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Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Titel: Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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wandte sich an Kiyoko. »Und du, Kiyoko-san, hast du dieselbe Energieexplosion wie beim ersten Mal gespürt?«
    Sie nickte nur, weil sie sich nicht zutraute, schon wieder sprechen zu können.
    Sora wäre nicht sehr erfreut, wenn er wüsste, wie sehr Murdoch sie durcheinanderbrachte. Man erwartete von ihr, dass sie jederzeit einen kühlen Kopf und ihr inneres Gleichgewicht behielt. Eine Onmyōji-Meisterin bebte nicht vor Verlangen, und sie war auch nicht drauf und dran, sich in die Arme ihres Gegners zu werfen. Wenn Sora von ihrem inneren Aufruhr wüsste, würde er vielleicht seine Ansicht über ihre Zukunft ändern, Prophezeiung hin oder her.
    »Faszinierend«, sagte ihr Mentor.
    »Okay, so interessant das Experiment auch gewesen sein mag«, sagte Murdoch, »deshalb bin ich nicht nach Japan gekommen.« Er hob seine Jacke vom Boden auf und drehte sich zu Kiyoko um. »Reden wir.«
    Sie sah ihn an. »Watanabe-san sagte, Sie seien an einer Reliquie interessiert. Etwas, das sich in der Sammlung meines Vaters befinden könnte.«
    »Das stimmt. Vor einiger Zeit, als Lena Sharpe Sie besuchte, spürte sie diesen Gegenstand in Ihrem Haus.«
    »In meinem Haus? Aber sämtliche Antiquitäten meines Vaters sind in der Lobby des Ashida-Corporation-Gebäudes ausgestellt.«
    Er nickte. »Ich habe sie gesehen.«
    »Und war die Reliquie, die Sie suchen, darunter?«
    »Nein.«
    Im Geiste ließ sie alle Kunstwerke in ihrem Haus Revue passieren, was ihr nicht allzu schwer fiel, da das Haus spartanisch eingerichtet war. »Beschreiben Sie sie mir bitte.«
    »Das kann ich nicht.«
    Sie lächelte. »Wenn Sie sie nicht beschreiben können, woher wissen Sie dann, dass sie nicht im Firmengebäude ist?«
    »Ich habe eine Art Wünschelrute.«
    »Eine was?«
    Er griff in seine Jackentasche und zog einen facettierten Kristall heraus, der an einer dünnen Silberkette hing. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er ihn gegen das Licht. »Eine Art Wünschelrute. Sie sagt es mir, wenn ich in der Nähe des Gegenstands bin, den ich suche.«
    »Und pendelt sie im oder gegen den Uhrzeigersinn?«, fragte Kiyoko lachend. »Das wird nicht funktionieren, Mr Murdoch. Das ist doch Scharlatanerie!«
    Er hob eine Augenbraue. »Sie pendelt nicht, sie vibriert. Und ich kann Ihnen versichern: Der Typ, der mir dieses Schmuckstück gegeben hat, ist alles andere als ein Scharlatan. Er ist ein sehr mächtiger Magier.«
    Kiyoko wollte noch etwas sagen, doch Sora legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm.
    »Ich habe solche Gegenstände schon selbst gesehen«, sagte der alte Meister. »Aber wie konnte Ihr Magier dem Kristall sagen, wonach er suchen soll, wenn Sie doch bereits zugegeben haben, dass Sie nicht wissen, worum es sich dabei handelt?«
    »Das Objekt besitzt eine dunkle Kraft. Wir hatten schon mit anderen Reliquien ähnlicher Natur zu tun. Deshalb hat Stefan diese Wünschelrute so geeicht, dass sie nach innerer Dunkelheit sucht.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass sich mein Vater ein Teufelswerkzeug ins Haus geholt hat?«, fragte Kiyoko, entsetzt von dem bloßen Gedanken daran. »Das hätte er niemals getan. Er war mit Leib und Seele Onmyōji.«
    »Vielleicht hat er es sicher verwahrt«, erwiderte Murdoch leise. »Jede der anderen Reliquien hat einen Hüter, dessen Aufgabe es ist, sie nicht in die falschen Hände geraten zu lassen.«
    Die Flut der Empörung in ihrer Brust wich. Beschützer. Ja, das klang ganz nach ihrem Vater. Sie deutete auf den Kristall am Ende der Silberkette. »Vibriert er jetzt?«
    »Nein.«
    »Dann kann man wohl mit Sicherheit sagen, dass das Ding nicht hier auf dem Gelände des Dōjō ist.«
    Er nickte. »Aber Sie leben auch nicht hier.«
    Vor Kiyokos geistigem Auge tauchte plötzlich ein Bild auf: Murdoch in ihrem Haus, seine große Gestalt, die den Raum fast ganz füllte. Es jagte ihr einen sonderbaren kleinen Schauer die Wirbelsäule hinunter. »Laden Sie sich etwa gerade selbst bei mir ein, Mr Murdoch?«
    Er lächelte. »Nein. Aber ich hatte eigentlich gehofft, dass Sie es so einrichten, mir noch ein Glas Bier anzubieten, bevor Sie mich hinauswerfen lassen.«
    »Es ist noch ziemlich früh für ein Bier.«
    »Aye, das könnte man sagen«, stimmte ihr Murdoch zu. Er steckte den Kristall wieder ein. »Aber ich bin ein wenig auf Entzug. Schieben wir’s einfach auf den Jetlag, was meinen Sie?«
    Sora ging lächelnd auf den Ausgang zu. Kiyoko folgte ihm und schlüpfte an der Tür wieder in ihre
zōri.
Die traditionellen Reisstrohsandalen

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