Zärtliches Spiel mit dem Feuer
verbliebenen Welpen hoch, hielt den kleinen Körper in einer seiner mächtigen Pranke und nahm das Hundeköpfchen in die andere.
„Nein!" kreischte Charles und kam hinter Radcliffe hervor, als der Bauer Anstalten machte, dem armen Tierchen den Hals zu brechen, jetzt indes fragend eine Augenbraue hochzog. Charles blickte Radcliffe flehentlich an. „So tun Sie doch etwas!"
Radcliffe blickte zwischen seinem recht lästigen Schutzbefohlenen und dem Bauern hin und her. „Wie soll ich denn etwas tun, wenn ich nicht weiß, was hier geschieht?"
„Sehen Sie es denn nicht? Himmel! Dieser ... dieser Mann ..."
Radcliffe hätte beinahe aufgelacht über die Art, wie der Junge dieses Wort aussprach - so als beleidigte er sein eigenes Geschlecht.
„Dieser Mann steckte die armen Kreaturen in einen Sack, den er in den Fluss warf, um sie zu ertränken", fuhr der Junge fort. „Ich rettete sie und konnte sechs von den acht Welpen wieder beleben. Jetzt erwartet er von mir Bezahlung für die sechs überlebenden Tiere, oder er will sie alle wieder ins Wasser werfen. Sagen Sie ihm, dass er das nicht darf! Sagen Sie es ihm!" Charles sah den Bauern teils befriedigt, teils voller Abscheu an und nickte triumphierend, während er auf Radcliffes Antwort wartete.
Der Triumph verflog jedoch und wich reiner Verzweiflung, als Radcliffe endlich sprach.
„Ich fürchte, er darf es durchaus."
„Was?"
„Die Hunde gehören ihm", antwortete er ernst.
„Ihm? Er hat sie doch weggeworfen und wollte sie ersäufen! Er versuchte sie umzubringen. Ohne mich wären sie jetzt tot. Ich ... ich habe sie gefunden!"
„Dennoch gehören sie ihm, und er darf mit ihnen verfahren, wie es ihm beliebt." Radcliffe kam sich vor, als ließe er den Jungen mit dieser Erklärung im Stich, und das war ihm ganz und gar nicht recht.
„Na bitte." Der Bauer blähte sich mächtig auf. „Also entweder Sie zahlen mir Sixpence für die Viecher, oder ich breche diesem hier den Hals und ersäufe den Rest."
„Sixpence? Vor einem Moment waren es doch noch vier!"
„Das war bevor Sie mich angriffen."
Der Junge warf dem Bauern noch einen wütenden Blick zu, setzte dann die zappelnden Welpen ab, grub in seinen Jackentaschen und runzelte die Stirn, als er die leeren Hände wieder herauszog. „Ich muss das Geld im Wasser verloren haben. Zahlen Sie den Mann aus, Radcliffe."
Bei diesem Befehl zog Radcliffe die Brauen hoch. Charles schnitt ein Gesicht. „Sie wissen genau, dass ich diese Summe habe."
Seufzend zog Radcliffe einen kleinen Geldbeutel heraus und gab dem Bauern eine Silbermünze. Die finstere Miene des Mannes wich einem strahlenden Lächeln. Er nahm die Münze entgegen, reichte Radcliffe den Welpen, den er gehalten hatte, nahm den Sack mit den zwei toten Hunden auf und schlenderte davon.
„Arme Lieblinge", flüsterte Charles, bückte sich und hob zwei der Hündchen auf. „Jetzt ist alles gut. Der böse Mann wird euch nichts mehr tun." Er kuschelte sich die Tierchen ans Gesicht und bemerkte dann Radcliffes argwöhnischen Blick. Charles schaute auf die beiden noch am Boden sitzenden Welpen. „Könnten Sie vielleicht diese beiden aufheben?" fragte er.
„Wozu das?"
„Weil ich sechs auf einmal schlecht tragen kann."
Radcliffe wurde immer misstrauischer. „Warum solltest du auch? Du willst diese Köter doch wohl nicht behalten, oder?"
„Was denn sonst?" fragte der Junge ehrlich erstaunt. „Soll ich sie etwa hier lassen, damit der Bauer sie später doch noch umbringt?"
„Auf jeden Fall wirst du sie nicht in mein Haus bringen!" erwiderte Radcliffe entschlossen.
„Mylord." Als Stokes zwei Stunden später die Haustür öffnete, verwandelte sich sein Begrüßungslächeln in maßloses Erstaunen beim Anblick der sechs kleinen braunen Fellknäuel, die ihm unvermutet um die Füße kollerten. Aufgeregt quietschend sausten sie an Radcliffe wild und tapsig zu allen Seiten vorbei durch den Eingang. Auf dem blanken Marmorboden flogen ihnen ihre Beinchen unter dem Bauch weg, weil sie alles gleichzeitig beschnuppern wollten.
Stokes' Mund stand noch immer offen, als jedes der Hündchen plötzlich erstarrte. Erregt zitternd streckten sie die Nasen in die Luft, schnüffelten kurz und rasten dann alle zusammen den Flur entlang der Küche entgegen.
„Nein, bloß das nicht!" rief Charlie, sprang an dem gequält aussehenden Radcliffe vorbei den Welpen hinterher, schnappte sich einen nach dem anderen und erwischte den letzten gerade noch kurz vor der Küchentür. Mit
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