Zärtliches Spiel mit dem Feuer
Personentypen zusammenzusetzen - aus denen, die eher gleichgültig spielten, und denen, die mit einer Art Verzweiflung an ihren Tischen fieberten. Unter den anwesenden Frauen gab es nur eine einzige Sorte: billige, geschminkte „Damen", welche die Gewinner zu noch höheren Einsätzen animieren sollten. Um die Verlierer kümmerte sich niemand.
„Sollen wir es erst einmal mit Siebzehn und Vier versuchen?"
Charlie rümpfte die Nase über dieses Kartenspiel, doch dann entdeckte sie einen Tisch, an dem einige Gentlemen würfelten. „Ich würde dieses Spiel vorziehen", meinte sie.
„Hasard?" Als sie nickte, führte er sie schweigend zu diesem Tisch.
Hasard schien ein verhältnismäßig einfaches Spiel zu sein. Derjenige, der die beiden Würfel hatte, warf sie. Je nach dem Ergebnis verlor er entweder oder würfelte erneut. Anscheinend verlor man mit weniger als fünf oder mehr als neun Augen beim ersten Wurf, während man bei fünf bis neun Augen erneut würfeln durfte. Falls man das Glück hatte, dieselbe Zahl noch einmal zu werfen, gewann man sofort, falls nicht, hing es davon ab, was man geworfen hatte, und entweder man verlor, gewann oder durfte noch einmal werfen.
Nachdem Charlie das soweit begriffen hatte, richtete sie ihr Augenmerk auf die Spieler.
Der junge Mann, der gegenwärtig die Würfel hatte, spielte mit dem Ausdruck gelangweilter Interesselosigkeit. Seine teure Kleidung sowie der juwelenbesetzte Schmuck, den er trug, sagte ihr, dass dies alles für ihn reine Unterhaltung war und dass das kleine Vermögen, das er hier verschleuderte, ihm nichts bedeutete. Sein herablassendes Lächeln, wenn er seine Verluste bezahlte und die Würfel an den Mann zu seiner Linken weiterreichte, zeigte, dass er wusste, dass das für diesen nicht galt.
Charlie sah den anderen Mann die Würfel entgegennehmen. Das kränkende Lächeln des ersten Spielers schien er gar nicht zu bemerken. Groß und dünn bis zur Auszehrung, wischte er sich die verschwitzten Hände an seinem Schoßrock trocken, bevor er die Würfel anfasste. Er wirkte äußerst konzentriert, presste sich die Würfel geradezu verzweifelt an die Brust, senkte den Kopf und warf sie, nachdem er zuvor die Lippen wie im Gebet bewegt hatte, auf den Tisch. Als er eine Neun warf, sank er vor Erleichterung fast in sich zusammen.
Ein hoffnungsvolles Lächeln umspielte seine Lippen, während ihm die anderen Spieler gratulierten und dann ihre Einsätze abgaben. Er nahm die Würfel erneut auf und wiederholte das vorige Ritual. Dieses Mal indes fand sein Gebet kein Gehör, und sein zweiter Wurf ergab eine Drei. Er ließ die Schultern hängen, zahlte diejenigen aus, die gesetzt hatten, und übergab die Würfel an den Mann zu seiner Linken.
Sein Verlust bewegte ihn jedoch keineswegs dazu, das Spielen einzustellen. Einen Moment später sah Charlie ihn, wie er seinen Einsatz für den nächsten Spieler aufgab. Angewidert beobachtete sie auch diesen Werfer.
Wie der erste Mann, konnte es sich offensichtlich auch dieser Spieler leisten, zu verlieren. Er war klein, dicklich, hatte mehr Haar am Kinn als auf dem Kopf, trug eine Weste aus golddurchwirktem Stoff, und Brillanten blitzten an seinen Fingern. Er schüttelte die Würfel mit einer gewissen Eleganz und nahm sich dann die Zeit, der großen Blondine an seiner Linken eine Münze ins Mieder gleiten zu lassen und sie dann zu küssen. Dasselbe tat er anschließend mit der Schwarzhaarigen zu seiner Rechten. Danach nahm er die Würfel wieder auf.
Er hatte eine ziemlich lange Glückssträhne. Von dem vielen Küssen müssen ihm doch schon die Lippen wehtun, dachte Charlie. Endlich verlor er einmal und beugte sich an der Schwarzhaarigen vorbei, um die Würfel an Charlie weiterzugeben.
Diese sah ihn an, als hätte er ihr eine lebendige Schlange gereicht, bis Radcliffe sie ungeduldig anstieß.
„Los, weiter! Du wolltest dieses Spiel doch spielen." Seufzend nahm Charlie die Würfel entgegen, warf sofort und zuckte zusammen, als ihr Wurf eine Vier und eine Zwei ergab. „Sechs", sagte Radcliffe irritiert. Vermutlich hat er gehofft, ich würde gleich verlieren, dachte Charlie. Das hatte sie ebenfalls gehofft. Unterdessen nannten die anderen Spieler ihre Wetteinsätze, und danach warf Charlie erneut - zwei Dreier diesmal: wieder sechs Augen!
Sie hörte sich die Jubelschreie und das Stöhnen der Spieler ringsum an, die jetzt neue Wetten abschlössen. Außer ihr selbst schwieg Radcliffe als Einziger, doch sein Missfallen war
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