Zander, Judith
Roland, was
dem Bürgermeister sein Sohn war, so anne Hacken geklebt. Aber wie ich denn mit
meinem lütten Hartmut zu dir kam und dein Mädchen sah, hab ich so bei mir
gedacht, na, wer weiß, vielleicht kriegen die sich mal. Da bin ich denn aber
bald von abgekommen. Kann einer sagen, was er will, aber deine Ingrid, die war
schon als Kind komisch. Und immer nur bei Petern an Rockzippel. Kein Wunder,
dass die Leute da nachher solche Sachen gemunkelt haben.
Nee, Anna, so war das nachher
nie mehr mit dir. Wie denn Anfang dreiundfünfzig dein Vater gestorben is und
kurz danach Theo weg is von dir, da war das vorbei. Und du tatst mir auch leid,
denn das war ja nu vielleicht doch nich deine Schuld, und ich wollt dir auch
gerne helfen, aber ich wusst gar nich, wie, und denn hatt ich ja auch selber
genug zu tun mit die drei lütten Kinder. Da kam das denn doch ganz anders, als
ich mir das gedacht hätt, denn das war doch so schön gewesen mit uns. Wie wir
uns da nachem Krieg Kleider aus alte Gardinen zusammengeschustert hatten, und
du hattst sogar zwei Kleider von deine Mutter umgeändert, und das eine davon
hattst du mir angepasst, und damit sind wir denn zum Tanz gegangen. Das haben
wir uns ja nich nehmen lassen. Wie sie den Dorfkrug wieder einigermaßen
hergerichtet hatten und das erste Mal wieder Tanz in den Mai war, da sind wir
gleich hingegangen, da warn wir denn immer son Kleeblatt, du mit dein Theo, und
ich mit mein Simon. Und die haben sich auch beide gut vertragen, unsre Männer.
Was haben wir da geschwoft, und die Blaskapelle spielte, das war schön, das war
ja wie wenn wir noch mal ganz jung warn, das holten wir nu alles nach. Und denn
haben wir auch immer mal getauscht, dass denn du mal mit Simon getanzt hast und
ich mit Theo, und er war ja son Langer und ich so lütt, das gab nu bestimmt ein
drolliges Bild ab, aber tanzen könnt er, da wurd einem ganz schwummrig, wie er
einen so rumgeschleudert hat. Da könnt ich das denn manchmal verstehen, dass du
dich in ihn verguckt hattst.
Da waren denn auch welche
vonne Russen dabei, wenn was los war, und da mussten wir auch immer mal mit die
tanzen, und da hatt ich immer Schiss. Das hat nu keiner gerne gesehen vonne
Männer, wenn ihre Frauen mit den Russen übers Parkett schoben, aber was
wollten wir denn machen, wir konnten doch nich nee sagen. Da hätt so manch
einer einem gerne was aufs Maul gehaun, aber ging ja nich. Na, mich haben sie
ja meistens in Ruhe gelassen, aber dich haben sie egaleweg aufgefordert, Anna,
du hattest ganz schön Schlag bei die mit deine blonden Haare. Und bei Theo
hatten sie ja auch nix zu befürchten, der hat ja auch mit die zusammen
getrunken, und das könnt nu keiner verstehn. Da hat er denn bald seinen Namen
weggehabt: »Russenkuli«. Richtig leiden könnt ihn keiner.
Tja, und da hätt doch nu
keiner gedacht, dass ausgerechnet der abhaut. Und das haben sie dir denn in die
Schuhe geschoben, und da waren sie auch noch schadenfroh.
Zuerst hat das gar keiner so
mitgekriegt, weil, er war ja immer mal weg, da auf seine Schulung, wo er immer
nach Berlin für musste. Damit er nu doch noch wieder das machen konnte, wo er
ja schon die ganze Zeit drauf gelauert hatte, dass er nu als technischer
Zeichner irgendwo eine Anstellung finden könnt, aber da musst er erst mal seine
Ausbildung für fertig machen. Und du hast ihn das machen lassen und immer nach
Berlin fahren lassen, obwohl ich mir vorstellen kann, dass du da vielleicht
auch so deine Sorgen drum hattest, wie dein Vater, bloß dass der das auch laut
gesagt hat, das hast du mir öfter erzählt, wie das da Knatsch drum gab bei
euch. Und der hatte ja recht, dein Vater: Wer sollt sich denn dann um euer
ganzes Anwesen kümmern, das Haus und die Viecher und den Acker, wer sollt den
denn dann bestellen, ewig würd er das ja auch nich machen, dein Vater, und
Peter war ja noch n bisschen lütt dafür. Und den wolltst du auch länger inne
Schule lassen, noch zwei Jahre bis nache Einsegnung, und das war auch noch son
Thema, denn das wollten sie ja nich mehr, das mitte Kirche, das gab eine
richtige Hetze damals, aber Peter hat seine Einsegnung gekriegt, da hast du
dich nich kleinkriegen lassen, und Ingrid später auch noch. Dabei bist du fast
gar nich zur Kirche gegangen, da hab ich mich gewundert, dass du da nu so drauf
bestehst, wo das ja nur Ärger machte, und Ärger hattest du schon genug. Ich bin
denn auch nich mehr so oft zur Messe nach Anklam wie früher mit meine Eltern,
wie denn auch hinkommen,
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