Zaertliche Eroberung im Herrenhaus
den edlen antiken Möbeln und den Porträts herrschaftlich wirkender, längst verstorbener Anwälte blätterte Sophia durch ein Hochglanzmagazin, um sich die Zeit zu vertreiben. Doch von den Glamourbildern nahm sie vor Aufregung kaum etwas wahr. Sie konnte nur an den vor ihr liegenden Termin denken, der vielleicht ihr ganzes Leben verändern würde.
Als Jarrett sich zum ersten Mal bewusst von Sophia ferngehalten hatte – nach dem Missverständnis mit ihrem Bruder David –, war er gegenüber allen Mitmenschen, die ihn auf dem falschen Fuß erwischt hatten, mürrisch und übellaunig gewesen. Da hatte schon ein etwas zu langer Blick genügt. Doch diesmal richtete sich seine Wut in erster Linie gegen sich selbst.
Er stürzte sich in seine Arbeit, aber wann immer er innehielt oder Feierabend machte, fehlte Sophia ihm schrecklich. Ob Charlie schon wieder zurück war? Hoffentlich, dann konnte der kleine Junge seine Mutter ein wenig trösten und ablenken. Denn der Schmerz in ihren Augen, als Jarrett etwas Abstand vorgeschlagen hatte, war schier unerträglich gewesen. Er konnte noch immer nicht fassen, dass er es überhaupt über sich gebracht hatte, diesen Vorschlag zu machen. Einzig die Tatsache, dass es zu Sophias eigenem Wohl geschehen war, tröstete ihn ein wenig. Denn sie brauchte wirklich etwas Zeit, damit ihre Wunden verheilen konnten.
Heute, drei Tage nach dem Abschied, hatte er von seiner Schwester Beth eine Einladung zum Abendessen erhalten. Besser gesagt, sie hatte ihm mehr oder weniger befohlen, vorbeizukommen. Da Jarrett die Vorstellung eines weiteren einsamen Abends nicht ertrug, an dem er nur an Sophia denken würde, hatte er sich widerstrebend entschlossen, hinzugehen. Außerdem hatte er nicht mehr mit Beth geredet, seit sie angerufen und sich für ihre Unterstellung entschuldigt hatte, er habe sich nur an Sophia herangemacht, weil er auf High Ridge Hall aus war. Und es gefiel ihm nicht, dass seine Schwester und er sich noch nicht richtig ausgesprochen hatten.
„Hallo!“ Als Beth ihn herzlich umarmte, hüllte ihr Lieblingsparfüm von Dior ihn ein.
Jarrett schloss seine Schwester, die an diesem Abend entspannt und sehr hübsch aussah, ebenfalls in die Arme. Sie trug ein ungewöhnlich legeres Outfit, bestehend aus einem rosa Sweatshirt und einer verblichenen Jeans. Jarrett dagegen hatte noch den Armani-Anzug an, den er morgens wegen eines Vorstandstreffens in London ausgewählt hatte. Um nicht so angespannt zu wirken, wie er sich fühlte, lockerte er die dunkelblaue Seidenkrawatte.
„Das Essen ist in etwa einer halben Stunde fertig“, verkündete Beth fröhlich. „Komm doch einfach mit in die Küche, dann können wir uns unterhalten, während ich die letzten Vorbereitungen mache.“
„Gut“, stimmte Jarrett zu. „Wo ist eigentlich Paul?“
Beth verdrehte die Augen. „Für ein paar Tage zu seiner Mutter nach Exeter gefahren. Er wird mir fehlen, aber eigentlich halte ich es für sinnvoll, wenn Partner auch mal Zeit allein verbringen. Durch etwas Abstand wächst ja angeblich die Liebe. Wie dem auch sei, ich fand, das ist eine gute Gelegenheit, dass wir beide uns mal in Ruhe sehen und Zeit zum Reden haben.“
Jarrett wurde klar, dass er sich entscheiden musste, was und wie viel er seiner Schwester erzählen wollte. Er stellte die mitgebrachte Flasche Rotwein auf den Küchentresen aus Marmor. „Soll ich den mal aufmachen?“
„Ja, bitte.“ Beth betrachtete das Etikett des edlen Tropfens aus einem besonders guten Jahrgang. „Du hast wirklich einen erlesenen Geschmack.“ Sie wies mit dem Kinn auf den Marmortisch, der für zwei gedeckt war. „Hast du etwas dagegen, wenn wir in der Küche essen?“
„Nein, ich bin sehr für das Einfache, Schlichte.“
„Dann schenk du uns doch bitte ein, und ich mache die Vanillesoße für den Apple Crumble fertig. Als Hauptgericht gibt es Bœuf bourguignon , und ich dachte, ich serviere dir lieber deinen Lieblingsnachtisch als irgendetwas Vornehmes.“
„Das ist nett von dir, danke.“ Jarrett öffnete den Wein und ließ ihn atmen, während er zwei Gläser aus dem Schrank nahm. Dabei musste er die ganze Zeit an den Apfelkuchen denken, den Sophia ihm dann doch nicht gebacken hatte. Und alles nur, weil sie wegen eines bösartigen Klatschmauls an seiner Aufrichtigkeit gezweifelt hatte!
„Jarrett?“ Seine Schwester warf ihm einen ihrer Röntgenblicke zu, wie sie es immer tat, bevor sie ihm eine sehr private Frage stellte.
Angespannt hielt er den Blick
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