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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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hätt sein können, wo sich ja rausgestellt
hatte, dass ihr gar nich so viel geerbt habt von dem alten Hanske, gar nich so
viel, wie alle gedacht hatten. Aber ich kann mir das auch nich vorstellen mit
Hartmut, auch wenn er n Dummlack war ab und zu, wie bei Britta, aber ich mein,
dass Henry nu von ihm war, das könnt ich nich glauben, son Bengel, der nich
ganz richtig is.
    Du wölkst ihn nich ins Heim
geben, das wolltst du partout nich. Da hast du bloß gesagt: »Nein«, wie ich
dich mal gefragt hab, und das hat mir Überwindung gekostet, das kannst du mir
glauben. Das war kurz nachdem Ingrid weg war, nachdem sie nich zurückgekommen
war und du da nu gesessen hast mit dem Lütten, und der könnt ja man grad paar
Worte sprechen, nich so wie andre in dem Alter, die egaleweg drauflosplappern,
und bei ihm hat man auch bloß »Mama« verstanden. Na, ne schöne Mama war das. Und
die Zeit hat er erst nur geschrien. Der war ja nich zu bändigen. Und du sahst
schlecht aus. Wie ich mal vorbei bin an dein Garten, da warst du draußen, da
hab ich dich gesehn, »Tach, Anna«, hab ich gesagt, und du: »Maria, willst nich
reinkommen?«
    Und das war das erste Mal seit
ich weiß nich wie viel Jahrn, dass ich wieder in deine Küche gesessen hab. Ich
wusst nich recht, was ich sagen sollt zu dir, ich war bloß verdattert, dass man
dir das alles so ansieht auf einmal.
    »Is schwer, nich?«, hab ich
gesagt.
    Du hast gar nix gesagt,
vielleich bloß genickt, genau könnt ich das nich sehn, weil du mitm Rücken zu
mir standst und Kaffe gekocht hast. Und wie du da so standst, musst ich dran
denken, wie wir noch ganz jung waren und ich schon zum zweiten Mal schwanger
war mit das zweite Kind, das ich verloren hab, und wie ich dich nach deinem
Vater und nach Theo gefragt hab. Wie ich da auf deinen Rücken geguckt hab. Und
wie da noch keiner wissen konnte, wie das ausgeht.
    Du hast mir den Kaffe
hingestellt, und denn haben wir uns bloß so gegenübergesessen, und ich wusst
nich, was du nu eigentlich von mir wolltest, wieso du gewollt hattst, dass ich
reinkomm.
    »Ich weiß ja gar nich, was ich
ihm sagen soll«, hast du da gesagt.
    Da war ich erschrocken. Ich
weiß nich, wieso, aber da hatt ich auf einmal Angst.
    Und denn hast du erzählt, dass
den Tag vorher die Polizei dagewesen war, und sie hatten gesagt, dass deine
Tochter eine Verbrecherin war, weil sie nu Republikflucht begangen hätte, weil
sie nich zurückgekommen war und nu schon zwei Wochen lang nich, und dass du
auch schuldig wärst, weil du das nich gemeldet hattst. Du hast gesagt, du
hättst gesagt, dass deine Tochter erwachsen war. Ob du was von ihre Fluchtpläne
gewusst hättst. Nein. Ob du sie angestiftet hättst. Nein. Ob sie sich bei dir
gemeldet hätt. Nein, wie denn. Zum Beispiel angerufen. Da hättst du gelacht.
»Denn wussten Sie das doch längst«, hättst du gesagt. Wie du das meinen würdst.
Na, wenn hier ein Telefon klingelt, würd man das doch bis Anklam hörn. Wieso.
»Weil das so schön ruhig hier is«, hättst du gesagt. Eine Totenstille war das
hier. Hier würd man alles hörn. Und wenn hier ein Telefon klingeln würd, denn
wussten alle auch, bei wem, nämlich entweder beim Bürgermeister von Bresekow
oder beim Bürgermeister von Putlitz, mehr Telefone warn dir hier jedenfalls
nich bekannt. Frau Hanske, hätten sie gesagt. Ob du das denn geahnt hättest,
dass deine Tochter nicht zurückkommt. Nein.
    »Das war gelogen, Maria«, hast
du gesagt.
    »Du liebe Zeit, Anna, hattst
du denn keine Angst nich?«
    »Ach Gott, Maria. Sag mir mal
einen, der da nich die Büxen bis zum Stehkragen voll hat!«
    Und du hast gewusst, dass sie
nich zurückkommt? Das hast du doch gesagt, nich? Oder nich? Wie konntst du sie
dann bloß fahren lassen, ich mein, wo sie ihren Vater doch gar nich kannte, ich
hätt das nich erlaubt, wenn Hartmut solche Flausen im Kopp gehabt hätt, wenn
ich das gemerkt hätt, oder bei Rosi oder Bärbel, und wenn die mir noch so viel
Sorgen gemacht hätten. Aber anbinden konntst sie ja nu auch nich, ich weiß. Und
wenn sie das da nich gemacht hätt, dann n andermal. Ich will nu nich sagen,
dass sie weg wollt von ihrem Kind, auch wenn manch einer das nu gedacht hat, so
wie manch einer ja auch gedacht hat, dass das ihre Strafe war, so ein Kind.
Aber sehr dran gehangen hat sie wohl nich. Und Anna, du könntest nu denken von
mir, was du willst, aber ... Ach, ich sollt das nich denken. Ich weiß auch
nich, ob das stimmt. Nur, wie man ja immer so sagt, dass der Appel

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