Zahn, Timothy - Eroberer-Trilogie\1 - Eroberer
der Rest des Schiffs, so waren auch die Luke und die schmalen Korridore dahinter für den freien Fall ausgelegt worden. Die Bewegung in der vollen Schwerkraft stellte zwar eine gewisse Herausforderung dar, doch mit etwas Geschmeidigkeit und Geschick gelang es Melinda, sich hindurchzuschlängeln. Sie passierte die Messe von der Größe eines etwas größeren Schuhkartons und die Kombüse von der Größe eines kleinen Schuhkartons und erreichte schließlich die Zentrale.
Leer.
Sie runzelte die Stim. Eigentlich hätte der Pilot hier sein und die Checkout-Prozedur erledigen müssen. »Hallo?«, rief sie.
»Hallo, Dr. Cavanagh«, ertönte eine körperlose Stimme von einem Abschnitt der Steuerkonsole. »Mein Name ist Max. Willkommen an Bord.«
»Vielen Dank«, sagte Melinda. Das war also der Grund, weshalb der Tanker zwei Tage hinter dem Zeitplan lag, den ihr Vater für seine Ankunft hier veranschlagt hatte. Der alte Fuchs hatte ihr ein kleines Schnippchen geschlagen. »Entschuldige meine Überraschung. Ich hatte eigentlich mit einem menschlichen Piloten gerechnet.«
»Ich war anscheinend ein >Spätzünder< von Lord Cavanagh«, sagte der Computer. »Ihm ist nachträglich noch eingefallen, dass jemand mit meinen Fähigkeiten sich vielleicht als nützlich für die Mission erweisen würde.«
»Davon bin ich überzeugt«, stimmte Melinda zu. »Ich befürchte nur, dass ich nicht ganz so vertraut bin mit der CavTronics-Linie halbempfindungsfähiger Entitäten. Dürfte ich fragen, zu welcher Serie du gehörst?«
»Ich gehöre zur Carthage-Ivy-Gruppe«, sagte er. »Carthage-Ivy-Gamma, wenn Sie die vollständige Datenbankbezeichnung wünschen.«
»Das heißt - mit der Fähigkeit, Entscheidungen der Klasse sechs zu treffen?«
»Klasse sieben«, korrigierte er sie. »Ich weiß ...«
»Und was ist mit den logischen Strukturen?«
»Modifiziert Korngold-Che, zerfallsgesteuert und zufallsbasiert«, sagte Max. »Falls es Sie wirklich interessiert, Dr.
Cavanagh, meine technischen Daten sind alle im Archiv. Soweit ich weiß, haben Sie die Vorräte für die Expedition schon mitgebracht?«
»Ja.« Melinda versuchte, sich ein Lächeln zu verkneifen. Das also war ein CavTronics-Computer. Weil das, was er bei den halbempfindungsfähigen Computern anderer Firmen als Selbstbezogenheit und Dünkel interpretierte, ihm tierisch auf die Nerven ging, hatte ihr Vater die Carthage-Serie bewusst so programmiert, dass sie kaum über sich selbst sprach.
Sie ließ den Blick über die Steuerkonsole schweifen, und ihr Lächeln verschwand. Der Computer war nämlich nicht die einzige Änderung, die ihr Vater an der Originalausrüstung des Tankers vorgenommen hatte. Dort, an der Seite des Hauptdisplays, war ein neuer MindLink-Anschluss für Quinn eingerichtet worden. Ausgerechnet für Quinn, der einmal bei einer Anhörung im NorCoord-Parlament ausdrücklich gesagt hatte, dass er nie wieder den MindLink nutzen wollte, den die Copperhead-Chirurgen ihm ins Gehirn eingepflanzt hatten.
»Dr. Cavanagh?« Max war noch nicht fertig.
Melinda zwang sich, ihre Aufmerksamkeit wieder auf die unmittelbaren Aufgaben zu richten. Die Maßnahme ergab unter diesen Umständen natürlich einen Sinn. Dennoch schien sie dem Respekt für andere Menschen zuwiderzulaufen, von dem sie bisher geglaubt hatte, dass ihr Vater ihn anderen Menschen entgegenbringen würde.
Vielleicht war er doch ein viel größerer Pragmatiker, als es ihr bisher bewusst gewesen war. »Es befindet sich alles in diesem Lagerhaus am nördlichen Rand des Landeplatzes«, erklärte sie Max.
»Ich hoffe, dass Sie auch reichlich Brennstoff mitgebracht haben«, sagte der Computer. »Ich hatte nämlich nicht damit gerechnet, hier eine Zwischenlandung einzulegen.«
»Ich auch nicht«, meinte Melinda. »Wir können nur hoffen, dass noch genug für Aric und Quinn da ist.«
»Es gibt eine Alternative«, sagte er. »Mein Begleitfrachter hat wahrscheinlich noch Brennstoffreserven. Lord Cavanagh hat den Captain des Frachters angewiesen, sich von Dorcas zurückzuziehen, sobald ich in Position war, aber unter den gegebenen Umständen könnten Sie diesen Befehl vielleicht widerrufen.«
»Nein, er soll lieber abfliegen«, schlug Melinda vor. »Der Kommandeur der örtlichen Friedenstruppen will nämlich nicht, dass Schiffe länger in der Umlaufbahn sind als unbedingt nötig.«
»Sie könnten ihn auch anweisen, zu landen.«
»Damit die Besatzung hier herumhängt und Lieutenant Colonel Holloway ihnen Informationen
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