Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus
vermochte, durch den die Schläuche unkontrolliert herumwirbelten, war die Lage noch genauso gefährlich wie zuvor.
Es gab nur eine Chance, und ich musste sie nutzen, bevor die Feuerlöscher leer waren und das Feuer wieder richtig aufloderte. Also drückte ich den Griff bis zum Anschlag durch, versuchte den Schaum optimal zu platzieren und stürmte gegen unseren Widersacher vor. Nicabar schrie etwas an der Tür, aber seine Worte gingen in diesem infernalischen Lärm unter. Die in die entgegengesetzte Richtung weisenden Schläuche schwangen nun wieder zurück, und in der nächsten halben Sekunde würden die Flammen versuchen, zuerst mich und anschließend Ixil einzuäschern.
Und in diesem letzten Moment – wobei ich mich seit der abgelehnten Aufnahme in mein College-Team zum ersten Mal wieder in Leichtathletik versuchte – sprang ich über die Flamme, landete punktgenau auf dem Ende der Schläuche und fixierte sie auf dem Deck.
Ich hörte, wie Nicabar mich mit einem Jubelschrei anfeuerte, und plötzlich kühlte der wabernde Nebel aus dem Feuerlöscher mir die Beine – ein krasser Kontrast zu der Hitze, die schon in den Stiefeln aufwallte. Doch in diesen letzten zwei Sekunden achtete ich weder auf das Feuer noch auf Nicabars Versuche, es zu löschen. Ich ließ meinen Feuerlöscher aufs Deck fallen, packte das Regelventil der Acetylenflasche und drehte es mit aller Kraft.
Und mit einem letzten, beleidigt klingenden Pffft ging das Feuer aus.
8
»Du hast großes Glück gehabt – mehr fällt mir dazu nicht ein«, sagte Everett und schüttelte den Kopf, während er das letzte Brandpflaster auf Ixils Bein fixierte und den medizinischen Scanner wieder aufhob. »Hast richtig Schwein gehabt. Ich wäre überhaupt nicht in der Lage gewesen, so leise Geräusche zu hören, und schon gar nicht durch zwei Türen hindurch. Wenn ich anstelle von McKell auf der Brücke gewesen wäre, würde ich dir jetzt ein Leichentuch übers Gesicht ziehen.«
»Ja, ich weiß.« In Ixils Stimme und in seinem ganzen Gebaren spiegelte sich die reumütige Zerknirschung von jemandem wider, der weiß, dass er eine Dummheit begangen hat, durch die er selbst sich in Gefahr gebracht und vielen anderen Scherereien verursacht hat. Ich warf einen Blick zur Tür der Krankenstation, wo Nicabar, Tera und Chort als stumme Zuschauer standen, und ich erkannte einen Anflug mitfühlender Anteilnahme in ihren Gesichtern – die instinktive Reaktion anständiger Menschen, wenn sie Zeuge eines peinlichen Fehltritts eines Mitgeschöpfs werden.
Ich selbst war jedoch nicht peinlich berührt. Denn ich wusste, dass diese Zerknirschung überhaupt nicht Ixils Charakter entsprach und dass er sie nur vortäuschte, um den Verdacht zu zerstreuen, den die anderen vielleicht in Bezug auf seine wahre Person hegten.
Nebenbei fragte ich mich, ob einer der Beobachter, die in der Tür standen, vielleicht ein ähnliches Täuschungsmanöver vollführte.
»Ich schlage vor, dass du beim nächsten Mal die ganze Ausrüstung kontrollierst, bevor du sie in Betrieb nimmst«, fuhr Everett mit strenger Stimme fort und führte den Scanner langsam an Ixils verbranntem Bein entlang. Mit einem Stirnrunzeln las er die Messwerte ab. Camerons Leute hatten es begreiflicherweise unterlassen, ein Kalixiri-Modul in ihren medizinischen Computer zu integrieren, und ich hätte schwören können, dass Everett noch nie solche Messwerte gesehen hatte. Zum Glück hatte Ixil noch ein zweites, unversehrtes Bein als Vergleichsmaßstab.
»Ich schließe mich diesem Rat an«, sagte ich und warf einen Blick zum anderen Ende des Raums. Shawn verströmte aus jeder Pore seines Gesichts – oder vielmehr des ganzen Körpers – Ungeduld und eine fast totale Gleichgültigkeit gegenüber Ixil und seinen Verletzungen. Das war ein starker Kontrast zur Zurückhaltung, die die anderen sich auferlegten. Trotzdem hielt er außer der mürrischen Frage, was zum Teufel denn los sei, als wir Ixil eilig auf die Krankenstation brachten, den Mund. Vielleicht vermochte er den aus dem Borandis-Entzug geborenen Sarkasmus doch besser zu kontrollieren, als er angedeutet hatte; oder vielleicht befand er sich auch gerade in der ruhigen Phase dieser besagten Stimmungsschwankungen. Oder vielleicht hatte er ebenfalls Ixils Gesichtsausdruck gesehen und besaß doch einen feineren Überlebensinstinkt, als ich geglaubt hatte. »Bei dem Zustand, in dem das ganze Schiff sich befindet«, fügte ich diplomatisch hinzu und wandte mich wieder
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