Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
Dort öffnete sie bedächtig die Tür, trat ein, schnappte sich den Krug vom Waschständer und schleuderte ihn gegen die nächste Wand. Er zerschmetterte mit einem befriedigenden Klirren, das in ihren Ohren fast wie Musik klang.
Die Waschschüssel folgte und zersplitterte zu unzähligen klirrenden Scherben.
Emmeline knallte die Tür hinter sich zu, marschierte zum
Bett und warf sich darauf, von unendlichem Kummer erfüllt.
Sie war jetzt offiziell ein gefallenes Mädchen, benutzte Handelsware. Und Rafe bemitleidete sie.
Sie begann zu schluchzen, ließ die Jahre des geheimen Trauerns Revue passieren, weinte nicht nur um den Verlust ihrer Ehe, sondern auch weil sie als Kind nie auf die Partys der kleinen Mädchen eingeladen worden war. Emmeline weinte wegen der Zeiten auf den Straßen, als sie den einen oder anderen Botengang erledigt hatte und Frauen ihre Röcke gerafft hatten, wenn sie vorbeigegangen war, weinte wegen all der Tänze, die sie nie getanzt, und all der Blumen, die ihr nie geschenkt worden waren. All diese Jahre über war sie tapfer gewesen, hatte den Kopf hoch getragen und sich gesagt, dass es ihr nichts ausmachte, nicht wichtig war.
Hier war schließlich etwas, das ihr unbestreitbar etwas bedeutete: die Verbindung zwischen ihrem und Rafes Herzen. Und jetzt war sie ebenfalls gerissen, nicht mehr als eine weitere Traumvorstellung.
Schließlich setzte sich Emmeline auf und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht.
Es war an der Zeit, kindische Dinge ein für alle Mal abzulegen. Sie war eine Frau, und es würde keine Illusionen mehr geben.
Rafe schritt Maße ab und trieb Pfosten in den Boden, als Kade durch den Bach zu ihm ritt. Zweifellos hatte er ihn vom Stall aus entdeckt. Er zügelte sein Pferd, lehnte sich aufs Sattelhorn und beobachtete ihn.
»Was, zur Hölle, machst du da?«, fragte er schließlich, als Rafe freiwillig nicht zu sprechen begann. Inzwischen hatte es sich vermutlich im gesamten Territorium herumgesprochen, dass seine Ehe mit Emmeline nur eine Farce war, und sie hatte jetzt vielleicht ein halbes Dutzend Verehrer. Kade musste es wissen, und nun suchte er nur eine Gelegenheit, um ihm das unter die Nase zu reiben.
Rafe nahm den Hammer und trieb mit einem Hieb einen Pflock in den Boden. »Ich will mir ein anderes Haus bauen«, erklärte er ironisch. Schließlich konnte jeder Blinde sehen, was er vorhatte.
Kade kniff die Augen zusammen, schob seinen Hut aus der Stirn und stieg vom Pferd. »Damit du es in einem Wutanfall abbrennen kannst wie das andere?«
Rafe bedachte seinen Bruder mit einem vernichtenden Blick. »Ich habe vor, mir eine andere Frau zu nehmen«, erwiderte er. »Von vorne anzufangen. Diesmal werde ich ein Haus fertigstellen. Alles richtig machen.«
Kade starrte ihn an. Es verschlug ihm nicht oft die Sprache, doch diesmal schien er an seiner eigenen Zunge zu ersticken. »Und was ist mit Emmeline?«, wollte er schließlich wissen. »Oder willst du jetzt Bigamist werden?«
»Dem Happy Home Heiratsinstitut ist ein Fehler unterlaufen«, bekannte Rafe, und er spürte, wie ihn der Mut verließ, als er es aussprach. »Es hat sich herausgestellt, dass Emmeline und ich nie rechtmäßig verheiratet gewesen sind.«
Kade stieß einen lang gezogenen Pfiff aus, und Rafe, der seinen Bruder aus zusammengekniffenen Augen ansah, wusste nicht genau, ob er Mitgefühl hatte oder nicht. »Kanonensohn«, murmelte er.
»Ich nehme an, dies ist meine Chance, mir eine Frau zu nehmen, die für das Leben auf einer Ranch geeigneter ist«, bemerkte Rafe.
»Welche, zum Beispiel?« fragte Kade und riss sich den Hut vom Kopf. Erwirkte aufgebracht. »Welche genau stellst du dir als Kandidatin vor? Diese kleine Nonne aus dem Hotel? Oder willst du vielleicht hinter Phoebe Annes Zug herreiten und sie zurückholen?«
»Ich werde eine finden«, beharrte Rafe und schlug hart auf einen der Pfosten im Boden.
Kade seufzte kopfschüttelnd. »Ich wusste, dass du nicht mehr alle Tassen im Schrank hast«, meinte er, »aber ich hätte nie gedacht, dass du völlig irre bist!« Er trat einen Schritt auf Rafe zu, als wollte er ihn schlagen. Dann verharrte er jedoch, was eine kluge Entscheidung war. Wenn er einen Kampf wollte, würde Rafe mitmachen, und diesmal würde es keine gutmütige, brüderliche Prügelei wie vor Jebs Wegritt werden. »Bist du verrückt geworden?«, fuhr Kade fort. »Emmeline ist wunderschön. Sie ist süß und auch klug - jeder Mann wäre stolz, sie zur Frau und Mutter seiner
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