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Zander, Judith

Zander, Judith

Titel: Zander, Judith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: die wir heute saagten Dinnge
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die eine was kriegt und sie nich. Und denn hast
du die auch noch in dein Haus geholt, die Frau mit ihrem lütten Kind, aber das
war bloß paar Tage, und da is sie denn gestorben. Malius hat sie geheißen,
jetzt weiß ich das wieder, Frau Malius, hast du immer gesagt, na, und ihr
Lütter, das war ja Peter, und den hast du denn einfach behalten. Und das war
auch gar nich so verkehrt zuerst, weil denn ja auch die Russen da warn, wo der
Krieg vorbei war, und die hatten denn ja das Sagen, da haben sie auch gleich
den Bürgermeister verhaftet, obwohl der nu gar nich son Nazi war, aber zwei Pistolen
hat er gehabt, und das hat gereicht, und der is auch nich wieder aufgetaucht,
und denn hatten die sich da im Gemeindehaus einquartiert, aber das war ja man
nich sehr geräumig. Und denn habt ihr auch noch zwei Soldaten ins Haus
gekriegt, das war nu euer Pech, dass ihr so ein schönes großes Haus hattet, das
hatten die sich ausgeguckt, und wie die Soldaten nu das Kind bei dir gesehn
haben, da haben sie natürlich gedacht, das war deins, und denn haben sie dich
auch in Ruhe gelassen, weil, Frauen mit Kindern haben die eigentlich nix getan.
Die haben ihm immer übern Kopp gestreichelt und »schjonn, schjonn« gesagt, hast
du gesagt. Und dass das auch noch halbe Kinder warn, vor die man nu keine Angst
zu haben brauchte. Hilda Roggelin hat das auch immer erzählt später, wie sie,
wenn die Russen vorbeikamen, immer schnell nach ihre Tochter gerufen hat und
sie auffen Schoß genommen hat und wie sie ihr denn immer wieder die Zöppe
geflochten hat und immer wieder aufgemacht und wieder neu geflochten, bis sie
wieder weg waren, die Russen. Na, ich war jedenfalls froh, dass ich meinen
Simon hatt. Und nich wie die Rieshöft mit ihrem Polen, wo der Mann nu schon so
lange weg war, und keiner wusst, ob er nu tot war oder nich, und denn hatten
sie ihr den Polen gegeben, zum Arbeiten, und wie nu die Russen kamen, sollt er
weg, und denn haben sie ihn ihr auch weggenommen und wohl wieder nach Polen
geschickt, ob er nu wollt oder nich, und der wollt ja gar nich, weil die
Rieshöft, wie gesagt wurde, ja nu anscheinend mit ihm, na, weil er ja nu nich
grad im Stroh schlafen musst, wie sie gesagt haben.
    Und denn hab ich aber auch
gedacht, wenn du da mal nu keinen Fehler nich gemacht hast, Anna, mit das Kind,
wie das nu erst werden sollt, wenn dein Theo nach Haus kommt, wenn er kommt,
wusste ja keiner, wo er abgeblieben war. Und denn kam er. Sommertag
sechsundvierzig stand er vor deine Tür. Ach, der war ja bloß noch Haut und
Knochen, da konntst du dir nu, wie wir immer so gesagt haben, ja n Splitter
dran einreißen. Und da kam er vonne Russen, da hatten sie ihn gehen lassen, da
hattst du noch Glück, Anna, dass das so fix ging, und das war vielleicht auch,
weil er ja n bisschen n Roter war, nich, oder so getan hat, als wenn er einer
war. Und denn hat er dich ja wirklich auch gleich geheiratet, da war der Sommer
noch nich vorbei, wie du da Frau März wurdst, bloß dass dich nie einer so
angeredet hat. Und das mit Peter hat ihm anscheinend gar nix ausgemacht,
vielleicht hat er erst n bisschen geguckt, aber wenn ihm das nich geschmeckt
hätt, denn hätt er dich doch nich geheiratet, weil, da war er ja genauso wie
du, wenn ihm was nich passte, denn hat er das nich gemacht. Und vielleicht
haben sie deswegen immer alle gesagt, dass das n Sturkopp is, dein Mann, »son
richtigen Stiesel«, hat Heini gesagt. »Dei döcht nix«, da waren sie sich gleich
einig.
    Aber mitgeholfen hat er ja, da
könnt nu keiner was sagen, bloß wie, das hat wohl den meisten nich gepasst. Er
war ja auch son halber Studierter, und das wollt er nu gerne weitermachen, was
er da vorm Krieg gelernt hatte, das technische Zeichnen, aber das ging ja erst
mal nich, und vonne Landwirtschaft hat er nu eigentlich überhaupt keine Ahnung
gehabt, aber rumkommandieren wollt er. Er war ja auch der Einzigste, der die
von sich aus gegrüßt hat, die Russen, das wollten die, dass man die grüßt, aber
wenn ich einen gesehen hab von die, bloß von Weitem, denn bin ich gleich auffem
Hacken umgedreht und um die nächste Ecke, und so haben das die meisten
gemacht, oder manche waren auch ganz dreist und sind einfach so vorbei an die,
und das gab denn oft Ärger. Aber dein Theo is denn auch zu sone Schule hin für
paar Wochen, da hatten sie ihn hingeschickt, zu so einem Lehrgang, wo das nu
bloß um Politik ging, das hatten sie wohl gleich gesehn, dass das einer is, den
sie sich son bisschen hinbiegen

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