Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
stieß Angus ein verzweifeltes Seufzen aus und sprach dann weiter. »Kurzum, ich ließ Holt bei seiner Tante und seinem Onkel zurück, und später unterschrieb ich Papiere, sodass sie ihn adoptieren konnten.«
»Willst du damit andeuten«, warf Rafe verwundert ein und neigte sich vor, »dass dieser Typ da oben unser Halbbruder ist?« Er war überzeugt, etwas falsch verstanden zu haben.
Angus ließ sich mit der Antwort Zeit, sah nacheinander Rafe, Kade und Jeb lange und prüfend an. »Ja«, bekannte er schließlich. »Das will ich sagen.«
Jebs Gesicht war gerötet, und in seinen Augen blitzte heißer Zorn. »Und damit kommst du uns jetzt?«
Angus hielt dem Blick seines jüngsten Sohnes stand, das musste man ihm lassen, doch Rafe wusste, dass er am liebsten weggeschaut hätte. Hölle, der alte Mann sah aus, als könnte er auf der Stelle zusammenbrechen. »Ja«, murmelte er.
Kade sah zu Boden. »Wusste Ma davon?«
Angus nickte. »Sie wusste es. Sie wollte, dass ich es euch dreien erzähle; immer wieder drängte sie mich dazu, aber ich nehme an, ich schämte mich, weil ich mein eigenes Fleisch und Blut verlassen und von anderen Menschen habe großziehen lassen. Als dann eure Mutter starb, wart ihr immer noch Jungs, und ich wollte nicht, dass einer von euch dachte, ich könnte euch ebenso verlassen wie euren Bruder.«
»Ich nehme an, das ändert die Dinge«, bemerkte Rafe. Er wusste nicht, was er hinsichtlich Angus' lange bestehender Lüge empfand, aber eine Tatsache beunruhigte ihn sehr:
Er war nicht länger der erstgeborene Sohn.
Kapitel 1 3
E mmeline war hinter dem Haus und hängte Wäsche ab, als Rafe sie fand. Sie wirkte im silbernen Schein des abnehmenden Mondes wie eine Elfe, und sie fuhr erschreckt herum, als er sie ansprach. Sie ließ fast ein gespenstisch weißes Laken ins Gras zu ihren Füßen fallen.
Dann lächelte sie und atmete auf. Obwohl er wusste, dass ihre Freude, ihn zu sehen, echt war, spürte er auch ihre Besorgnis. Vielleicht hatte sie bereits die Wahrheit über Holt Cavanagh erfahren, aber er hielt es für unwahrscheinlich, dass sie deswegen beunruhigt war. Für sie würde es nur ein unbedeutendes Rascheln in den Zweigen des Familien-Stammbaums sein. Für ihn war es viel mehr: Er fühlte sich, als hätte er sich in einem fremden Land verirrt, wo er weder die Sitten und Gebräuche noch die Sprache kannte. Sein ganzes Leben lang war er Angus McKettricks ältester Sohn gewesen. Jetzt hatte sich dies als Lüge herausgestellt, und er war sich nicht sicher, wer, zum Teufel, er war.
»Rafe«, begann sie. Ihr Kinn zitterte ein wenig, und ihr Blick war weich, und doch verschwand nicht dieses andere Etwas daraus. »Ich freue mich so, dass du zurück bist!«
Trotz seines Unbehagens entspannte er sich ein wenig bei ihrer Begrüßung, und er wollte sich in ihr verlieren - oder vielleicht dort finden. Das Dumme war, dass er sich fast genauso dringend wünschte, in die Stadt zu reiten, in den Saloon zu gehen, ein wenig Karten zu spielen, sich ein bisschen zu prügeln und sich rettungslos zu betrinken.
Völlig verwirrt streckte er die Arme aus, und sie warf sich hinein und umschlang seinen Nacken.
Er küsste sie, jedoch nur leicht, denn er dachte daran, dass sie im Hof standen, im Mondschein, und jeder sie sehen konnte, der sich die Mühe machte, hinauszusehen.
»Es ist etwas spät für einen Waschtag, nicht wahr?«, fragte er, und er nahm den herrlichen Duft von frisch gewaschenem, in der Sonne getrocknetem Leinen wahr. Seine Stimme klang ein wenig rau, aber auch zärtlich.
Sie lächelte zu ihm auf, doch der besorgte Ausdruck blieb in ihren Augen, und er fragte sich wieder, i mm er noch, was er zu bedeuten hatte. Rafe wusste nicht, ob er noch weitere Überraschungen ertragen konnte, gute oder schlechte. Vielleicht stellte er ihr deshalb keine Frage.
»Concepcion und Phoebe Anne haben früher gewaschen«, berichtete sie. »Es gab jedoch viel im Haus zu tun, weil Mr. Cavanagh so arm dran ist, und wir vergaßen diese letzten Laken bis vor einigen Minuten.«
Er half ihr, die verbliebenen Betttücher und anderen Wäschestücke von der Leine abzuhängen, und dann gingen sie zusammen zum Haus. Rafe verspürte das sonderbare Verlangen, Emmeline fortzubringen, weit fort. Einfach einen Wagen anzuspannen und mit ihr auf den Hügel zu fahren. Sie beide würden in den unfertigen Wänden ihres Hauses wohnen, mit der Erde als Boden und dem Sternenhimmel als Dach, und es würde kein bisschen zählen, was
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