Zaertliche Brandung - Roman
wurde sie ganz ernst. Wenn man bei Märchen bleiben wollte, so war Abram Sinclair die gute
Fee direkt aus der Hölle – und Sam war keineswegs ihr Märchenprinz!
Nachdem er so lange unter einem heißen Duschstrahl gestanden hatte, bis das Wasser kalt wurde, fühlte Sam sich wieder wie ein Mensch. Vor allem hoffte er, dass der Kaffee, den er roch, sein Gedächtnis wieder in Schwung bringen würde. Er schämte sich zutiefst, dass er sich am Abend zuvor so betrunken hatte, vor allem aber bereitete ihm Sorgen, was er in seinem Suff gesagt haben mochte.
»Bitte, lieber Gott, gib, dass ich Willa keinen Antrag gemacht habe«, flüsterte er, »wenn aber doch, dann soll sie einen so gewaltigen Kater haben, dass sie sich an nichts erinnert.«
Sam blieb an der Küchentür stehen und öffnete sie leise einen Spalt breit. Ben und Jesse saßen am Personaltisch, in den Händen Tassen mit dampfendem Kaffee, und starrten ins Leere. Peg stellte eben eine Platte mit trockenem Toast auf den Tisch, und Emerson hockte auf einem Hocker vor seinem Schreibtisch und kritzelte in seinem Journal.
Emerson machte sich mehr Notizen als ein Wissenschaftler bei einem Versuch. Sam argwöhnte, dass er seine Tätigkeit nicht so sehr als Arbeit ansah, sondern als soziales Experiment mit seinen Brotgebern. Oder aber er plante, im Ruhestand eine Enthüllungsstory zu schreiben.
»Die Luft ist rein, komm ruhig herein«, sagte Ben in einem Ton, der so elend war wie er aussah.
»Willa ist noch nicht heruntergekommen.«
Sam betrat den Raum, dessen Dimensionen an eine Restaurantküche erinnerten, und setzte sich an den Tisch. Das Personal hatte für die nächsten Tage frei bekommen; Peg, Emerson und Ronald aber wohnten auf Rosebriar.
Peg stellte sofort eine Tasse Kaffee vor ihn hin – schwarz, heiß und weniger stark nach Ahornsirup duftend, als er es für gewöhnlich mochte.
»Danke«, sagte er, umfasste das Gefäß mit beiden Händen und blies auf die Oberfläche. Dann fiel sein Blick auf den Toast.
»Gibt es Ahornsirup?«, fragte er, als Peg an die Insel aus rostfreiem Stahl trat, die die ganze Länge der Küche einnahm.
»Wenn Sie den Toast mit süßem Zeug vollschmieren, werden Sie sofort erbrechen.« Peg griff nach einem Zettel, warf rasch einen Blick darauf, dann suchte sie im unteren Teil der Kochinsel nach ein paar Gewürztiegeln, die sie in einem Karton auf der Theke verstaute.
»Deshalb habe ich auch nur einen Tropfen Sirup in Ihren Kaffee getan. Ein ganzer Laib trockener Toast wäre nötig, um den Brandy aufzusaugen, der gestern vertilgt wurde.«
»Was machen Sie da?«, fragte Sam und griff nach ein paar Toastscheiben, als sein Magen knurrte.
»Ich packe Vorräte ein, die ich mitnehmen möchte.«
Jesse und Ben erwachten aus ihrer Starre und sahen sie finster an.
»Hm, Peg«, sagte Ben, »Sie sollen noch die nächsten drei Monate für uns arbeiten, ehe Sie das Cottage beziehen.«
Sie drehte sich um und sah die Männer am Tisch an.
»Ich werde arbeiten, aber nicht hier. Mir bleiben nur vier, vielleicht fünf Tage, um nach Maine zu fahren und mich mit meiner neuen Umgebung vertraut zu machen.«
»Maine?«, fragte Jesse entgeistert, »wovon reden Sie da?«
»Miss Kent wurde meine Chefin, als sie Rosebriar geerbt hat«, sagte Peg, tat ein paar Päckchen in die Box, hob dann die Box und stellte sie neben die zur Garage führende Tür. Mit einer leeren Box in der Hand ging sie zurück zur Kücheninsel und kontrolliert ihre Liste.
»Sie gehen mit Willa nach Maine?«, fragte Sam, der so verwirrt wie erstaunt war.
»Wer wird sich dann um uns kümmern?«, fragte Jesse, ehe Peg antworten konnte.
Sie lächelte.
»Arme Babys«, antwortete sie mit spöttisch-mitfühlendem Unterton.
»Das Küchenpersonal wird euch bekochen, außerdem nehme ich niemand vom Hauspersonal mit, also
braucht ihr nicht zu befürchten, dass Staubflusen eure Träume stören. Emerson hat hier alles unter Kontrolle. Willa hat gesagt, ihr Haus wäre zu klein für noch mehr Leute, deshalb fahre ich allein nach Maine.«
»Sie haben darüber mit Willa schon gesprochen? Wann denn?«, fragte Sam.
»Heute Morgen. Sie war richtig verlegen, als ich gesagt habe, ich wolle ihr den Haushalt führen, und hat versucht, es mir auszureden. Aber als ich aufgezählt habe, was ich alles kochen kann, und auch noch gesagt habe, ich hätte immer schon gern die Küste in Maine sehen wollen, hat sie schließlich nachgegeben.« Pegs Gesicht rötete sich ein wenig.
»Vielleicht war
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