Zaertliche Brandung - Roman
einmischt?«
An die Bank gelehnt blickte er grinsend zu ihr auf.
»Willa, mir geht es doch ebenso. Deine Heiratsmeute hätte von Bram noch etwas lernen können.« Er riss plötzlich die Augen auf.
»Verdammt, es würde mich nicht wundern, wenn er sich in den letzten sechs Wochen zum Anführer der Meute aufgeschwungen hätte. Deine Klatschtanten aus dem Café haben ihm womöglich bei der Abfassung des Testaments geholfen.«
Willa war über diese Möglichkeit so entsetzt, dass ihre Knie nachgaben und sie neben Sam auf dem Deck landete.
»Wenn ich es recht bedenke, hat Abram sich immer erst nach zehn Uhr morgens in der Werkstatt gezeigt«, sagte sie und starrte hinaus auf den Ozean.
»Und er hat nach Kaffee und Speck gerochen. Ehe er in den Betrieb gekommen ist, muss er im Café gefrühstückt haben.« Sie drehte sich zu Sam um.
»Was machen wir jetzt? Wenn wir gemeinsam in Keelstone Cove auftauchen, wird man mir das Leben zur Hölle machen. Wahrscheinlich kann ich jetzt gar nicht mehr nach Hause zurück! Wenn jemand von Abrams Testament erfährt, bin ich erledigt.«
Er zog sie zu sich und lehnte sich an die Bank.
»Wir könnten ja heiraten. Damit stopfen wir ihnen die Klatschmäuler.«
Ein Schaudern überlief sie.
Er lachte auf und drückte sie an sich.
»Dann stelle dich der Meute, Willa. Nimm schnurstracks Kurs auf Keelstone Cove, als würde der ganze Ort dir gehören – was du wahr machen könntest, wenn man bedenkt, was du jetzt netto wert bist.« Er schob ihr einen Finger unters Kinn, damit sie ihn ansehen musste.
»Niemand kann dich zwingen, etwas gegen deinen Willen zu tun, Willa. Deine Nachbarn nicht, Bram nicht und ich auch nicht.«
Sie sah ihn argwöhnisch an.
»Du wirst mich also nicht mehr mit Heiratsanträgen verfolgen und wirst mir stattdessen helfen, Abrams Testament anzufechten?«
»Ich habe nur gesagt, dass ich dich nicht zur Ehe zwingen kann. Ich habe nicht gesagt, dass ich dich nicht immer wieder fragen würde.«
»Aber warum?«, rief sie aus und rückte von ihm ab.
»Warum ziehst du eine Ehe mit mir überhaupt in Betracht? «
»Weil ich dich liebe.«
Sekundenlang starrte sie ihn sprachlos an, dann rappelte sie sich auf.
»Man kann sich nicht binnen einer Woche in jemanden verlieben! Das sagst du ja nur, weil du nicht möchtest, dass Warren Cobb sich die Firmenanteile aneignet. «
Er stand auf und nahm breitbeinig vor Willa Aufstellung, die Hände in den Jackentaschen.
»Ich kann nichts tun oder sagen, das dich überzeugen könnte, dass mir das Schicksal von Tidewater International völlig gleichgültig ist. Aber ich schwöre dir, dass ich schon seit Jahren nicht mehr mit meinem Herzen im Geschäft bin.«
»Warum warst du dann so scharf darauf, der neue Boss zu werden?«
»Ich habe es dir wie auch Ben und Jesse gesagt, dass wir alle es wollten, weil Bram noch am Leben war. Aber Ben ist der Einzige, der echtes Interesse an Tidewater hatte. Wenn wir beide heiraten würden und du mir deine Anteile überschreibst, würde ich sie verwenden, um Ben als Chef durchzusetzen.«
»Warum hat mir dann Ben keinen Antrag gemacht?«
»Weil er dich nicht liebt.«
Willa atmete tief und bebend ein. Das führte zu nichts. Sie drehte ihm den Rücken zu und ging stumm an den Bug. Kein Mensch verliebte sich in acht Tagen, und kein Mensch, der so gut aussah und so reich und selbstsicher wie Sam war, würde sich ausgerechnet in sie verlieben.
Was total in Ordnung war, weil sie sich ganz sicher niemals wieder verlieben würde. Schlimm genug, dass sie Shelby und Jennifer und Cody aus ganzem Herzen liebte.
Nicht zum ersten Mal seit dem Unfall war Willa versucht, in den Sonnenuntergang hineinzusegeln und eine verlassene Insel zu suchen. Sie konnte Sam am
Gemeindedock absetzen, rasch nach Hause laufen und Kleidung und Proviant holen, um sodann mit der RoseWind Kurs nach Süden zu nehmen. Shelby und Jennifer und Cody würden sie zunächst sehr vermissen, mit der Zeit aber darüber hinwegkommen. Und Sam konnte den Schlamassel bereinigen, den Abram angerichtet hatte, und schließlich jemanden finden, den er wirklich liebte, und sein eigenes Leben führen.
Sie starrte seufzend hinaus aufs Meer und fragte sich, warum dieser Gedanke sie so deprimierte.
Seitdem er sich daran gewöhnt hatte, zu Bett zu gehen und die halbe Nacht mit Willa Liebe zu machen, konnte Sam trotz totaler Erschöpfung nicht einschlafen. Er war wieder in der vorderen Kajüte, allein, und mit sich völlig uneins.
Heute Morgen
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