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Zärtlichkeit des Lebens

Zärtlichkeit des Lebens

Titel: Zärtlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sie fest am Arm und brachte sie so zum Stehen.
    »Paul. Nein, um Himmels willen, nein!«
    Byron hielt sie an den Schultern fest, wobei er ihr mit seinem Körper die Sicht versperrte. Er spürte, wie sie zitterte, selbst als sie ihn wegzustoßen versuchte. Erst als er sie fest schüttelte, schaute sie endlich zu ihm auf. Sie hatte die tränenlosen Augen vor Entsetzen weit aufgerissen.
    »Holen Sie den Notarzt«, befahl er, obgleich er wußte, daß es zu spät war.
    »Paul«, sagte sie noch einmal und schüttelte den Kopf. Es konnte nicht wahr sein, beharrte ein Teil ihres Verstands.
    »Byron, lassen Sie mich…«
    »Los, rufen Sie den Notarzt«, wiederholte er und verstärkte seinen Griff an ihren Schultern, bis ihm ihr deutlich vernehmbares Luftschnappen signalisierte, daß sie den Schmerz wahrgenommen hatte. »Und zwar sofort.« Sie schaute ihm noch immer in die Augen. »Jetzt sofort, verdammt noch mal!« Er drehte sie grob herum und gab ihr einen Stoß.
    Ohne sich umzuschauen, rannte Sarah den Gang hinunter.
    Byron wartete, bis sie verschwunden war, ehe er sich umdrehte.
    »Lassen Sie niemanden herein«, wies er einen stämmigen Elektriker an. »Das gilt auch für Mademoiselle Lancaster.«
    Dann bahnte er sich seinen Weg durch die aufgeregten Arbeiter zu Lafitte.
    Es schien, als seien Stunden vergangen. Sarah hatte das durch Mark und Bein gehende Heulen des Martinshorn gehört, hatte zugesehen, wie die Sanitäter mit ihrer Ausrüstung ins Theater stürzten und hatte dann die Stille ertragen müssen. Sie wußte, daß Lafitte tot war. Sie hatte es sofort gewußt, das Schreckliche aber nicht wahrhaben wollen. Würde er doch noch neben ihr stehen, sie angrinsen…
    Draußen zwitscherten Vögel. Sie schaute ihnen zu, wie sie auf der Südseite, wo der Park schon fast fertig angelegt war, von Baum zu Baum flogen. Die Sonne schien ihr warm auf den Nacken. Sarah vergrub das Gesicht in den Händen.
    »Sarah.« Sie wirbelte herum und sah Byron unmittelbar hinter sich. »Gehen Sie heim«, sagte er nur und hakte sie unter. Sie wehrte sich, wobei sie ihm ins Gesicht schaute.
    »Byron, bitte…« Sie schüttelte den Kopf, versuchte zu schlucken. »Er ist…«
    »Er ist tot. Sie können hier nichts mehr tun.«
    Mit einem stöhnenden Aufseufzen schloß sie die Augen.
    Einen Moment lang lehnte sie sich an ihn, dann hob sie wieder die Hände vors Gesicht. »Nein.« Sie schüttelte den Kopf, wollte es nicht glauben. »Nein, o Gott… bitte nein.« Er hörte, wie ihre Stimme immer verzweifelter klang und packte sie an den Schultern.
    »Gehen Sie nach Hause, Sarah. Ich kann jetzt keine hysterische Frau gebrauchen.« Seine Stimme war schroff. Er beobachtete, wie sie ihre Tränen zurückdrängte. Aber beim Atmen schüttelte es sie noch immer.
    »Wie konnte das bloß passieren?« fragte sie, wobei sie sich zu der Frage, zum Zuhören zwingen mußte.
Brich jetzt bloß nicht
zusammen,
befahl sie sich, verletzt durch die Kälte seiner Worte.
    Brich nicht zusammen.
    »Ich weiß nicht genau.« Byron ließ ihre Schultern los, um sich eine Zigarette anzuzünden. Sie spürte noch immer den Druck seiner Finger und beobachtete ihn durch den Rauchschleier. »Anscheinend hatte er die Leiste nicht richtig gesichert, und als er daran hantierte, riß sie weg. Fahren Sie ins Hotel. Geben Sie der Vermittlung Anweisung, daß man keine Anrufe zu Ihnen durchstellt. Wenn die Presse erst davon Wind bekommt, wird man Ihnen keine Ruhe lassen und von Ihnen eine Stellungnahme verlangen.«
    »Ich pfeife auf die Presse.« Sarah packte ihn am Arm »Byron, Paul hat Familie; seine kleine Enkelin ist fünf. Sie kann schon bis zwanzig zählen. Ich habe ihn da rauf geschickt.« Ihre Stimme verlor sich in Schluchzen. »Ich habe gesagt, er solle hinaufgehen. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre er vielleicht… vielleicht noch am Leben. Vielleicht wäre er…«
    »Jetzt denken Sie nur an sich selber«, meinte Byron kühl.
    Sarah fuhr zusammen, als hätte er sie geschlagen. Jegliche Farbe wich ihr aus dem Gesicht. »Himmel noch mal«, sagte sie leise. »Wie ich Sie hasse.« Sie wirbelte herum und rannte zu ihrem Wagen, wobei sie in ihrer Tasche nach dem Autoschlüssel suchte. Byron schaute ihr zu, wie sie den Parkplatz verließ und auf die Straße schoß. »Scheiße«, sagte er voller Grimm, dann schnippte er seine Zigarette weg.
    Am Tag der Beerdigung brannte die Sonne herunter. Die frisch ausgehobene Erde roch warm und kräftig. Sarah, die weit hinten in der Menge der

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