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Zärtlicher Hinterhalt

Zärtlicher Hinterhalt

Titel: Zärtlicher Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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das Holz tatsächlich morsch war oder aber – sie rieb mit den Fingerspitzen darüber – jemand mit einem scharfen Gegenstand so lange an der Kante herumgemeißelt hatte, bis die Täfelung sich von der Wand darunter gelöst hatte.
    Was sich hier wohl in irgendeinem vermoderten Winkel der Geschichte zugetragen hatte? Hatte ein Kind achtlos sein Unwesen getrieben? Hatte ein wütender Diener sich an seinem Herrn gerächt, indem er die Kapelle beschädigte?
    Hannah fuhr mit den Fingernägeln unter die Kante. ja, das Paneel war lose, doch als sie daran zog, fand sie dahinter nicht wie erwartet die Mauer, sondern eine dunkle Vertiefung. Vielleicht war dort etwas versteckt worden …
    Ohne eine Kerze könnte sie nicht hineinsehen. Hannah war schon halb aufgestanden, als sie sich hart den Kopf anschlug. Sehr hart. So hart, dass sie hinfiel und einen Moment lang, vorübergehend, nur rotes und schwarzes Gewirbel vor Augen hatte.
    Als sie wieder zu sich kam, lag sie mit der Stirn auf dem Boden und hörte Charles rufen:
»Madame! Madame!
Sind Sie krank?«
    Er stand über sie gebeugt; Hannah konnte nur an ihren schmerzenden Schädel denken und kam sich wie eine Närrin vor. »Ich habe mir den Kopf angeschlagen!«
    Charles nahm sie am Arm und half ihr auf. »Und … wo?« Er hörte sich erstaunlich skeptisch an.
    Hannah schaute sich um und blinzelte ins Licht, das durch die bunten Fenster fiel. »Merkwürdig – ich wüsste nicht, dass ich
unter
irgendetwas gewesen wäre, aber als ich aufstehen wollte …«
    Hilfreich schob Charles sie in eine Kirchenbank. »Setzen Sie sich,
s'il vous plait, Madame,
Sie sehen recht blass aus.«
    »Ich sagte Ihnen doch, dass ich irgendwo drangestoßen bin.«
    »Ja, das glaube ich Ihnen«, sagte er in einem beruhigenden Ton, der sie nur noch mehr irritierte. Er schien sich keine großen Sorgen um ihre Verfassung zu machen und war damit beschäftigt, sich umzuschauen. Gerade als sie ihn anfahren wollte, sie endlich allein zu lassen, zeigte er auf den Boden. »Sehen Sie, das muss es gewesen sein.«
    »Was denn?«
    Er bückte sich und hob eine holzgeschnitzte Ranke auf. »Der muss von einem der Deckenbalken gefallen sein.«
    Hannah blickte vorsichtig auf und betrachtete die Holzverstrebungen. »Ich sehe nicht, wo er heruntergekommen sein sollte.«
    »Es ist dunkel hier drin, und die Schnitzereien sind alt. Ich werde Lord Raeburn raten, die Kapelle instand zu setzen, bevor sich noch jemand verletzt.«
    Hannah schaute ihn böse an.
    »Bevor sich jemand noch schwerer verletzt«, korrigierte er. »Darf ich vorschlagen, dass Sie sich nach oben begeben und sich schlafen legen. Ich werde den Damen sagen, dass Sie unwohl sind, und Ihnen das Essen hinaufschicken lassen. Nach einem solchen Schlag auf den Kopf sollte man ausruhen.«
    Seine Freundlichkeit steigerte Hannahs Unmut natürlich nur. Sie wusste genau, was das zu bedeuten hatte. »Wird Seine Lordschaft mich empfangen?«
    Charles schaffte es doch tatsächlich, zerknirscht zu wirken und die Hände zu ringen. »Es tut mir Leid,
Madame,
er hat keine Zeit.«
    »Es geht mir nicht darum, ihn zu
sehen.
Und das wissen Sie auch, oder?«
    »Ich kann das verstehen,
Madame.«
    »Eine einzige Frage muss ich ihm stellen, die nur er beantworten kann.«
    »Wenn Sie mir Ihr Anliegen vielleicht mitteilen, könnte ich es weiterleiten …«
    Sie seufzte.
    »Oder lieber nicht?«, fragte er.
    »Er spielt ein Spiel, und er wird es verlieren«, prophezeite Hannah.
    »Da könnten Sie Recht haben.«
    Charles verulkte sie, was Hannah immer zorniger machte. Dougald spielte
wirklich
ein Spiel, aber sie hatte im Grunde keine Chance gegen ihn. Das wusste Charles so gut wie sie. »Und ihm wird nicht gefallen, was als Nächstes passiert.«
    Der Kammerdiener verbeugte sich. »Tun Sie Ihr Schlimmstes,
Madame!«
    Sein Freundlichkeit brachte sie auf die Palme; aber ihr Kopf schmerzte zu sehr, als dass sie es mit einem zuckersüßen Charles aufnehmen konnte. Sie erhob sich. Schwarze Fetzen tanzten vor ihren Augen, und sie kämpfte ein paar erniedrigende Momente gegen einen Brechreiz an.
    »Ich denke, ich sollte
Madame zu
ihrer Schlafkammer begleiten«, sagte Charles.
    »Das wird nicht nötig sein, guter Mann.« Sie holte tief Luft und fasste sich. »Es bedarf mehr als eines Schlags auf den Kopf, mich aufzuhalten.«
    »Zweifellos,
Madame.«
    Sicherlich steckte Sarkasmus hinter seiner Replik, doch eine Entgegnung hätte Hannah zu viel Kraft gekostet. Langsam und vorsichtig bewegte sie sich

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