Zärtliches Spiel mit dem Feuer
ihr.
„Du lieber Himmel, in dieser Gasse stinkt es." Radcliffe zog ein Schnupftuch aus der Tasche, hielt es sich vor die Nase und schritt weiter.
„Gehen Sie!" knurrte die Stimme aus der Finsternis, und Charlie wurde vorwärts gestoßen.
Radcliffe fasste sie beim Kragen, drehte sich mit ihr um und zog sie aus der Gasse hinaus. „Das ist zu missbilligen - sich in finsteren Gassen herumzutreiben! Bist du mir gefolgt, um mir nachzuspionieren, und hast du dich dann hier verborgen, um mich dann einfach so abzuhängen?"
„Selbstverständlich nicht!" Charlie befreite sich und richtete ihren Kragen, ehe sie sich zu Radcliffe umdrehte und ihn erbost ansah. „Und weshalb sind Sie mir gefolgt?"
„Weil ich dich vor Schwierigkeiten bewahren wollte."
„Ich stecke nicht in Schwierigkeiten."
Darauf antwortete Radcliffe nur mit einem verächtlichen Schnaufen.
„Mylord." Charlie biss die Zähne zusammen. „Ich bin eine erwachs... ein erwachsener Mann. Ich benötige keinen Aufpasser!"
„Ganz deiner Meinung, und wenn ich nicht an deine Schwester gedacht hätte, würde ich es auch dir überlassen haben, dich zu ruinieren."
„Was hat meine Schwester damit zu tun?"
„Dachtest du allen Ernstes, ich würde dir gestatten, ihr Geld zu verspielen?" Als der Junge stehen blieb und ihn fragend anschaute, blieb Radcliffe ebenfalls stehen. „Heute Nachmittag war ich bei Mr. Silverpot und erfuhr von deinem Schmuckverkauf. Da ich nicht sicher war, ob Elizabeth wusste, was du vorhattest, wollte ich dich zunächst allein zur Rede stellen, doch dazu kam es nicht mehr. Du erklärtest ja, du seist zu müde und wollest nicht mehr ausgehen, sondern den Rest des Abends schlafen. Ich entschied also, dass unser Gespräch auch noch bis morgen warten konnte."
„Und was hat Ihre Entscheidung geändert?" fragte Charlie.
„Elizabeth."
„Beth hat Ihnen erzählt...?"
„Nein, nein. Doch auf dem Weg zum Ball war sie so geistesabwesend und nervös, dass ich merkte, es stimmte etwas nicht. Ich eilte rasch heim und sah gerade noch, wie du die Droschke anhieltest. Also ließ ich dich von meinem Kutscher verfolgen. Sobald ich dich aus der Droschke steigen sah, dämmerte mir, was du vorhattest, und das lasse ich nicht zu."
„Was genau lassen Sie nicht zu?"
„Dass du dein und Elizabeths Geld verspielst", antwortete er ungehalten. „Gib es mir jetzt!"
„Geld verspielen?" fragte Charlie verstört und übersah die Hand, die Radcliffe nach den Münzen ausstreckte. „Wie sind Sie denn auf diese Schlussfolgerung gekommen?"
Radcliffe seufzte entnervt auf. „Charles, gib es doch zu, du ließest dich von dem Droschkenkutscher unmittelbar vor einer Spielhalle absetzen."
„Tatsächlich?" fragte sie verblüfft. Sie hatte sich die Gegend, in der sie ausgestiegen war, nicht so genau angesehen. Sie war zu beschäftigt damit gewesen, die Betriebsamkeit auf der Straße zu beobachten.
„Du weißt ganz genau, dass es so war!"
„Ich bin jedoch nicht hineingegangen", stellte sie klar.
„Wahrscheinlich hast du meinen Wagen herankommen sehen, als du ausstiegst."
„Ah ja, wahrscheinlich." Ein Lächeln breitete sich langsam auf ihrem Gesicht aus. Radcliffes Erklärung für diesen nächtlichen Ausflug war ja wesentlich besser als die Wahrheit! Heute vermochte sie dem Erpresser zwar nicht mehr das Geld zu übergeben, doch der Kerl würde zweifellos ein weiteres Treffen verlangen, denn für den heutigen Fehlschlag konnte er ja wohl kaum sie verantwortlich machen, zumal er sicherlich jedes Wort des Gesprächs mit Radcliffe gehört hatte.
„Also gut, Sie haben mich ertappt", räumte sie sofort ein. „Vermutlich habe ich die Spielleidenschaft im Blut. Liegt wohl in der Familie. Na schön, es ist wahrscheinlich zu meinem Besten, dass Sie mich aufhielten ... Also los." Sie packte ihn beim Arm und steuerte ihn zum Ausgang der Gasse, weil sie froh war, dieser stinkenden Umgebung zu entkommen.
„Einen Moment." Radcliffe drehte sich grimmig zu ihr um und streckte erneut die Hand aus.
„Was?" Argwöhnisch blickte sie zwischen der Hand und seinem Gesicht hin und her.
„Das Geld!"
„Ach so." Sie schnitt ein Gesicht. „Das ist nicht nötig. Jetzt werde ich es ja nicht mehr verspielen."
„Das Geld, Charles!" wiederholte er unerbittlich.
„Es gehört mir, Radcliffe."
„Dir und Beth. Wärst du der einzige Betroffene, würde ich dich das Geld verspielen lassen, doch es gehört sowohl dir als auch deiner Schwester Elizabeth. Gib es mir jetzt!"
Sie
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