Zahn, Timothy - Eroberer-Trilogie\1 - Eroberer
Sie hören, Colonel«, sagte sie. »Ich kenne meinen Vater. Er weiß, dass ich hier bin, und er wird nicht lockerlassen. Es wird Ihnen nicht gelingen, ihn rechtzeitig zu überzeugen.«
Holloway atmete geräuschvoll aus. »Schauen Sie, Doktor, ich verstehe Ihre Besorgnis. Aber Sie machen sich Sorgen wegen nichts. Ja, sie sind nur ein paar Minuten auseinander; aber die Wahrscheinlichkeit, dass beide im selben Sektor auftauchen, ist praktisch null. Ihr Vater wird sehen, was los ist, und sofort wieder von hier verschwinden.«
»Ach. Können Sie das garantieren?«
»Natürlich nicht«, erwiderte Holloway unwirsch. »Ich kann Ihnen auch nicht garantieren, dass Sie und McPhee noch an ihnen vorbeikommen, wenn Sie weiter hier Ihre Zeit vertrödeln. Es tut mir leid, aber es geht nun einmal nicht anders.«
Melinda atmete tief durch. Die Logik war leider unwiderlegbar. Also hatte sie nur noch eine Option. »Dann lassen Sie McPhee abziehen«, sagte sie. »Ich werde bleiben.«
Holloways Augen verengten sich. »Was?«
»Ich werde hierbleiben«, wiederholte sie und versuchte das schmerzliche Klopfen in der Brust zu ignorieren. »Es ist damit zu rechnen, dass Sie jede medizinische Expertise benötigen, die Sie bekommen können. Ich bin eine Ärztin, und ich biete Ihnen hiermit meine Dienste an.«
»Falls Sie es vergessen haben, Sie sind auch eine Gefangene«, stellte er klar.
»Sie haben das Kriegsrecht über Dorcas verhängt, ergo können Sie die Tatbestandsvorwürfe auch vorübergehend aussetzen, wenn Sie das wollen.«
Seine Augen bohrten sich wie zwei Laser-Skalpelle in ihre. »Können Sie die möglichen Konsequenzen Ihres Angebots überhaupt abschätzen?«, fragte er.
»Ja«, sagte sie leise. »Was nicht heißen soll, dass ich von der Idee sehr angetan wäre.«
Für ein halbes Dutzend ihrer beschleunigten Herzschläge musterte er sie. »Ich würde mir auch Sorgen machen, wenn es anders wäre«, sagte er schließlich und griff nach seinem KommGerät. »In Ordnung, wir machen einen Deal. Duggen? Cavanagh bleibt hier. Sagen Sie McPhee, er soll den Verschlusszustand herstellen und verschwinden.« Er wartete die Bestätigung ab und steckte das KommGerät wieder in die Koppeltasche. »Folgen Sie mir.«
Die Landezone glich noch immer einem Ameisenhaufen mit ihrer hektischen Aktivität: Soldaten der Friedenstruppe schoben in letzter Minute zivile Überlebenspacks in die Stauräume von Flugautos, während die Zivilisten an Bord gingen. Melinda betrachtete ihre Gesichter, während Holloway sein Fahrzeug durch das Chaos zum Kommandokomplex steuerte und staunte darüber, dass sie in der ganzen Hektik keinerlei Anzeichen von Hysterie oder Panik wahrnahm. Im Gegenteil: Alle schienen sich mit grimmiger Entschlossenheit für das zu rüsten, was auch immer auf sie zukam. »Sie scheinen gut vorbereitet zu sein«, stellte sie fest.
»Wir hatten schließlich ein paar Wochen Zeit«, erinnerte Holloway sie. »Und diejenigen, die nicht hierbleiben wollten, sind schon lange weg.«
»Wie viele sind denn noch hier?«
»Mehr, als mir lieb sind. Ungefähr 25 000 von einer ursprünglichen Bevölkerung mit rund 47 000.«
Melinda schaute zum blauen Himmel empor und verspürte den irrationalen Wunsch, dass da oben ein paar Wolken wären, um sie vor unfreundlichen Blicken zu verbergen. »Wohin bringen Sie sie?«
»Es gibt ungefähr siebzig Kilometer östlich der Siedlung eine schmale Schlucht in den Bergen«, sagte er. »Es gibt auch einen Fluss für die Trinkwasserversorgung und so viel Schutzraum wie sonst nirgends in der Nähe. Wir haben die Örtlichkeiten in der Zeit, die wir zur Verfügung hatten, bestmöglich hergerichtet.«
»Was ist mit Lebensmitteln und medizinischen Vorräten?«
»Wir haben alles, was wir hatten, eingepackt und dorthin geschafft. Die Frage ist nur, wie gut wir diesen Zufluchtsort verteidigen können, falls die Eroberer beschließen, uns auszulöschen.«
Und ob sie Rücksicht auf das umliegende Terrain nehmen oder es mit Atombomben umpflügen würden, sagte sich Melinda. Diese Gedankengänge waren aber zu unproduktiv und unerfreulich, um sie weiterzuverfolgen. Zumal Holloway sich bestimmt schon selbst Gedanken darüber gemacht hatte.
Bei den ganzen Aktivitäten, die draußen vonstatten-gingen, hätte Melinda erwartet, den Kommandokomplex mehr oder weniger im gleichen Zustand vorzufinden - mit Soldaten, die geschäftig Ausrüstung demontierten und in die Flugautos verfrachteten. Zu ihrer Überraschung war der Platz
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