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Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus

Titel: Zahn, Timothy - Jagd auf Ikarus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Zahn
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dann sollten Sie wenigstens ausgeruht sein, wenn wir landen.«
    »Da ist was dran«, sagte Everett und wuchtete sich aus dem Stuhl. Ich machte ihm den Weg frei, damit er zur Tür gelangen konnte. »Rufen Sie mich an, wenn Sie es sich doch noch anders überlegen und wenigstens ein kleines Nickerchen machen wollen.«
    »Das werde ich«, versprach ich ihm.
    Er verließ die Brücke, wandte sich an der Leiter nach rechts und erklomm den Aufstieg zum Oberdeck. Ich warte, bis seine Füße aus meinem Blickfeld verschwunden waren und zählte nochmals bis zehn. Dann schloss ich die Brückentür hinter mir und ging zum Navigationstisch hinüber.
    In Anbetracht der verschiedenen Einflussgrößen, die ich in dieser Angelegenheit einkalkulieren musste, rechnete ich nicht damit, dass die vor mir liegende Aufgabe einfach sein würde. Ich brauchte eine Welt, die groß genug und dekadent genug war, um über ein engmaschiges Drogenverteiler-Netzwerk zu verfügen und auf der die Bürokratie nach dem Laissez-faire-Prinzip funktionierte, so dass wir unter falschem Namen dort landen konnten. Andererseits durfte sie aber auch kein Zufluchtsort für Profikriminelle sein, die mit Hundert-commark-Scheinen frisch aus der Druckerpresse um sich warfen und mit Adleraugen nach jedem spähten, der Ähnlichkeit mit meinem Handelskammer-Foto hatte. Und es musste eine Welt sein, die sich etwa neun Flugstunden entfernt von unserer derzeitigen Position befand.
    Es dauerte nur fünf Minuten, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass es genau einen Ort auf den Raumkarten gab, der meinen Anforderungen auch nur halbwegs genügte: die Najiki-Kolonialwelt Potosi in einer Entfernung von sieben Flugstunden. Sie hatte die kosmopolitische Bevölkerung mit der Verheißung, dass sie Laster aller Arten pflegte, und sie wurde von Individuen mit einem solchen Durchblick – und einem geradezu überirdischen Selbstvertrauen – regiert, die nur selten Scanner zur Überprüfung von Schiffsdokumenten einsetzten.
    Es gab allerdings einen kleinen Wermutstropfen, durch den Potosi das Prädikat »ideal« verfehlte. Die Welt war nämlich eine Drehscheibe der Patth-Transportbranche.
    Ich starrte für eine Weile auf die Liste und hoffte vielleicht in meiner Müdigkeit, dass ich mir das nur einbildete und dass es auch wieder verschwinden würde, wenn ich es nur lange genug ansah. Aber dieses Glück war mir nicht beschieden. In manchen Gebieten von Potosi, einschließlich des Himmels über dieser Welt, würde es von Patth nur so wimmeln; doch damit musste ich mich eben abfinden.
    Und wir mussten dieses Risiko eingehen! Es sei denn, wir wollten die Hände in den Schoß legen und Shawn beim Sterben zusehen.
    Es war eine Sache von zwei Minuten, den Kurs nach Mintarius zu löschen und einen neuen Vektor zu berechnen, der uns stattdessen nach Potosi bringen würde. Ich spitzte die Ohren und vermochte gerade noch die leichte Änderung in der »Tonlage« des Antriebs zu hören, als wir die erforderliche Kursänderung um dreiundzwanzig Grad durchführten.
    Ich bin davon überzeugt, dass es nur an diesen gespitzten Ohren lag, dass ich sogar durch zwei geschlossene Türen den dumpfen Schlag und den genauso schwachen und erstickten Schrei hörte.
    Eine halbe Sekunde später war ich draußen auf dem Korridor und rannte zur fünf Meter entfernten Tür des Mechanikraums. Ich bewältigte die Strecke in zwei Sekunden und hörte ein leises, seltsames Zischen, das immer lauter wurde, je näher ich kam. Ich hieb auf den Öffnungssensor, und die Tür glitt auf.
    Und mit einem Brüllen wie von einem tollwütigen Drachen schlug mir aus der Türöffnung eine Feuerwand entgegen.
    Im nächsten Moment rollte ich mich ab und kam drei Meter weiter auf dem Gang wieder auf die Füße, ohne genau zu wissen, wie ich überhaupt dorthin gelangt war. Ich wirbelte wieder zur offenen Tür herum, und beim entsetzlichen Anblick von Ixil, der in dieser Flammenhölle gefangen war, war mein Verstand wie gelähmt. Ich rannte zur Tür zurück, wobei der Geruch von brennendem Acetylen mir in Nase und Mund stieg; und mit einem kleinen und noch immer funktionierenden Teil meines Bewusstseins erkannte ich zu meinem Erstaunen, dass die Feuerwand, vor der ich instinktiv abgetaucht war, plötzlich nicht mehr existierte. Ich erreichte den Türrahmen, bereitete mich schon auf das Schlimmste vor und schaute hinein.
    Es war zwar schlimm, aber nicht annähernd so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Zur Linken standen die beiden Tanks des

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