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Zärtlicher Hinterhalt

Zärtlicher Hinterhalt

Titel: Zärtlicher Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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aus der Kapelle hinaus, den Korridor entlang, die Stufen hinauf und schließlich, nachdem sie kurz erwogen hatte, ins Handarbeitszimmer zurückzukehren, weiter zur Schlafkammer. Dort angekommen, holte sie ihren portablen Sekretär heraus, setzte sich an den Tisch, der neben dem schmalen Bett stand, und begann einen Brief zu schreiben. »Eure Hoheit, gütige Majestät, Queen Victoria …«

Kapitel 14
    »Ethel, meine Liebe, ich glaube, dieses weiße Garn hier ist besser für das Halstuch unseres guten Prinzgemahls«, tönte Tante Isabels Stimme laut und klar durch s Handarbeitszimmer.
    »Nein, ich will ein Stück mit dunklerem Faden weiterweben, weil ich hier einen Schatten anfange.« Tante Ethel war mit Weben an der Reihe und verteidigte vehement ihre Farbentscheidung.
    Tante Ethel und Tante Isabel saßen im hellsten Teil des Raums, wo auch die Luft am besten war – dem Teil, wo der Wandteppich ausgebessert wurde. Miss Minnie, Tante Spring und Hannah hatten es sich an einem der großen Fenster bequem gemacht und nutzten das Nachmittagslicht aus dem Westen. Hannah beugte sich über ihre Stickarbeit und hörte lächelnd zu, wie die Damen sich über Alberts Halstuch stritten. Die vier Tanten waren wie die Kinder, geschwätzig, dickköpfig und felsenfest von ihren Ansichten überzeugt. Doch es einte sie ein gemeinsames Ziel; Queen Victorias Geschenk sollte perfekt werden, und daran arbeiteten sie, eine nach der anderen.
    Tante Spring schnalzte mit der Zunge, während sie einen der wunderbaren Steine polierte, die sie in einem Flussbett gesammelt hatte. »Ich habe Isabel gesagt, dass sie nicht rübergehen soll, solange Ethel nicht fertig ist.«
    Miss Minnie legte das Zeichenbrett weg und nahm die Augengläser ab. »Ich wünschte, sie würden nicht ständig meine Entwürfe über den Haufen werfen, jede einzelne Garnfarbe ist eindeutig festgelegt.« Sie rieb sich die Nasenwurzel. »Ich sollte vermutlich hingehen und nach dem Rechten sehen.«
    Hannah legte ihr die Hand auf den Arm. »Lassen Sie mich das übernehmen.«
    Miss Minnie lehnte sich erleichtert zurück. »Würden Sie das, Miss Setterington? Sie haben das diplomatische Talent, an dem es mir mangelt.«
    Hannah strahlte ob des rauen Lobs, stand auf und ging zu den Streithennen, die gerade die Vorzüge von ungebleichtem beziehungsweise gebleichtem Weiß debattierten. Sie unterbrach die beiden ungerührt, da sie andernfalls nie zu Wort gekommen wäre. »Das Licht wird zwar langsam gedämpfter, aber soweit ich das beurteilen kann, kommen Sie gut voran.«
    »Ich wollte diese Reihe eigentlich noch fertig machen«, klagte Tante Ethel.
    Hannah trat einen Schritt zurück und studierte das Teilstück. Während der drei Wochen, die Hannah jetzt auf Raeburn Castle war, hatten die Damen das Rechteck mit Prince Albert aus dem Wandteppich herausgetrennt, den Prinzgemahl bis über die Schultern hinunter aufgetrennt und damit begonnen, Gesicht und Hintergrund akribisch neu zu weben. Jeder Farbabschnitt musste separat angefertigt und dann an den angrenzenden Abschnitt genäht werden, und jeder Fehler rächte sich sofort, aber die Tanten arbeiteten gewissenhaft und peinlich genau. Hannah führte die Aufsicht. Miss Minnie war die Künstlerin. Die anderen drei wechselten sich am Webstuhl ab. Eigentlich hatte Hannah gehofft, die Damen würden bis Weihnachten beschäftigt sein, aber bei diesem Enthusiasmus würde der Wandteppich bis zum Herbst oder vielleicht sogar bis zum Spätsommer fertig werden.
    »Sicher, Tante Ethel, Sie müssen tun, was Sie für richtig halten, aber bei diesem Licht …« Hannah schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, dass genau diese Eile schon beim ersten Mal für die Probleme mit Prince Albert verantwortlich war.«
    Tante Ethel legte die Spule weg. »Ich habe meine Augen vielleicht zu sehr angestrengt.«
    »Komm her, meine Liebe.« Tante Isabel hakte Ethel unter und half ihr auf. »Sehen wir einmal nach, ob Mrs. Trenchard uns das Abendessen heraufschickt oder ob wir uns umziehen und in den Speisesaal hinuntergehen.«
    Sie zogen davon, liebenswert wie immer, und Hannah dachte an den Brief, den sie schon vor über einer Woche nach London abgeschickt hatte. Wenn Ihre Majestät nur antworten würde, wie glücklich wären die Tanten! Es würde natürlich nicht dasselbe sein, wie wenn Victoria den Wandteppich in all seiner rührenden Pracht selbst in Augenschein nahm. Und manchmal träumte Hannah davon, wie die Königin sich, in jener herzlichen Art, die ihr eigen war,

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