ankam. Es war später Nachmittag und Wolfgang suchte im Bahnhof nach einem Internetcafé. Er wurde fündig und setzte sich an einen PC. Nervös rief er seinen E-Mail-Account auf. Wieder war da nur Spam. Er schrieb an
[email protected]: Kontaktieren sie mich. Es ist etwas schief gelaufen. Der Mann mit den Antworten ist tot. Ich bin in Chisinau. Nervös klimperte Wolfgang auf der Tastatur herum. Sollte er warten, bis eine Antwort kam, oder sollte er auf eigene Faust Dr. Nikiforow aufsuchen? Er wusste, dass es etwas mit damals zu tun hatte. Niemandem hatte er etwas gesagt. Nicht einmal seiner Frau. Manchmal glaubte er, dass sie wusste, dass etwas Illegales passiert war, doch er sprach nie mit ihr darüber und sie fragte nicht. Er beschloss noch eine Stunde zu bleiben, wenn dann keine Antwort kam würde er gehen. Doch er musste keine zwanzig Minuten warten, die Mail kam früher: Du hast eins und eins zusammengezählt — sehr gut. Ich habe gehört, dass er tot ist, umso besser. Dann musst du ihn nicht töten. Du weißt, wer als Nächstes dran ist. Geh zu ihm und finde mehr heraus.
Wolfgang starrte auf die Zeilen. Dann musst du ihn nicht töten. Sein Hals war plötzlich ganz trocken. Er musste raus hier. An die frische Luft. Er hätte seinen Freund Eduard töten sollen. Was hatte dieser Typ vor? Warum Eduard? Er stürzte aus dem Laden und lief ins Freie. Er schwitzte furchtbar und seine Brust schmerzte. Er musste sich beruhigen, sonst würde er noch einen Herzanfall bekommen. Er setzte sich auf eine Bank und atmete die frische Luft. Ihm wurde schwarz vor Augen und er musste sich auf die Bank legen, ehe er ohnmächtig werden würde. Das tat gut. Er merkte, wie er wieder zu sich kam. Er spürte den nassen Schweiß auf seinem Gesicht und auf dem Rücken. Er fühlte, wie er wieder kühler wurde. Er zitterte und blieb noch eine Weile liegen. Die Passanten beobachteten ihn, doch keiner sprach ihn an. Er war froh darüber. Langsam setzte er sich wieder auf. Was war das? Eine Panikattacke? Er wischte sich über das Gesicht. Seine Hände waren weiß und zitterten. Er brauchte eine Cola und etwas zu essen. Vorsichtig ging er in Richtung Bahnhof zurück und in ein Schnellrestaurant. Die gibt es überall auf der Welt , dachte er kurz. Er ging gleich zur Toilette und wusch sich das Gesicht. Dann bestellte er eine große Cola und einen Burger. Das tat gut.
Er blieb etwa eine halbe Stunde sitzen, dann machte er sich auf die Suche nach einem Taxi. Er würde sofort in das Krankenhaus fahren.
Moldawien — Vor zwei Jahren
Thomas war in Chisinau. Er suchte nach seiner Tochter Anna . — w ie bereits seit neun Jahren. Er war damals nach dem Verschwinden über ein Jahr lang in ganz Moldawien auf der Suche gewesen, hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt. Viele Leute halfen ihm. Die Ärzte ohne Grenzen, die deutsche Regierung und auch viele Menschen aus Moldawien, doch seine Tochter blieb verschwunden. Nach über 13 Monaten ging er zurück nach Deutschland. Er brauchte Geld. Seine Ersparnisse waren mehr als aufgebraucht. Er wollte Geld sparen und dann weitersuchen. Er wusste, dass Kinder in Moldawien oft spurlos verschwanden, denn der Menschenhandel war überall bekannt. Er wandte sich an Organisationen, die sich damit auskannten, doch Anna tauchte nicht wieder auf. Die Menschen, mit denen er sprach, machten ihm keine Hoffnung. Sie könnte überall sein, hörte er immer wieder, Kinder werden ins Ausland verkauft oder in Bordelle gesteckt. Er machte sich Vorwürfe und fiel in eine tiefe Depression. Er konnte nicht mehr weiterarbeiten und machte eine Therapie. Er wollte von vorne beginnen, doch er schaffte es nicht. Die Jahre vergingen und er tat nichts. Als dann aber seine Tante starb und ihm über 170.000 Euro hinterließ, wollte er die Suche erneut aufnehmen. Er würde sie finden. Er würde die Typen zur Strecke bringen, die sie entführt hatten. Es war offensichtlich, dass es nicht um Geld ging. Er war sich sicher, dass sie Anna verkauft hatten. Ohne Schlafmittel konnte er kein Auge mehr zumachen. Bilder von Vergewaltigungen und Schlägen kamen ihm immer wieder vor Augen. Er stellte sich seine Tochter vor, die seinen Namen schrie, die gefesselt und geknebelt war, die unendliche Schmerzen hatte. Doch das Geld machte ihm Hoffnung und er beschloss, wieder nach Moldawien zu reisen. Er würde noch mal versuchen Mila zu suchen. Die kleine Mila, die damals immer mit Anna gespielt hatte, doch an diesem Tag nicht. An diesem Tag hatte er sie