er kläglich. »Gott könnte mich zerschmettern. Satan auch. Und ein Dämonlord im Vollbesitz seiner Kräfte könnte
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