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Zärtlichkeit des Lebens

Zärtlichkeit des Lebens

Titel: Zärtlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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kann. Dieser Raum ist bereits jetzt von Dutzenden von Händen berührt worden.«
    »Und vom Geist der Architektin.«
    »Und vom Geist des Ingenieurs.«
    Sie lächelte. Ihre Blicke trafen sich in völligem Einvernehmen.
    Schon bei ihrem ersten Besuch hatte Sarah die anmutigen, fließenden Linien von Madeleine de la Salles Haus bewundert.
    Es war ein angestammter Familiensitz, den die Comtesse von ihrem verstorbenen adeligen Gatten geerbt hatte. Und es erschien Sarah typisch französisch. Allerdings hatte sie die Atmosphäre dort als kalt und unpersönlich empfunden. Jetzt, bei ihrem zweiten Besuch auf Château de la Salle, bestätigte sich dieser Eindruck. Ihr gefiel der Salon mit seinen schweren Vorhängen und verzierten Simsen, seinem weißen Kamin mit Marmorverkleidung und geschnitzten Cherubinen und die schnörkeligen Rokkoko-Möbel, die so gut zum Zimmer und der Dame des Hauses paßten. Sarah war sich nicht sicher, ob sie Madeleine de la Salle mochte, aber sie spürte, daß auch sie höchst artifiziell war.
    Über der marmornen Kamineinfassung hing ein vergoldeter ovaler Spiegel, der den vergleichsweise kleinen Raum riesig erscheinen ließ. Von ihrem Platz in einer Ecke aus konnte Sarah alles und jeden beobachten, ohne sich selber völlig abzuschotten.
    In einem derart überfüllten Zimmer, in dem man nahezu Ellbogen an Ellbogen nebeneinander stand, spürte sie wenig Herzlichkeit. Die anderen Gäste lachten und plauderten, aber sie verspürte kein Verlangen, sich unter sie zu mischen. Statt dessen beobachtete sie lieber die Besucher.
    Eine Schauspielerin, die ihr flüchtig vorgestellt worden war, ging vorbei und streifte ihr zum Gruß mit der Fingerspitze über den Arm. Spontan bedachte Sarah sie mit einem herzlichen Lächeln von Frau zu Frau. Im Gegenzug erhielt sie das Aufblitzen von Jackettkronen.
    Als sie einen bekannten Fußballspieler entdeckte, versuchte sie es mit einem schnellen, kessen Cheerleader-Lächeln. Da trafen sich ihre Augen mit Byrons Blick im Spiegel. Sie grinste und prostete ihm einen persönlichen Gruß zu.
    Er schlängelte sich durch die Menge, wobei er mehreren Leuten auswich, die ihm zuriefen oder ihm die Hand auf den Arm legten. Zum erstenmal erlebte ihn Sarah in Gesellschaft. Er bewegte sich überaus gewandt und selbstsicher und speiste diejenigen, die ihn mit Beschlag belegen wollten, stets mit einer schnellen Bemerkung ab.
    »Was haben Sie denn so getrieben?« fragte er, als er endlich vor ihr stand.
    »Mich an diesem Spiel beteiligt. Ich bin froh, daß Sie da sind.«
    »Wirklich?«
    »Ja, ich habe Sie noch nie gelangweilt erlebt.« Sie wandte den Blick von ihm ab und ließ ihn durch den Salon schweifen.
    »Diese Leute…« Auf ihrem Gesicht zeigte sich Ekel.
    »Sie haben Geld«, meinte Byron trocken.
    »Das habe ich gemerkt.« Sie sah wieder ihn an. »Aber andererseits mag ich Geld. Ich plane durchaus, einiges davon zu besitzen.«
    »Sie stellen sich hundert Millionen, zweihundert Millionen Dollar in Form von Gebäuden, von Immobilien vor. Das entspricht doch Ihrer Denkweise.«
    Sarah runzelte die Stirn. Er hat recht, erkannte sie.
    »Können Sie es sich wirklich auf Ihrem Bankkonto vorstellen?« Er lächelte. »Ich glaube nicht. Und wenn man erst einmal die ersten paar Millionen zusammen hat, was spielt Geld dann noch für eine Rolle? Wieviel kann denn ein vernünftiger Mensch zu seinen Lebzeiten ausgeben? In den meisten Fällen geht es dann so aus, daß man nur noch Leute trifft, deren einzige Sorge das Geldscheffeln ist oder die schon mehr als genug davon haben und nicht wissen, wie sie ihren Reichtum genießen sollen.«
    »Sie lassen Armut geradezu verlockend erscheinen.«
    »Arm zu sein hat nichts Anziehendes an sich«, entgegnete er.
    »Wenn man es einmal war, wird man den Geschmack nicht mehr los. Aber man lernt wirklich, Geld zu schätzen, weil es die Abwesenheit von Armut beinhaltet. Und dann will man nur deswegen immer mehr, weil man weiß, daß man nicht mehr dorthin zurück möchte.«
    Ohne sich dessen bewußt zu sein, hatte er sein Schutzschild fallenlassen. Sie erkannte, daß Byrons Schwäche in seiner Empfindlichkeit seiner Vergangenheit gegenüber lag.
    Ungeachtet dessen, wie entschieden er sich davon abgewandt hatte, wurde er sie doch nicht los. Sarah hatte schon immer vermutet, daß auch bei ihm dunkle Schatten lauerten. Man konnte sie bloß nicht sehen. Sie wollte ihn trösten, ihn berühren, hielt sich aber zurück, weil sie wußte, daß er Mitleid

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