Zahltag
Assistentin, Frau Liakou, bestimmt schon Näheres zu
Herrn Lazaridis’ Tod berichtet hat, muss ich nicht ins Detail gehen. Zunächst
einmal möchte ich Sie fragen, ob Ihre Firma irgendetwas mit archäologischen
Ausgrabungen zu tun hat.«
»Mit Ausgrabungen?«, wundert sich der erste Bärtige namens
Kleomenous.
»Wir befassen uns hier mit Software und Computersystemen«, erläutert
der Typ im Jackett.
»…und wir arbeiten fast ausschließlich nur für staatliche Behörden«,
ergänzt die Rombopoulou.
»Was genau entwickeln Sie für diese Behörden?«
»Spezielle Computerprogramme und Netzwerke für Krankenhäuser, für
Ministerien oder für öffentliche Versorgungsunternehmen«, klärt mich Angela
Merkel auf, deren griechische Ausgabe Metaxa heißt.
»Wann haben Sie Lazaridis zum letzten Mal gesehen?«
»Er war gestern Nachmittag hier«, entgegnet der andere Bärtige, der
mir seinen Namen vorenthält. »Gegen fünf ist er dann gegangen. Er sagte, er
hätte noch einen Termin.«
Es liegt auf der Hand, dass die Person, mit dem er die Verabredung
hatte, sein Mörder war. In diesem Fall hat er also nicht – wie bei Korassidis –
am Arbeitsplatz des Opfers zugeschlagen.
»Empfangen Sie häufig Kundenbesuche in Ihren Räumlichkeiten?«, frage
ich in die Runde.
»Nicht sehr oft, aber es kommt vor«, antwortet die Rombopoulou.
»Normalerweise sind es Funktionäre aus den [129] Ministerien, den Krankenhäusern
oder den öffentlichen Versorgungsunternehmen, die zur Weiterbildung oder zur
Klärung von Fragen hierherkommen.«
»Haben Sie vielleicht kürzlich einen gutgekleideten Herrn empfangen,
Mitte vierzig und leicht ergraut an den Schläfen?«
Sie wechseln fragende Blicke und zucken dann mit den Achseln.
»Nein, eine solche Person war mit Sicherheit nicht hier«, erwidert
Kleomenous entschieden.
»Spyropoulou mein Name, Herr Kommissar«, stellt sich mir die vierte
Frau vor, die bislang noch gar nichts gesagt hat. »Vielleicht hat das alles mit
dem Brief zu tun…»
»Mit welchem Brief?«, frage ich, obwohl ich schon ahne, was ich
gleich hören werde.
»Vor fünf bis sechs Tagen hatte Herr Lazaridis per E-Mail ein
Schreiben erhalten«, fährt die Spyropoulou fort. »Darin wurde ihm
Steuerhinterziehung vorgeworfen, und man forderte ihn auf, eine größere Summe
an das Finanzamt zu bezahlen.« Sie hält inne und wendet sich fragend an ihre
Kollegen. »Wie hoch war die Summe noch mal, Leute? Erinnert ihr euch?«
»250000 Euro«, präzisiert die Rombopoulou. »Herr Lazaridis hat es in
unseren Büros herumgezeigt und sich großartig darüber amüsiert. Er fragte sich,
wie abartig jemand veranlangt sein musste, um sich so etwas aus den Fingern zu
saugen.«
»Hatte er eine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?«, frage ich sie.
»Er vermutete, ein Kollege aus dem Hochschulbereich, [130] der dem
gegnerischen Lager angehörte, hätte es ihm geschickt. Anlässlich des geplanten
neuen Hochschulgesetzes haben sich die Universitätsprofessoren in zwei Lager,
pro und kontra, gespalten. Obwohl Herr Lazaridis PASOK -Funktionär
und eine Zeitlang sogar Generalsekretär für Technologie und Forschung war, hat
er sich offen gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen. Daher glaubte er, der
Brief stamme von einem Kollegen aus dem anderen Lager und habe das Ziel, ihn zu
diskreditieren. Er fragte sich auch, ob das Schreiben wohl noch an weitere
Professoren geschickt worden war.«
»Kamen Drohungen darin vor?«, frage ich, obwohl ich die Antwort
kenne.
»Der anonyme Briefschreiber drohte, ihn umzubringen, falls er die
Summe nicht ans Finanzamt überweisen würde«, gibt die Spyropoulou zurück. Dann
fügt sie noch hinzu: »Und das war wohl kein Scherz, wie man sieht.«
»Waren die Anschuldigungen denn gerechtfertigt? Oder teilweise
zumindest?«, frage ich.
»Ganz bestimmt nicht«, erwidert die Metaxa. »Ich leite die
Buchhaltung und habe auch seine Steuererklärung ausgefüllt. Herr Lazaridis hat
alles angegeben und regelmäßig seine Steuern bezahlt. Diese Forderung von
250000 Euro ist schlicht fehl am Platz.«
»Und wo ist der Brief jetzt?«
»Wenn er die Nachricht nicht gelöscht hat, dann muss das Schreiben
noch auf seinem Computer sein«, entgegnet mir die Rombopoulou.
»Kann ich es sehen?«
»Das geht leider nicht, weil der Computer mit einem [131] Passwort
gesichert ist«, antwortet die Rombopoulou. »Die Einzige, die es außer Herrn
Lazaridis noch kennt, ist Frau Zossidaki. Aber die befindet sich ja, wie
gesagt,
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