Zärtlicher Hinterhalt
dumme Trunkenbold hatte etwas von einem Fluch gebrüllt und dass die Geister zurückkehrten – bis von dem Geschrei endlich Mrs. Trenchard erwacht war, die dann natürlich alles in die Hand nahm. Sie hatte Dougald fürs Erste versorgt, Charles zu Hilfe gerufen und ein paar Männer auf die Suche nach den Attentätern geschickt. Die freilich schon spurlos verschwunden waren.
Verdammt, verdammt! Hätte Dougald nur einen von ihnen herschleppen können. Er hätte herausgefunden, wer hinter dem schändlichen Komplott steckte, und dafür gesorgt, dass der Kerl in einer Schlinge baumelte, bevor das Jahr noch vorüber war. »Wer, glauben Sie, ist dafür verantwortlich?«
Charles zog den Kopf ein. »Ich fürchte, ich habe kläglich versagt, Mylord, und bin es nicht einmal wert, Ihnen die Schuhe zu polieren.«
»Ja, ja. Aber Sie sind der beste Mann, den ich habe.«
»Doch die Attentäter oder die Mörder der letzten beiden Lords habe ich nicht ermitteln können.«
»Seaton«, platzte Dougald heraus. »Dieser Lackaffe ist der Einzige, der ein Motiv hat.«
Charles kräuselte die Lippen und dachte über eine Antwort nach, die Dougald nicht kränkte. »Mylord, mit allem gebührenden Respekt, was Ihren überragenden Intellekt und Ihre enorme Erfahrung in der Beurteilung Ihrer Landsleute betrifft – ich glaube nicht, dass Sir Onslow den Mumm dazu hat.«
Dougald selbst kränkte Charles mit schöner Regelmäßigkeit, verhielt sich in diesem Fall aber taktvoll. »Deshalb hat er für die Drecksarbeit auch diese Schläger angeheuert. Seaton ist ein widerwärtiger Lump.«
»Herumzutratschen macht noch keinen Mörder.«
Dougald beäugte seinen Kammerdiener argwöhnisch. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Sie wissen selbst, wie leicht man fälschlicherweise eines Mordes bezichtigt wird. Sie sind persönlich dieser Ungerechtigkeit zum Opfer gefallen.« Der Franzose beugte sich mit gefalteten Händen vor. »Überlegen Sie, Mylord, wie offenkundig sich Sir Onslow an diesen Gerüchten erfreut und wie offenkundig er
Madame
den Hof macht, obwohl Sie doch sofort eigenes Interesse bekundet haben.«
Was stimmte – an jenem ersten Morgen hatte Dougald geradezu marktschreierisch Anspruch auf Hannah erhoben. Natürlich ein Fehler, doch er war mit all den Schmerzen nicht er selbst gewesen. »Aber seither habe ich Abstand gehalten.«
»Was nur noch mehr Gerede zur Folge hat, Mylord.« Schmallippig hob Charles die Hand, um Dougald am Widersprechen zu hindern. »Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt, um den es geht, ist, dass Sir Onslow der Hauptverdächtige, ja sogar der einzig Verdächtige wäre, sollten Sie getötet werden.«
»Weil er Titel und Vermögen erbt.«
»Und weil er diese skandalösen Klatschgeschichten über Sie verbreitet. Aber derjenige, der die beiden vorherigen Lords getötet hat, würde wohl, was Sie angeht, Mylord, findiger vorgehen.«
Dougald lehnte sich in seinem Sessel zurück. Charles hörte sich überzeugend an. Seaton müsste, um sein Ziel zu erreichen, jahrelang entschlossen seinen Plan verfolgt haben und wofür das alles? Um am Ende durch übereilte Hast alles zu verlieren? Natürlich war auch das denkbar, aber … »Warum macht es Ihnen solches Kopfzerbrechen, dass ich Seaton verdächtige, Charles?«
»Weil die Person, die Sie tot sehen will, unentdeckt bliebe, wenn Sie sich irrten, Mylord.«
»Ja …« Dougald massierte einen der Striemen auf seiner Stirn.
»Zweifel sind zumindest angebracht. Sie haben ein Auge auf Sir Onslow?« Charles kannte seinen Herrn und wusste, dass dies keine Frage war.
»Ja.« Eigentlich hatte Dougald nicht vorgehabt, die drei Detektive zur Beschattung Hannahs so bald wieder zu engagieren; aber er hatte nach ihnen geschickt. Und sie waren bereits eingetroffen. Sie folgten Seaton, wo immer er hinging, fielen mit dunklen Mänteln und gutem Benehmen nicht weiter auf. Sie waren verflucht kostspielig, aber Dougald konnte auf Raeburn Castle niemandem trauen. Wirklich niemandem.
»Ich weiß nicht, wer der Missetäter ist – aber ich halte weiter nach ihm Ausschau und gebe Ihnen Rückendeckung, Mylord!« Charles warf sich, die Faust auf der Brust, in Positur, wie es seine Angewohnheit war. »Solange Charles an Ihrer Seite ist, sind Sie sicher, Mylord!«
Unter den derzeitigen Umständen musste ein wenig Pathos erlaubt sein. »Danke, Charles.«
»Dürfte ich denn jetzt Miss Setterington hereinbitten?«
Pathos, ja. Manipulation, nein. »Nein.« Dougald nahm die Schreibfeder zur Hand und
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