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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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auf keinen Stau treffen. Unsere
Hochstimmung hält genau drei Kilometer an, bis der Verkehr auf dem
Athinon-Boulevard beim Fernbusbahnhof plötzlich zum Erliegen kommt.
    »Was ist los?«, frage ich einen Polizeibeamten aus einem der
Streifenwagen, welche die Straße absperren.
    »Die Taxiunternehmer protestieren gegen die Freigabe der
Taxilizenzen. Sie blockieren die Strecke bis zur Bahnhofsausfahrt und lassen
keine Busse durch.«
    »Verdammt! Und da muss ausgerechnet ich reingeraten?«, schreit
Vlassopoulos vom Fahrersitz. »Nichts wie weg, sonst laufe ich hier noch meiner
Exfrau in die Arme! Der traue ich zu, dass sie an der Seite der Taxifahrer
demonstriert.«
    »Fährt deine Frau Taxi?«, frage ich überrascht.
    »Nein, aber sie lebt jetzt mit einem Typen zusammen, der vier Taxis
besitzt. Zusammen mit den Kindern ist sie bei ihm eingezogen. Statt bei einem
Bullen wohnen die jetzt bei einem Steuerhinterzieher und lernen von ihrem
Ziehvater, den Staat nach allen Regeln der Kunst zu bescheißen. Und wenn der
Steuerprüfer kommt, dann prügeln sie ihn [126]  windelweich. Das haben sie nämlich
von ihrem leiblichen Papa, dem Bullen, gelernt. Der Stiefvater bringt ihnen
Steuerhinterziehung bei, und ich das Prügeln. Die perfekte Erziehung, Herr
Kommissar.«
    Er setzt zurück, biegt nach rechts und fährt durch ein Gewirr von
Gässchen nach Egaleo hinunter. Nur leider sind alle auf dieselbe Idee gekommen,
weshalb es wieder nicht vorwärtsgeht. Vlassopoulos schaltet die Sirene ein und
setzt die Fahrt im Kamikaze-Stil fort, während er vor sich hinmurmelt: »Wenn mir
jetzt irgendwer vors Auto läuft, sagt ihr vor Gericht für mich aus, damit man
mich ins Korydallos-Gefängnis steckt und nicht nach Korfu, wo mich meine Kinder
nicht besuchen können.«
    Kaum haben wir hundert Meter auf der Iera Odos zurückgelegt,
klingelt mein Handy.
    »Herr Kommissar, wir stecken am Autobahnkreuz Kifissos fest«, höre
ich Dimitriou sagen. »Wie sind denn Sie hier durchgekommen?« Darauf beschreibe
ich ihm Vlassopoulos’ Route. »Athen hat doch mehr als genug Ausgrabungsstätten.
Hätte der Kerl den Toten nicht am Theseustempel oder auf der Römischen Agora
ablegen können? War es nötig, ihn bis nach Elefsina zu schleppen?«, lautet sein
Kommentar.
    Der Umweg hat uns eine Menge Zeit gekostet, doch die einzige
Alternative wäre gewesen, am Autobahnkreuz Kifissos im Stau stehenzubleiben und
darauf zu warten, dass die Taxiunternehmer ihren Rückzug antreten. Zum Glück
ist die Strecke ab dem Omonia-Platz frei, und unter Einsatz der Sirene brauchen
wir nicht länger als eine Viertelstunde bis nach Psychiko.
    Die Büros von Global Internet Systems liegen in einem [127]  zweistöckigen Palais aus jener Epoche, als Psychiko für die Athener
Großbürger als Wohngegend attraktiv wurde. Wir durchqueren einen gepflegten Vorgarten
und läuten an der Eingangstür. Am Empfang steht eine Mittdreißigerin mit
verweinten Augen. Daraus schließe ich, dass Koula die Firma bereits verständigt
hat. Das ist das Gute an meiner neuen Assistentin. Man muss ihr nicht alles
vorkauen, um gewisse Dinge kümmert sie sich ganz von selbst. Ich ersuche die Mittdreißigerin,
das ganze Personal in einen Raum zu bestellen. Es ist besser, wenn ich alle
zusammen vernehme, da sich aus der gemeinsamen Befragung des Öfteren neue
Hinweise ergeben oder man Informationen auf der Stelle gegenprüfen kann.
    Es handelt sich um insgesamt sieben Personen, drei Männer und vier
Frauen. Drei der weiblichen Angestellten tragen Blusen und Hosen, als hätte
Lazaridis darauf bestanden, dass sie sich wie die Zöglinge eines Mädchenpensionats
kleiden. Nur die vierte hat einen Hosenanzug an, in dem sie aussieht wie Angela
Merkel in jüngeren Jahren. Zwei der Männer sind bärtig und mit Jeans und Hemden
gekleidet, der dritte ist als Einziger glatt rasiert und trägt ein Jackett.
    »Fehlt noch jemand?«, frage ich zum Auftakt.
    »Nur Frau Zossidaki. Sie ist ins Ausland verreist.«
    »Frau Zossidaki ist die eigentliche Chefin der Firma«, erläutert mir
eine junge Mitarbeiterin, die sich mir als Frau Rombopoulou vorstellt. »Herr
Lazaridis lehrt an der Universität Piräus und engagiert sich im Panhellenischen
Berufsverband für das Hochschul- und Forschungspersonal, von den Kongressreisen
ins Ausland mal ganz abgesehen. Er ist sehr viel unterwegs.« Sie spricht immer
noch im Präsens, als [128]  könnte sich gleich die Tür öffnen und Lazaridis
hereinspazieren.
    »Da Ihnen meine

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