Zaertliche Brandung - Roman
redet man dort ständig von Abram, und das wird Sam bedrücken.«
»Mach ich«, sagte Emmett, »das mit dem Boot tut mir leid. Aber ehrlich gesagt, konnte ich es kaum erwarten, sie in die Finger zu kriegen. Sie war mein letztes Stück.«
»Ich weiß, Em. Schon gut. Hm … ist Sam zu Hause?«
»Vor einer Stunde ist er fort. Ich soll mit dem Dinner nicht auf ihn warten, hat er gesagt.« Er atmete tief durch.
»Als ob ich das jemals täte. Meist bediene ich mich aus den vielen Tüten, mit denen er den Kühlschrank vollstopft.«
Gähnend hielt sie die Hand vor den Mund.
»Okay, ich fahre nach Hause und sehe nach, womit Peg meinen Kühlschrank bestückt hat. Morgen ist Samstag. Wenn du möchtest, komme ich zur dir, und wir arbeiten zusammen an der RoseWind.«
»Ja, das wäre schön. Es ist schon ein paar Jahre her, dass wir Seite an Seite gearbeitet haben.«
»Bis dann, Em«, sagte sie. Wieder löschte sie das Licht und blickte durch den dunklen Raum auf nichts.
Emmett glaubte, dass Sam unter Depressionen litt.
Seine Gewichtszunahme wäre damit zu erklären. Nach dem Tod ihrer Eltern und nach dem Verlust des Babys hatte sie die Leere in sich mit allem Essbarem, dessen sie habhaft werden konnte, zu füllen versucht. In jenem Jahr hatte sie zwölf Pfund zugenommen, der Anfang vom Ende für sie und David.
Im Jahr darauf hatten sich Zweifel an seiner Treue in ihr geregt, und sie hatte weitere zehn Pfund zugenommen.
Rückblickend erkannte Willa, dass sie David unbewusst vertrieben hatte, wahrscheinlich, weil er ihr seelisch so gut wie keinen Halt geboten hatte.
Sie stand auf und ging aus dem Büro. Im Vorübergehen versetzte sie dem bronzenen Wal einen Klaps. Fast zwei Wochen waren vergangen, und sie war einer Lösung des Problems, das Abrams Testament darstellte, keinen Schritt näher gekommen. Im Gegenteil, sie hatte ihrer wachsenden Liste ein weiteres Problem hinzugefügt. Barry Cobb war nicht nur so sehr von sich eingenommen, dass er sie tödlich langweilte, er wurde auch allmählich lästig.
Willa blieb neben Sams Mietwagen stehen, schaltete den Motor ab und starrte beklommen zu den beleuchteten Fenstern ihres Cottages. Großartig. Das Allerletzte,
was sie brauchte, war ein depressiver Mann, der zu ihr kam, um sie zu deprimieren.
Sie blickte zum großen Haus hinüber. Sicher gab es dort noch etwas zu essen. Aber auch Shelby und Jennifer und ihre Killerblicke. Peg warf keine Blicke. Sie klapperte nur laut mit Topfdeckeln, wenn Barry Cobbs Name fiel.
Willas Blick wanderte zurück zu ihrem Cottage. Sie versuchte zu entscheiden, in welcher Richtung das geringere Übel lag, und stellte erstaunt fest, dass Sam ihr irgendwie fehlte. Bei ihm konnte sie wenigstens finstere Blicke erwidern, ohne sich schuldig zu fühlen, da er keine Scheidung durchmachte.
Aber er trauerte um Abram.
O Gott, wenn Emmett die RoseWind nicht aufs Trockendock geschafft hätte, würde sie jetzt mit Kurs aufs Bermudadreieck auf hoher See sein.
Willa stieg aus ihrem Lieferwagen aus und lief die Verandastufen hinauf. Eigentlich ganz nett, in ein Haus zurückzukehren, das nicht leer war. Sie lebte ein wenig auf. Vielleicht hatte Sam etwas Essbares mitgebracht. Eine Restetüte von einer seiner Restaurantexkursionen würde ihr genügen.
Sie öffnete die Tür und sah sofort, dass auf dem Tisch nur ein kleiner Stapel Post lag. Sam hatte nicht einmal Blumen mitgebracht, um sich zu entschuldigen, dass er sie zwei volle Wochen gemieden hatte. Versager.
»Hier rüber«, sagte er aus der Ecke.
»Wasch dich und setz dich. Hoffentlich hast du Hunger. «
Ihre Lebensgeister hoben sich mit erneuter Hoffnung.
»Was gibt es?«, fragte sie und ließ den Mantel von den Schultern gleiten, als sie zur Spüle ging.
»Gebratene Hotdogs, Kartoffelsalat und süße Kekssandwiches als Dessert. Im Haushaltsladen habe ich sogar eine Popcornmaschine entdeckt, aber die sparen wir uns für später auf.«
Später? Willa warf einen Blick über die Schulter und sah noch, wie er ein Scheit ins Feuer legte, das er im alten Holzofen entfacht hatte.
Hotdogs? Da hat er jedes verdammte Restaurant abgegrast und setzt mir Hotdogs und Kekssandwiches vor? Sie setzte sich auf die Liebesbank vor dem Ofen.
Sam zog sie auf den Boden neben sich.
»Von dort oben erreichst du das Feuer nicht. Die Stöcke sind nicht lang genug.«
»Ich muss mein eigenes Dinner zubereiten?«
Er reichte ihr einen gegabelten Ast mit einem aufgespießten Hotdog.
»Das Braten der Würstchen ist
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