Zärtlichkeit des Lebens
suchen«, beharrte Sarah geduldig.
»Mit Gebäuden kenne ich mich überhaupt nicht aus.« Gloria verband eine hilflose Handbewegung mit einem schmelzenden Blick zu Byron hinüber.
Sarah sah sie offen und unbeugsam an. »Vielleicht gefällt Ihnen der Renaissance-Stil? Oder vielleicht Gotik, französische Gotik mit einem Strebebogen?« Sarah erhaschte Byrons warnenden Blick. Zum Teufel mit ihm, beschloß sie. »Ich selbst habe seit jeher eine Schwäche für Jugendstil. Selbstverständlich könnte ich meiner Kreativität einfach freien Lauf lassen und ein Haus entwerfen für die Frau, für die ich Sie halte.« Sie lächelte, weil sie erkannte, daß dieses Argument eingeschlagen hatte.
»Nun, wie viele Zimmer möchten Sie gern haben?« Sie nahm einen Notizblock und wartete.
»Sechs Schlafzimmer, drei Bäder, mit einem Ankleidezimmer und einem zusätzlichen Bad von meinem Schlafzimmer aus.«
Sie fügte noch einen Salon, ein Dienstmädchenzimmer und eine Sommerküche hinzu.
»Das hilft mir um vieles weiter«, meinte Sarah. Diesmal brauchte sie keine Ironie in ihrer Stimme zu verbergen. »Ich muß das Grundstück auch sehen, dann können wir uns über die beste Lage für das Haus unterhalten. Ist es schon gärtnerisch gestaltet, oder wollen Sie das erst noch machen lassen?«
»Dabei können Sie mit Dutch Kelly zusammenarbeiten«, sagte Byron kühl. »Er meldet sich bei Ihnen.«
Sarah kümmerte sich nicht weiter um seinen verärgerten Blick. Ich bin im Recht, sagte sie sich, und ich werde mich wieder so verhalten. »Schön«, erklärte sie laut. »Ich schaue mir das Grundstück an und habe bis nächste Woche ein paar Skizzen fertig.«
»Gut.« Gloria blickte auf ihre perfekten Nägel. »Wenn Sie es nicht schneller schaffen, wird das vermutlich reichen müssen.«
»Ich danke Ihnen für Ihre Geduld.« Sarah gelang es, gleichzeitig höflich und sarkastisch zu klingen.
Gloria stand auf und streckte eine Hand nach Byron aus.
»Und jetzt kann ich das Mittagessen, das du mir versprochen hast, wirklich vertragen. Ich habe für heute genug Geschäftliches erledigt.« Sie wandte sich zum Gehen.
Sarah verdrehte die Augen. Byron beobachtete sie über Glorias Kopf hinweg. »Ich muß noch ein oder zwei Dinge mit Miß Lancaster besprechen. Warum wartest du nicht in meinem Büro auf mich?«
»Aber beeil dich«, mahnte ihn Gloria und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Wange zu küssen. Mit der Andeutung eines Nickens für Sarah entschwand sie.
»Haben Sie generell die Angewohnheit, sich Klienten gegenüber so zu verhalten?« fragte Byron, als die Tür hinter Gloria ins Schloß gefallen war.
»Ich weiß leider überhaupt nicht, wovon Sie reden«, antwortete Sarah sanft.
»Zum Teufel, das wissen Sie sehr wohl.«
»Aber – huch – Rhett Butler!« Sarah stolzierte ans Fenster, warf den Kopf in den Nacken und klimperte mit den Wimpern.
»Ein Herr spricht doch nicht so mit einer Dame aus dem Süden.«
Wenn er nicht so wütend gewesen wäre, hätte ihn Sarahs treffsichere Nachahmung von Gloria amüsiert.
»Ich habe es jetzt nicht mit einer Dame, sondern mit einer Architektin zu tun.«
»Der Punkt geht an Sie.« Das Sonnenlicht fiel in Tüpfelchen um sie, als sie an den Blättern einer Grünlilie herumzupfte. »In Ordnung, Byron, ich gebe Ihrer kleinen, hierher verpflanzten Südstaatenblume den richtigen Hintergrund. Mir wird es sogar gelingen, die große Villa, die ihr vorschwebt, ein wenig heimelig zu machen, weil ich meinen Beruf sehr gut verstehe.
Aber ich bin keine Illustratorin, und ich baue Häuser nicht in Massenproduktion.« Ihre schlechte Laune begann wieder aufzuwallen, was ihr schon an den Augen abzulesen war, als sie ihm das Gesicht zuwandte. »Wenn sie Fertighaus Nummer 321A möchte, ist sie hier an der falschen Adresse.«
Byrons Stimme wurde kälter, ein gefährliches Zeichen. »Mrs.
Woodloe-Winfield ist sich lediglich nicht bewußt, wie es in einem Architekturbüro zugeht.«
»Ach was, so ein Quatsch«, unterbrach ihn Sarah. »Sie muß nicht die technischen Feinheiten kennen, um zu wissen, daß man ein Haus nicht wie ein Kilo Rindfleisch oder ein paar Vorhänge bestellen kann.« Sie durchquerte das Zimmer, bis sie Schuhspitze an Schuhspitze vor ihm stand. »Schließlich ist sie nicht der Hohlkopf, der zu sein sie vorgibt, und wir beide wissen das. Sie haben doch auch dieses Ich-brauche-einen-Mann-der-mich-führt-Getue durchschaut. Aber gut, wenn Sie für Ihr Selbstwertgefühl so etwas
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