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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Besitz eines Unternehmens und
einer Villa auf Santorin gelangen konnte.
    Nach außen hin mieten Sie als passionierter
Segler jeden Sommer eine Yacht, die – ganz offiziell – einer Offshore-Firma
gehört. In Wahrheit ist diese Firma bloß vorgeschoben, um Ihre Eigentümerschaft
zu verschleiern.
    Nach außen hin geben Sie bei Ihrem Finanzamt
ein zu versteuerndes Einkommen von 60000 Euro an. In Wahrheit müssten Sie
meiner Schätzung nach Steuern in der Höhe von 250000 Euro entrichten.
    Daher fordere ich Sie auf, obige Summe
innerhalb von fünf Tagen an das zuständige Finanzamt zu bezahlen.
    Widrigenfalls wird anders abgerechnet, und
Sie werden liquidiert.
    Der nationale Steuereintreiber
    Nachdem ich den Brief dreimal durchgelesen habe, frage ich
Koula, wo sie ihn aufgetrieben hat.
    »Wieder unter den Blogs eines sozialen Netzwerks.«
    »Tatsächlich? Könnten wir jetzt, nach dem zweiten Brief, den
Absender nicht leichter lokalisieren?«
    »Je öfter er Texte postet, desto gefährlicher wird es für ihn,
entdeckt zu werden. Jetzt hängt alles davon ab, wie sorgfältig er seine Spuren
verwischt.«
    Sofort wähle ich Lambropoulos’ Durchwahl. »Wir haben das Schreiben
an Korassidis gefunden«, sagt er, sobald er meine Stimme hört. »Obwohl er es
gelöscht hatte, war es auf der Festplatte noch vorhanden. Der Brief wurde von
einem Google-Mail-Konto aus gesendet.«
    [136]  »Können wir ihn dadurch dingfest machen?«
    »Vergessen Sie’s. Man kann solche E-Mail-Adressen nicht zu ihren
Absendern zurückverfolgen. In acht von zehn Fällen handelt es sich um falsche
Angaben. Und das Schlimmste ist, dass jeder Nutzer endlos viele E-Mail-Konten
erzeugen kann. Ganz abgesehen davon, dass der Täter mit Sicherheit WLAN verwendet.«
    »Und das heißt?«
    »Dass er die Nachrichten von einem öffentlichen Ort und einem
Drahtlosnetzwerk aus schickt.«
    »Zwischenzeitlich ist ein weiteres Schreiben aufgetaucht, adressiert
an Lazaridis, den Professor, der gestern in Elefsina tot aufgefunden wurde.«
Und ich erkläre ihm, wie wir die Nachricht entdeckt haben.
    »Sagen Sie Ihren Leuten, sie sollen mir die Blogadresse übermitteln.
Das Weitere übernimmt dann Jannis Thirassios. Der hat auch den ersten Brief
ausfindig gemacht. Er ist ein Ass auf dem Gebiet.«
    »Ich schicke euch meine Mitarbeiterin, Koula Liakou, rüber. Sie hat
sehr gute Computerkenntnisse und weiß, wonach wir suchen. Wir müssen unbedingt
das Leck in der staatlichen Steuersoftware Taxis herausfinden.«
    »Wir arbeiten dran.«
    Ich lege auf und weise Koula an, mit der Adresse der Website und der
E-Mail zu Jannis Thirassios rüberzugehen, damit sie mit vereinten Kräften
weitermachen können. Zuvor lasse ich mir von ihr jedoch noch die E-Mail
ausdrucken und fahre hoch zu Gikas, der mich, sein digitales Landschaftsfoto
vor Augen, bereits erwartet. Kommentarlos überreiche ich ihm das Schreiben. Er
liest es erst einmal, dann [137]  ein zweites Mal durch, während ich mir überlege,
dass er eigentlich seinen Bildschirmschoner wechseln und die Naturaufnahme
durch die Abbildung einer archäologischen Ausgrabungsstätte ersetzen sollte, um
mit den Morden optisch Schritt zu halten.
    »Der Titel des Universitätsprofessors und die Mitgliedschaft in der
Regierungspartei verweisen auf eine gut vernetzte Person. Da haben wir
schlechte Karten«, lautet sein Kommentar.
    »Ich weiß. Der Mörder hat tatsächlich Steuersünder im Visier, und
wenn Sie meine Meinung hören wollen, war das nicht sein letzter Streich. Er
kennt das Internet wie seine Westentasche, er hat die Taxis-Software geknackt,
und er findet Dinge heraus, die jedes Finanzamt vor Neid erblassen lassen. Zu
wie vielen Morden er noch fähig ist, bis wir hinter seine Tricks kommen, ist
schwer zu sagen.«
    »Wie interpretieren Sie die Tatsache, dass er mit Schierling tötet
und die Leichen auf Ausgrabungsstätten ablegt?«
    »Es liegt nahe, dass er mit der Antike gut vertraut ist, aber das
will nicht viel heißen. Schließlich kennt er sich auch bei den Finanzbehörden
bestens aus.«
    »Bislang hatten es Serienmörder auf alleinstehende Frauen,
Prostituierte und Liebespärchen abgesehen. Jetzt sind zur Abwechslung mal
Steuersünder dran«, meint er sinnierend, um gleich darauf düster festzustellen:
»Die Regierungsvertreter werden über uns herfallen und uns die Hölle
heißmachen.«
    Da bin ich ganz seiner Meinung. Mit dem Gesichtsausdruck eines zum
Tode Verurteilten nimmt Gikas den Telefonhörer in die Hand und

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